"Wolfsgebiet" lautet der Titel des neuen Buchs von Krimiautor Edi Graf. Die Handlung spielt mit der Hysterie um die Rückkehr des Raubtiers. (Symbolbild) Foto: dpa

Edi Graf trifft mit neuem Roman "Wolfsgebiet" den Nerv der Zeit. Finale auf Hängebrücke.

Freudenstadt - "Wolfsgebiet" lautet der Titel des neuen Buchs von Krimiautor Edi Graf. Kongenialer Partner ist der Freudenstädter Krimischriftsteller Bernd Leix.

Es geht um den achten Fall seiner Hauptserienfigur von Edi Graf, der Tübinger Journalistin Linda Roloff. Graf legt thematisch den Finger in eine Wunde: das schier unaufhörliche Ringen in der Gesellschaft um den richtigen Umgang mit dem Wolf, der sich auch im Nordschwarzwald heimisch einrichtet.

Graf, in Rottenburg ansässig, und beim SWR als Redakteur und Moderator tätig, greift mit wachen Sinnen aktuelle Themen auf. Das lässt sich an der Liste seiner Publikationen ablesen. Kongenialer Partner ist Bernd Leix. So wie der ehemalige Revierförster zuletzt bevorzugt dem Hype um den Nationalpark Schwarzwald ein erzählerisches Gewicht gegeben hat, klopft Graf mit der Wolfshysterie den Nerv der Zeit ab. Edi Graf ist auch in Freudenstadt und Umgebung literarisch zuhause. In zahlreichen Gemeinschaftslesungen mit Bernd Leix ist so nicht nur ein Porträt des Nördlichen Schwarzwalds abseits weichgespülter Naturromantik entstanden, sondern es wurde mit der Ansiedlung von Stoffen in anderen Kontinenten, beispielsweise Afrika, auch ein Beweis für literarische Weltläufigkeit erbracht.

Zum Inhalt: In der Gegend zwischen Murg- und Enztal finden sich neben der Leiche eines 14-jährigen Mädchens Wolfsspuren. Isegrim steht demnach in der Wahrnehmung vieler als Täter fest. Tatsächlich ergeben die Spuren, dass sich das Tier an der Leiche bedient hat. Die traurige Angelegenheit ruft Trittbrettfahrer auf den Plan, die hinter dem Wolf aus ganz anderen Gründen als zur Sicherheit der Menschen her sind.

Eine Soko aus Calw nimmt Ermittlungen auf. Auch die Journalistin Linda Roloff schaltet sich ein und stößt auf eine ganze Reihe von Fragwürdigkeiten. Die Dramatik weitet sich aus, als erneut eine übel zugerichtete Leiche aufgefunden wird. Wiederum deuten Bissspuren auf die Visitenkarte des Wolfs hin. Der Fall ist um Indizien und Vermutungen reicher.

Lindas Fernliebschaft, der Safariführer Alan Scott, reist aus Afrika an, um die mit dem Fall Beschäftigten mit Hilfe seiner sagenhaften Fähigkeit des Spurenlesens zu unterstützen. Er, der angeblich sogar die Spuren der Vögel in der Luft zuordnen kann, rückt die Hintergründe ins richtige Licht. Es ist der Soko und ihren Helfern zu verdanken, dass der Fall trotz der überraschenden Wendung, die er nimmt, geklärt wird.

Grafs Roman umfasst stramme 400 Seiten, aber er ist ein äußerst spannendes Buch der besonderen Art. Methodisch verfährt der Autor nach bewährtem Muster, indem er die unterschiedlich langen 92 Abschnitte enden lässt nach dem Motto "Fortsetzung folgt". Das Lesepublikum lockt er immer wieder auf die falsche Spur. Graf setzt viel Personal ein, darunter einen behördlich bestallten Wolfsbeauftragten, einen wohlmeinenden, aber naiven Tierschützer und eine offensichtlich dem Prekariat zugehörige Familie. Kaum ein Leser dürfte den Täter, der in einem dramatischen Finale auf der Wildbader Hängebrücke gestellt wird, auf der Rechnung gehabt haben.

Inhaltlich weist sich Graf als Kenner von exotischer wie heimischer Fauna aus – was er mehrfach in seinem umfänglichen Werk demonstriert hat –, der sich einem Thema erst nach gründlichen Recherchen nähert. Sein "Wolfsgebiet" verknüpft die Jagd nach dem Wolf mit der Ungeheuerlichkeit eines Kindsmissbrauchs. Ein wenig Romantik tut auch einem ansonsten harten Stoff gut, und es bleibt weiterhin offen, auch das ein kluger Schachzug des Autors, wie sich die Liebesgeschichte von Linda und Allan weiterentwickelt.

Das Buch: Edi Graf: Wolfsgebiet. Kriminalroman; Gmeiner-Verlag Meßkirch 2019; 412 Seiten Pappband; 15 Euro.