Judo/Behindertensport: Erster Lehrgang für blinde und sehbehinderte Kinder beim JC Horb

Von Jens Eggert

Ein Lehrgang der besonderen Art hat in der großen Stadionhalle in Horb stattgefunden Der Judo Club Horb bot in Zusammenarbeit mit der Nikolauspflege Stuttgart, einer Stiftung für blinde und sehbehinderte Menschen, einen Judo-Schnupperkurs für blinde Kinder an.

Seit rund eineinhalb Jahren trainiert der blinde Hamza San beim Judo Club Horb. Nachdem er seine erste Gürtelprüfung abgelegt hatte, fragte seine betreuende Blindenlehrerin Susanna Möckel an, ob man denn nicht einen Lehrgang für blinde und stark sehbehinderte Kinder anbieten könnte. Aus dieser Idee wurde Wirklichkeit, auch wenn an der landesweit ausgeschriebenen ersten Veranstaltung dieser Art, vermutlich wegen der langen Anfahrtwege, nur vier Kinder teilgenommen haben.

Neue Maßnahmesoll Mut machen

Mit der Maßnahme im Rahmen der "Besonderen Lernangebote zur Unterstützung blinder und sehbehinderter Schüler" (BLUB), will man den Betroffenen Mut machen sich auf die Matte zu wagen um Judo zu erlernen. Für die Judoeinheit war Jens Eggert vom Judo Club Horb verantwortlich (5. Dan). Für die Selbstverteidigung waren Christoph Zayer (1. Dan ATK-SV) und Timo Lutz (3. Kyu) zuständig.

Drei Mädchen des Judo Clubs Horb stellten sich den Teilnehmern Hamza (8 Jahre) aus Ergenzingen, Linn (9 Jahre) aus Kirchheim/Teck, Paul (8 Jahre) aus dem Raum Crailsheim und Süfyan (10 Jahre) aus dem Raum Öhringen als Partnerinnen zur Verfügung. Nach einer lockeren Aufwärmeinheit wurde den Kindern das sichere Fallen in die Seitlage vermittelt. An dieser Stelle war es besonders wichtig, dass das Vertrauensverhältnis zwischen den sehenden und blinden Partnern stimmte, denn die Blinden können anfangs nur schwer abschätzen, wann man auf der Matte aufkommt.

Doch schon nach wenigen Runden war die Sicherheit bei den Kindern so groß, dass man in das Erlernen der ersten Wurftechnik übergehen konnte, dem O-soto-otoshi, einer Beinstelltechnik. Dem Wurf folgte gleich der fließende Übergang in einen Haltegriff, dem Kuzure-kesa-gatame. Als Beispiel für den Bodenkampf lernten die Kinder, wie man einen Partner on der Seite her angreifen und in den erlernten Haltegriff nehmen kann. Zum Ende der Judoeinheit gab es kleine Zweikampfübungen mit Haltegriffen.

Im zweiten Teil führten Christoph Zayer und Timo Lutz von der Kampfkunstschule Wolfschlugen die Kinder in die Geheimnisse der Selbstverteidigung ein. Vermitttelt wurde den Kindern, dass auch ihre Stimme eine "Waffe" sein kann. Besonderen Spaß hatten sie daran, als eine Technik aus der Selbstverteidigung mit dem erlernten Judowurf kombiniert werden konnte. Auch das erfolgreiche Abwehren von Griffen am Handgelenk machte Mut. Die beiden ATK-Trainer vermittelten weiter, wie man sich mit dem Blindenstock erfolgreich zur Wehr setzen kann.

Nach dem Training ließen die Teilnehmer den Tag Revue passieren. Die Trainer, die bisher keine Erfahrungen mit Blinden hatten, und die blinden Kinder hatten gelernt, dass man trotz dieses Handicaps erfolgreich beim Kampfsport mitmachen kann. Die sehenden Partner lernten, dass Judo mit Blinden genauso viel Spaß mach. Die beiden betreuenden Lehrerinnen der Nikolauspflege, Susanna Möckel und Wibke Zayer stellten fest, dass beim Judo die Kinder ideal in das Training mit eingebunden werden können.

Lehrgang erlebt 2016 eine Fortsetzung

Für die Trainer steht fest, dass sie im nächsten Jahr wieder einen solchen Lehrgang anbieten wollen. Und vielleicht war für einen der Teilnehmer die Premierenveranstaltung sogar der Auftakt zu einer Karriere im Spitzensport, zählt Judo für Blinde doch zu den Disziplinen, bei denen es bei Paralympics um Goldmedaillen geht.