Im Herzen ein Furtwanger: der Unternehmer Horst Siedle, der am Sonntag seinen 80. Geburtstag feiert. Foto: Siedle Foto: Schwarzwälder Bote

Wirtschaft: Furtwangen hat Horst Siedle viel zu verdanken / Zuhause in der Welt, im Schwarzwald verwurzelt

Wer wissen möchte, was Familientradition heißt, der kann es bei der Firma Siedle erfahren. Am Sonntag begeht der Unternehmer Horst Siedle seinen 80. Geburtstag – die Geschicke des Unternehmens leitet seit 2005 seine Frau Gabriele.

Furtwangen (cos). "Ich bin Weltbürger, Europäer, Deutscher und Badener – aber im Herzen bin ich Furtwanger" – so hat Horst Siedle einmal auf die Frage geantwortet, wo er sich zu Hause fühlt. Seiner Liebe zu seinem Heimatort ist es auch zu verdanken, dass Produkte made in Furtwangen noch heute die ganze Welt erobern. 550 Mitarbeiter beschäftigt die Firma, vor allem am Stammsitz in Furtwangen, wo auch der Löwenanteil des Jahresumsatzes von 90 Millionen Euro erwirtschaftet wird.

Horst Siedles unternehmerisches Wirken brachte ihm zahlreiche Auszeichnungen ein. So bekam er 1999 das Bundesverdienstkreuz. Und 2008 verlieh ihm Ernst Pfister in seiner damaligen Funktion als Wirtschaftsminister die Wirtschaftsmedaille des Landes Baden-Württemberg – seine wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leistungen wurden damit gewürdigt. Und auch die Politik war dem Unternehmer stets wichtig – er war 38 Jahre lang Gemeinderat, davon 25 Jahre lang Vorsitzender der FWV/FDP-Fraktion. 20 Jahre lang brachte er sich als Kreisrat in die Geschicke der Region ein. Und Furtwangen erhob dieses "Prachtexemplar der Bürgergesellschaft", wie Ernst Pfister ihn lobend nannte, vor neun Jahren zum Ehrenbürger der Stadt.

Als Praktikant angefangen

Dabei fing auch all das einmal ganz klein an. Geboren wurde Horst Siedle vor 80 Jahren eigentlich in der heutigen Bundeshauptstadt Berlin – obwohl er Spross einer orginal Schwarzwälder Familie war. Sein Vater vertrieb die Produkte des Familienunternehmens dort. Bis heute erinnert sich Horst Siedle daran, wie er dort als kleiner Junge mit Kindern spielte, die einen gelben Stern an der Jacke trugen. Dass der Vater Max Siedle seinem Sohn diesen Umgang erlaubte, war risikoreich – aber mit den Nationalsozialisten wollte Max Siedle, erzählt man sich, auch sonst nichts zu tun haben. 1944 musste er für diese Haltung mit einem Berufsverbot büßen – er war als einziges Mitglied des Elektrogroßhandelsverbands nicht Mitglied der NSDAP – und gab lieber sein Geschäft auf, als Parteigenosse zu werden. So ging die Berliner Zeit zu Ende, und Horst Siedle wurde mit sechs Jahren zum Furtwanger; seine Familie bezog jenes Haus in der Baumannstraße, das er fast 60 Jahre später aufwändig sanieren ließ. Heute residieren darin die Geschäftsführung und die Designabteilung seines Unternehmens.

Dass Horst Siedle es bis in die Chefetage schaffte, war im übrigens keineswegs per Geburt vorprogrammiert. Er sollte sich seine Sporen verdienen müssen, trat 1957 als Praktikant in das Familienunternehmen ein und musste alles von der Pike auf lernen: das Löten, die Herstellung von Kabelbäumen, die Montage von Netzgleichrichtern oder Telefonen und vieles mehr. Qualifiziert hat sich Horst Siedle im Grunde genommen bei der Schweizer Tochter Siedle Electric. Sie baute er vom Ein-Mann-Betrieb zum gut laufenden Unternehmen aus. Zehn Jahre leitete er die Schweizer Tochter, erst 1970 wurde er Geschäftsführer der Mutterfirma.

Millionenkredit für die Stadt

Ungebrochen blieb sein Bekenntnis zum Standort Furtwangen, das betriebswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Kalkulationen des sonst so scharfen Rechners manches Mal außer Kraft setzte. Schon legendär ist der Millionenkredit zu besten Konditionen, mit dem Siedle in den 1980er- Jahren der quasi zahlungsunfähigen Stadt Furtwangen half, die Gemeindefinanzen wieder ins Lot zu bringen.