Die „Mittendrin“-Akteure boten auf der Schlossplatz-Bühne ein buntes Programm dar. Foto: Baublies

Bunt, fröhlich und sehr vielfältig: Zum zweiten Mal fand am Samstag in der Innenstadt ein Aktionstag zur Inklusion statt. Organisiert hatte ihn der Beirat für die Belange von Menschen mit Behinderung.

Die Trommelgruppe der Aktion Treffpunkt sorgte zum Auftakt am Vormittag dafür, dass „Mittendrin“ nicht nur nicht übersehen werden konnte. „We will Rock you“ und eine etwas eigenwillige Version aus der Sesamstraße – „Es rappelt in der Kiste“ – waren auch nicht zu überhören. Mit den Trommlern tauchte die Sonne am Morgen auf. Der Spätsommertag war das I-Tüpfelchen auf die Aktion, die zahlreiche Menschen auf den Schlossplatz lockte.

Karin Kussin (Gutenbergschule), Andrea Plaßwich-Probst (Kita Pünktchen) und Holger Matscheko (Georg-Wimmer-Schule) stellten im Gespräch dar, wie Kindergartenkinder und Schüler mit Beeinträchtigungen lernen können, Selbstbewusstsein zu entwickeln und dabei ein soziales Miteinander kennenzulernen, das Behinderungen in den Hintergrund rückt. „Alle Kinder spielen gemeinsam,“ erklärte Plaßwich-Probst, wie Inklusion bei „Pünktchen“ vorgelebt wird. Der Alltag mit basteln, feiern und Ausflügen finde gemeinsam statt. Der Grund ist einfach: „Kinder lernen von Kindern.“

Ähnliches gilt für die Schulen bei Kooperationen mit anderen Bildungseinrichtungen. Einen Unterschied gibt es bei der Bildung, der aber kein besonders großes Handicap darstellen dürfte – den entsprechenden Willen vorausgesetzt: Kinder mit Beeinträchtigungen erlebten Unterricht ohne Zeitdruck. „Sie lernen mit dem Tempo, das sie brauchen“, erklärte Matscheko.

Der zweite Aktionstag seiner Art hatte am Samstag zahlreiche Besucher in die Lahrer Innenstadt gelockt – viele hielten das Geschehen mit ihren Handys fest. Foto: Baublies

Wie schwer Inklusion auch sein kann, berichtete Ruth Fleig. Die 24-Jährige, die im Rollstuhl sitzt, freute sich, dass sie jetzt „endlich eine eigene Wohnung“ hat. Was aber nur aufgrund der Unterstützung der eigenen Familie und Freunden sowie eines „sehr verständlichen Vermieters“ möglich sei. Sie listete eindrücklich, aber ohne erhobenen Zeigefinger auf, wo es in Lahr noch immer etliche Barrieren für Behinderte gibt. Das fange bei den Bordsteinen an. Auch Blinde und Gehörlose, wurde in weiteren Gesprächen deutlich, stünden in der Stadt einige Hindernisse im Weg.

Anita Diebold, seit 2016 Beauftragte für Menschen mit Beeinträchtigungen im Ortenaukreis, war einerseits stolz auf vieles, was der Landkreis bis jetzt in Zusammenarbeit mit Kommunen und engagierten Gruppen erreicht habe. Gerade beim Beispiel Barrierefreiheit wären Behinderte „Experten, die gefragt werden müssten“. Andere Aufgaben, zum Beispiel bei der Freizeitgestaltung von Behinderten, gelte es indes noch zu lösen.

Theorie im Gespräch und Praxis auf der Bühne wechselten sich beim Aktionstag ab. Kinder – mit und ohne Beeinträchtigung – von „Pünktchen“ führten einen Tanz auf. Die Leiterin der Schulkita fragte danach, ob die Zuschauer, die verdienten Applaus gespendet hatten, ob sie Unterschiede bei den Akteuren erkannt hätten. Das war tatsächlich nur in einer Hinsicht einfach zu beantworten: Eines der Kinder war im Rollstuhl auf der Bühne.

Schöneboom: „Weil wir es wollen“

Lahrs Erster Bürgermeister Guido Schöneboom freute sich nach der Begrüßung zu „Mittendrin“ und dem ersten Auftritt der Trommelgruppe über einen „großartigen Einstieg“. Die Frage, warum es diese Aktion in Lahr gebe – in diesem Jahr zum zweiten Mal –, beantwortete der Sozialdezernent klar: „Weil wir es können, weil wir es wollen und weil es unserem Anliegen dient, Barrieren abzubauen.“ Ausdrücklich dankte Schöneboom allen Beteiligten, an erster Stelle dem Beirat für die Belange von Menschen mit Behinderung, für die Organisation und Gestaltung des Aktionstags.