Ehemaliger Stadtrat Otto Dewitz wird für sein Lebenswerk geehrt / Ehefrau Wiltrud seit 48 Jahren wichtige Stütze

Von Claudia Brocke

Freudenstadt-Grüntal/Frutenhof. Es ist kalt und fast ganz dunkel. Dennoch – das Haus der Familie Dewitz ist leicht zu finden: Alle verfügbaren Außenlampen sind an. Wiltrud Dewitz öffnet auf das Klingeln hin die Tür. "Wir haben für Sie die Festbeleuchtung angemacht", sagt sie und bittet den Gast herein.

Es gibt Menschen, denen kann man stundenlang zuhören, wenn sie aus ihrem Leben erzählen. Otto Dewitz aus Frutenhof gehört zu ihnen. Er hat in seinem Leben viel erreicht. Er brachte es vom einfachen Lehrer zum Schulleiter – ohne Abitur, wie er, immer noch ein bisschen staunend, erzählt, und vom einfachen Parteimitglied zum CDU-Fraktionsvorsitzenden im Kreistag. Nun bekommt er für sein Lebenswerk die Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland erster Klasse. Wer so lange aktiv das Stadtleben mitgestaltet wie Otto Dewitz, tritt manchem dabei auf die Füße. Aber er erntet auch Respekt. Im Fall von Otto Dewitz fand dieser Respekt seinen Ausdruck in zahlreichen Ehrungen. "Wirklich stolz war ich auf die Bürgermedaille", so der Freudenstädter, der sich noch lebhaft an Trümmer und Wiederaufbau nach dem Krieg erinnert. Am kommenden Samstag, seinem 75. Geburtstag, wird Otto Dewitz noch einmal geehrt.

Er und seine Frau Wiltrud teilen sich das Haus mit der Familie von Tochter Susanne. Die Wohnung der beiden ist freundlich eingerichtet. Ohne Schnickschnack, dafür mit großen Fenstern, durch die tagsüber die Sonne ins Wohnzimmer flutet. Seit 48 Jahren sind die gelernte Bankkauffrau und der ehemalige Schulleiter und Freudenstädter Stadtrat verheiratet. Auf die Frage, wie sie sich kennengelernt haben, antwortet das Paar wie aus einem Mund: "Auf Umwegen!"

Der 74-Jährige ist streitbar und hat in seiner Zeit als aktiver Politiker nicht locker gelassen, wenn er von einer Sache überzeugt war. Dass es etwa in Freudenstadt den Jägerhof als Einrichtung für betreutes Wohnen gibt, ist seiner Weitsicht zu verdanken. Auch seine Frau ist der Meinung, dass jeder sich rechtzeitig überlegen müsse, wie er seinen Ruhestand gestalten will. Deshalb unterstützte sie ihren Mann aktiv beim Aufbau der Einrichtung des Arbeiter-Samariter-Bunds (ASB).

Gut getan hat dem vielbeschäftigten Freudenstädter Dewitz auch das meist fröhliche Familienleben. "Wir hatten nie viel Geld, weil wir uns entschieden haben, mit drei Kindern von einem Gehalt zu leben, aber wir hatten Platz, und ich hatte Zeit", umreißt die heute 70-jährige Wiltrud Dewitz die Grundpfeiler ihres Alltags. Eines Alltags in dem es immer viel Arbeit und gute Rituale gab: das gemeinsame Frühstück, das gemeinsame Mittagessen und die Dewitzsche Sofastunde.

Wenn die beiden Ruheständler von der Sofastunde erzählen, leuchten ihre Augen vor Begeisterung. "Jeden Abend haben wir uns aufs Sofa gesetzt und uns von unserem Tag erzählt. Vorher sind wir nie schlafen gegangen", so das Ehepaar. Sie haben gelernt, einander zuzuhören, Meinungsverschiedenheiten zu klären und sich gegenseitig Mut zu machen. Das kommt ihnen jetzt, wo das Leben langsamer läuft und sich der vorher sehr agile Otto Dewitz kaum noch bewegen kann, zugute. "Früher war ich eher Pessimistin", erzählt seine Frau. Heute hilft sie ihrem Mann, in der ungewohnten Situation optimistisch zu bleiben. "Ich habe viel auf den Ruhestand verschoben", gesteht Otto Dewitz, "und nun kann ich nicht einmal mehr Rosen schneiden."

Eigentlich war das die Situation, für die ihre Wohnung im Jägerhof gedacht war. "Das wir heute nicht dort, sondern hier draußen wohnen, verdanken wir dem guten Verhältnis zu unseren Kindern", so Wiltrud Dewitz.