Friedrichshafener testen in dem Projekt T-City für die Telekom moderne Informations-Technologie.

Friedrichshafen - Zusammen mit Bürgern, der Verwaltung, Bildungseinrichtungen und der Wirtschaft erprobt die Deutsche Telekom in Friedrichshafen neue Kommunikationstechnologien. Von den T-City-Projekten, die viele Lebensbereiche betreffen, haben alle Partner einen Nutzen.

De-Mail ist eines von zahlreichen Pilotprojekten aus der modernen Informations- und Kommunikationstechnologie, die die Deutsche Telekom unter dem Namen T-City derzeit in Friedrichshafen in allen möglichen Lebensbereichen durchspielt - mit Privathaushalten, Wohngemeinschaften, Sportlern, Ärzten, Betrieben und mit der Verwaltung. Bis zu 80 Millionen Euro will der Konzern für die Realisierung über fünf Jahre hinweg dafür lockermachen. Dafür werden die beteiligten Bürger mit neuestem Gerät ausgestattet. Auch die Stadt Friedrichshafen profitiert. Der Ausbau der telekommunikativen Infrastruktur wurde auf modernsten Stand gebracht. Rund 80 Prozent der dortigen Haushalte sind inzwischen mit dem superschnellen VDSL-Standard versorgt, zudem verfügt die Bodenseestadt über ein flächendeckendes Hotspotsystem, so dass mobiles Internet-Surfen praktisch an jeder Ecke möglich ist. "In dieser Breite gibt es europaweit keinen vergleichbaren Testmarkt", sagt Ferdinand Tempel, der das T-City-Projektbüro am Bodenseeufer leitet. Dort laufen alle Fäden des Gemeinschaftsprojekts mit der 58000-Einwohner-Stadt zusammen. Die Mitarbeiter tauschen sich laufend mit den Projektpartnern aus. "Wir machen hier keine Laborleistungen, sondern konkrete, praxisnahe Anwendungen", betont Tempel.

Bis 2012 können die Friedrichshafener noch neue Technologien erproben, die ihre Lebens- und Standortqualität möglicherweise verbessern.

Gesicherte E-Mail

Gesicherte E-Mail

Die Personalabteilung des Autozulieferers ZF Friedrichshafen versendet die Gehaltsabrechnungen für die rund 37.000 Beschäftigten in Deutschland jeden Monat fertig gelocht per Post. Doch das könnte sich bald ändern.

Drei Monate lang haben 50 ZF-Betriebsangehörige ihren Lohnzettel zusätzlich auf einem elektronischen Pfad, der De-Mail, bekommen. Sie hatten die Information drei Tage früher und konnten sie problemlos am heimischen PC archivieren. 90 Prozent der Probanden würden die Online-Mitteilungen einer papierenen vorziehen. Mit einem solchen Zuspruch hatte die Personalabteilung nicht gerechnet.

Für sie hat der Weg über De-Mail noch mehr Vorzüge: „Eine Gehaltsabrechnung kostet inklusive Papier und Eintüten bisher rund 70 Cent“, rechnet Martin Frick von der ZF Friedrichshafen vor. „Das ist ein immenses Einsparpotenzial.“ Obwohl der Telekom-Konzern mit den Tarifen noch hinterm Berg hält, kann sich Frick diese Art von Kommunikation auch mit Behörden vorstellen, etwa bei der Beantragung von Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen.

Christoph Kohorst von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bodensee-Oberschwaben sieht Anwendungsmöglichkeiten auch für kleinere Mittelständler: Rechnungen verschicken und archivieren, Abschlusszeugnisse versenden, Weiterbildungsprogramme, juristische Erstberatung von Betrieben. „Wir hatten noch kein Unternehmen, das sagte: Das brauche ich nicht.“

Haustechnik im Griff

Haustechnik im Griff

Seit einer Woche steht auf dem schwarz lackierten Klavier von Jan von der Decken ein Gerät, das sämtliche elektronische Melder über den Fenstern im Blick hat. Ein Blick aufs iPhone, und der 74-Jährige erfährt, ob die Fenster gekippt, offen oder verschlossen sind. Er kann sie vom Handy aus ebenso steuern wie die Lichtschalter und Dimmer.

Von der Decken ist ein sogenannter Zukünftler im Projekt HomeNetwork 2.0 und testet die kabellose Vernetzung unterschiedliche Elektrogeräte. Um den Kunden den Zugriff auf Schalter und Regler zu ermöglichen, hat die Deutsche Telekom das Strom- mit dem Breitbandnetz verknüpft. Sogar vom Urlaubsort kann von der Decken kontrollieren, ob etwa das Bügeleisen ausgeschaltet ist. Damit nicht genug. Über Geräusche oder Lichteffekte kann er Anwesenheit simulieren und Einbrecher vertreiben.

Der Zukünftler ist auch am Projekt Smart Metering beteiligt. Dabei werden Strom-, Gas- und Wasserverbrauch bei Bedarf im Viertelstundentakt automatisch notiert. Die Werte gehen per Funk oder DSL an die Technischen Werke Friedrichshafen (TWF). Eine Software verarbeitet die Informationen und stellt sie dem Kunden in einem personalisierten Internet-Portal zur Verfügung.

