"Es ist nicht Aufgabe der Stadt, Grundstückseigentümer zwangszubeglücken": OB Julian Osswald. Foto: Rath Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Stadt kauft "Dreikönig" und Gelände am Bahnhof / Gespräch mit OB über Hotelneubau und Kommunalwahlen

Freudenstadt. Kommunalwahlen, Campus, Stadthotel: In Freudenstadt werden 2019 einige großen Weichen gestellt und dicke Bretter gebohrt. Dafür harzt es an anderer Stelle. Was verheißt das neue Jahr? Wir sprachen mit Oberbürgermeister Julian Osswald.

Herr Osswald, nachträglich ein gutes neues Jahr noch. Haben Sie’s gut angefangen?

Ja. Sehr ruhig. Ein Essen mit der Familie, ein kleines Feuerwerk daheim und dann altersgemäß um 1.30 Uhr ins Bett. Außerdem habe ich mich zwischen den Jahren ein paar Tage um meine Gesundheit gekümmert.

Sie wollten ja etwas kürzertreten. Klappt die neue Arbeitsteilung oder fällt man gerne wieder in alte Verhaltensmuster zurück?

Die Termindichte ist schon deutlich geringer als in der Vergangenheit. In der Arbeitswoche fällt man allerdings doch gerne wieder in den Trott. Der Terminkalender füllt sich von alleine. Aber ich habe ja Ämter abgegeben, beispielsweise den Fraktionsvorsitz im Kreistag. Dieser Job ist schon sehr aufwendig. Ich genieße es, jetzt im Kreistag nicht mehr ständig in Hab-Acht-Stellung sitzen zu müssen.

Stichwort Kreistag: Zeichnen sich personellen Wechsel in Ihrer Fraktion ab?

Ich bin gerade dabei, die Kandidatenliste für Freudenstadt, Bad Rippoldsau-Schapbach und Seewald aufzustellen. Es sieht gut aus, muss ich sagen. Es wird Veränderungen geben, einige Kreisräte treten nicht mehr an. Dafür kommen neue. Das ist aber noch nicht spruchreif. Nur so viel: Einen Erdrutsch wird es wohl nicht geben, eher eine gewisse Stabilität.

Haben Sie Sorge vor der AfD?

Ich bin optimistisch, dass aus dieser Richtung keine Liste kommt in Freudenstadt. Hier fehlen ihr vielleicht auch die Köpfe. Ich bin froh darüber, das sage ich ganz offen. Wenn ich sehe, was im Landtag geht: Was da teils abläuft, wenn selbst Gerichte ignoriert werden, kann ich nur sagen: Da ist wirklich alles zu spät. Diesen Entwicklungen müssen alle demokratischen Kräfte entgegentreten.

Welche Entwicklungen zeichnen sich im Gemeinderat Freudenstadt ab?

Ich kann das nur für die CDU-Liste einschätzen. Hier sieht es offenbar sehr gut aus. Der Stadtverbandsvorsitzende hat die Losung ausgegeben, dass die CDU diesmal wieder stärkste Fraktion werden soll. Es würde mich für die CDU freuen, aber als Oberbürgermeister sehe ich das sehr, sehr entspannt. Auf die Arbeit der Verwaltung hat das weniger Auswirkung. Im Gemeinderat Freudenstadt steht die Sacharbeit im Vordergrund, nicht die Parteipolitik. Dafür bin ich sehr dankbar.

Treten Sie zur Kreistagswahl wieder an?

Ja. Für mich ist es zwingend, dass der OB einer großen Kreisstadt im Kreistag vertreten ist.

Ihre Stellvertreterin Stephanie Hentschel kandidiert offenkundig für die Freien Wähler. Ärgert es Sie, dass sie nicht auf der CDU-Liste steht?

Ganz im Gegenteil. Zwei Repräsentanten sind immer besser als einer. Ich finde es gar nicht verkehrt, wenn sie zwei verschiedenen Fraktionen angehören. Es geht um die Belange der Stadt Freudenstadt.

Wie geht es 2019 in Freudenstadt weiter?

