Hartmut Schneider Foto: Klinik Hohenfreudenstadt Foto: Schwarzwälder-Bote

Vortrag beleuchtet Formen und Therapie

Freudenstadt. "Wahn und Wahnkrankheit" lautete der Titel eines Vortrags von Hartmut Schneider, Arzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, in der Klinik Hohenfreudenstadt.

Jeder Mensch, so Schneider könne einen Wahn entwickeln. So mancher, vielleicht sogar jeder, habe seine Eigenbröteleien, merkwürdige Vorlieben, "kleine Spinnereien". Der Wahn im klinischen Sinne werde dann manifest, wenn die Realität durch eine Nebenrealität ersetzt wird. Dann erfülle eine neue Gewissheit den Menschen, die ihm erklärt, warum er verfolgt, verkannt, verleumdet, übergangen wird. Der Wahnhafte wisse, dass eine Weltverschwörung im Gange ist. Der Wahn sei oft durch negative Affekte besetzt, aber er könne auch beglückend sein, wie im Liebeswahn oder im Größenwahn.

Meist bleibe der Wahn geheim. Dann könne er expansiv, sogar explosiv zum Ausbruch kommen. Der Amoklauf eines Wahnsinnigen werde von Hass, Angst und Weltuntergangsstimmung gespeist. Schneider ging auch auf bedeutende Fälle der Psychiatriegeschichte ein.

Wahnkranke blieben oft unentdeckt. Wenn der Kranke sich offenbare, seien die Diagnose und ein Therapieversuch möglich. Die Behandlung der Wahnkrankheit bleibe bis heute eine schwierige therapeutische Aufgabe, weil der Wahn vom Kranken zur Ichstabilisierung gebraucht werde, weil er sich mit dem Wahn identifiziere. Der Vortrag legte zudem den heutigen Stand der therapeutischen Möglichkeiten dar.