Bis zum Herbst wollen T-City und die TWF zwei Stadtteile mit den schlauen Zählern ausgestattet haben. Die TWF erfahren jede Menge über Lastspitzen und können die Versorgung besser auf die Nachfrage abstimmen. Für Privatverbraucher zahlt sich der Einbau bisher kaum aus. Doch Ende Dezember müssen die Energieversorger ihren Kunden tageszeitabhängige Tarife anbieten. Dann können auch sie mit Hilfe von Smart Metering Geld sparen.

Kinderbetreuung im Blick

Kinderbetreuung im Blick

Dass sich die Betreuung des Nachwuchses mit Hilfe neuer Informationstechnologien verbessern lässt, zeigt das Projekt Kindergarten online. Auf einer Website stellen alle 34 Einrichtungen unterschiedlicher Trägerschaft der Stadt zentral ihr Angebot samt Öffnungszeiten, Ferientagen und Standortkarte dar. Eltern können in einem eigenen Portal ihre Betreuungswünsche eingeben, die passende Einrichtung herausfiltern und ihren Nachwuchs ab Geburt vormerken lassen.

„Bisher mussten Eltern sämtliche Kindergärten abklappern, und um ja einen Platz zu bekommen, haben sich viele bei fünf oder sechs angemeldet“, erklärt Ulrike Schulta, die den Kindergarten im Ortsteil Kluftern leitet. „Das hat die Bedarfszahlen verzerrt.“ Im Online-Portal dürfen die Familien drei Prioritäten angeben. Ist in der Wunscheinrichtung kein Platz frei, werden sie an die zweite Priorität weitergeleitet. Im (passwortgeschützten) internen Bereich verwalten Erzieher die Stammdaten der Kinder, Verträge, Gebühren, Krankheiten oder Fördermaßnahmen. Das spart Arbeit, etwa bei den regelmäßig anfallenden Statistiken, bei der Pflege der Wartelisten oder der Einteilung der Erzieherinnen.

Sobald ein Kind die Kita verlässt, werden die Daten gelöscht. Die Stadtverwaltung spart Zeit und Geld. Das Programm ist übers Internet an Cloudcomputing angeschlossen, das von T-Systems betrieben wird. Bei diesem Rechnen auf der Wolke werden Programme und deren Steuerung nicht am eigenen Rechner, sondern ins Internet ausgelagert. Die Nutzer benötigen keinen gesonderten Server und keine eigene Software. Laptop und ein Internet-Zugang genügen. Das Programm wird ständig weiterentwickelt. Die monatlichen Statistiken werden anonymisiert abgerufen.

Telemedizin am Beispiel Diabetiker

Telemedizin am Beispiel Diabetiker

Wenn das Praxishandy von Germar Bürgener summt, kann der Arzt davon ausgehen, dass einer seiner Diabetes-Patienten stark überhöhte oder zu niedrige Blutzuckerwerte hat. Mit Hilfe des Managementsystems GlucoTel wird er sofort über bedenkliche Abweichungen informiert. Das ist über Mobilfunk, Fax oder das Internet möglich. Kranke, die das System des Telemedizinunternehmens BodyTel Europa anwenden, benötigen wie schon jetzt auch Teststreifen, müssen ihre Blutzuckerwerte aber nicht mehr handschriftlich notieren. Sie werden automatisch vom Messgerät per Bluetooth zum Handy des Patienten übertragen.

Das internetfähige Gerät sendet sie weiter an ein Online-Tagebuch, auf das nur er und seine Vertrauenspersonen (etwa der Hausarzt) Zugriff haben. Der Sicherheitsstandard entspricht dem des Online-Banking. Binnen Sekunden bekommt Bürgener die Werte und kann im Notfall eingreifen. Der 46-Jährige ist angetan von GlucoTel, weil es aus seiner Sicht komfortabel und technisch gut anwendbar ist und es kostenneutral zum bisherigen medizinischen Standard Patienten, Ärzten und der Sozialversicherung entgegenkomme. „Mit einem Blick auf dem Monitor habe ich die Diabetes-Patienten im Blick, ohne dass sie gesondert die Praxis aufsuchen müssen.“ Er kann die Insulingaben genauer einstellen und „damit ihre Lebensqualität verbessern“. Eine Methode, die sich die Telekom auch für andere medizinische Bereiche, etwa für die Blutdruckmessung, vorstellen kann.

Sackgasse

Sackgasse

Nicht verwirklicht wird das Projekt KatCard. Hier testeten die Probanden an der Katamaranfähre in Friedrichshafen ein Bezahlsystem übers Handy. Grund: Die dahinterstehende NFC-Technik (NearField Communication) konnte sich bei den Mobilfunkherstellern nicht durchsetzen. Eine Erprobung eines satellitengestützten Ortungssystems für Segler in Not funktionierte zwar gut. Am passenden Geschäftsmodell muss aber noch gefeilt werden. Zurzeit ruht das Projekt. Mit einem Yachtclub wird über verschiedene Nutzungsentgelte verhandelt.