Aus Sicht der Stadt geht es in erster Linie darum, offene Baustellen abzuarbeiten. In Sachen Verkehr haben wir viel zu tun. Die Sanierung der Stuttgarter Straße wird abgeschlossen. Da tauchten während des Umbaus leider ein paar Keller auf, die auf keinem Plan eingezeichnet waren. Das hat viel Zeit gekostet. In der Martin-Luther-Straße wird es auch viel zu tun geben. Aber auch andere investieren. Im März ist der Spatenstich für das Haug-Stift geplant, ein 30-Millionen-Projekt. Das wird ein Riesending. Ende Februar soll der Baubeschluss für das neue Stadthotel getroffen werden, das wird sicher auch noch mal ein großes Thema sein. Für die neue Jugendherberge könnte 2020 Spatenstich sein. Das Projekt hängt schon eine Weile, weil andere Projekte des Jugendherbergswerks noch nicht fertig waren. Wir sind dann etwas massiver geworden und haben gefragt: Wollt ihr oder wollt ihr nicht? Und falls ja: wann?

Was macht der Einzelhandel? Da konnte man zuletzt den Eindruck gewinnen, die Zahl der Leerstände steigt.

Ja, aber sie füllen sich auch wieder. Ich bin da guter Dinge. Die Nachnutzung des ehemaligen Eisen-Wagner mit der Buchhandlung Thalia wird zur weiteren Belebung des unteren Marktplatzes beitragen, das wird eine große Nummer. Auch die Loßburger Straße entwickelt sich gut. Nach dem Weggang des Drogeriemarkts sah es zeitweise nicht mehr so gut aus. Das belebt sich seit Abschluss der Sanierung wieder sichtlich. Ich habe auch den Eindruck, die Laufwege in der Stadt haben sich etwas verändert.

Inwiefern?

Von der Loßburger Straße bei der "Krone" rein und über die Sparkasse in die Forststraße. Oder von der Loßburger Straße in die Reichsstraße. Seit die Bäume dort weg sind, ist der Bezirk dort wieder als Fußgängerzone erkennbar. Das würde ich gerne mal erheben lassen.

Was macht die Stadt nach dem Kauf mit dem "Dreikönig"?

Die Möglichkeit für die Stadt, das Gebäude zu kaufen, ergab sich sehr kurzfristig. Wir haben sie genutzt. Was wir damit machen, wissen wir noch nicht. Bisherige Marschroute war: erst sichern, dann entwickeln. Stadtentwicklung erfordert nun mal Grundstücke. Siehe Fetscher-Gelände, siehe Campus. Das "Dreikönig" steht unter Denkmalschutz. Einen Abriss wird es also nicht geben. Wir werden ganz gechillt überlegen, was wir damit machen.

Gerüchten zufolge hat die Stadt auch das Gelände am Bahnhof gekauft, um Erweiterungsflächen für den Campus zu schaffen. Stimmt das?

Das ist richtig. Das ist ausverhandelt und vom Vorstand der Deutschen Bahn bereits abgesegnet. Der Preis war sehr fair, übrigens auch die gesamten Verhandlungen mit der Bahn. Wir haben ein schönes Gesamtpaket zusammen mit den Flächen am Stadtbahnhof geschnürt.

Dafür wird es mit der großen Flurneuordnung in Musbach, Grüntal und Frutenhof nichts, und damit auch nichts mit Landeszuschüssen für Feld- und Radwege. Wie sehr stinkt Ihnen das?

Sehr. Das kann ich klipp und klar so sagen. Aber es ist nicht Aufgabe der Stadt, Grundstückseigentümer zwangszubeglücken. Wir haben jahrelange Arbeit reingesteckt, und es sah zeitweise gut aus. Dann sind die Bewirtschafter in alte Verhaltensmuster zurückgefallen. Dass sie nicht wollen, hätten sie uns auch gleich sagen können. Es ist fast schon fahrlässig, einen 80-Prozent-Zuschuss vom Land einfach auszuschlagen. Die Stadt wird das Geld nicht dafür haben, die Wege zu richten.

Wie geht es weiter?

Das Thema ist abgehakt. Wir schauen, ob wir zusammen mit der Flurneuordnungsstelle des Landratsamts in Teilbereichen etwas hinkriegen.

Was anderes: Kann sich der VfB noch retten in dieser Saison?

Oh Gott, kann man nur sagen. Mit einem Sieg gegen Mainz hatte ich fest gerechnet. Jetzt wird es schwer. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt, und ein echter Fan steht immer zu seiner Mannschaft.  Die Fragen stellte Volker Rath