Der Schülerverkehr bildet das Rückgrat im ÖPNV im Kreis Freudenstadt. Auf die Einnahmen daraus will das Landratsamt deshalb nicht verzichten (Symbolfoto) Foto: Rath

Idee für Sozial-Rabattkarten scheitert im Kreistag. Laut Landrat fehlt es an Angeboten und Geld.

Kreis Freudenstadt - Eine Bonus-Card mit Vergünstigungen für sozial schwächere Familien im Landkreis Freudenstadt wird es nicht geben, ebenso wenig einen kostenlosen Nahverkehr für alle Kinder und Jugendlichen – mangels Masse. Bei der ersten Idee fehlt es dem Kreis an Angeboten, bei der zweiten am Geld.

Mit beiden Anträgen auf neue freiwillige Sozialleistungen befasste sich der Kreistag am Montag, in beiden Fällen sagte die Runde mit großer Mehrheit von CDU, Freien Wählern sowie FDP Nein.

Landrat: Es fehlt an Angeboten und Geld

Die Kreis-Bonus-Card hatte die SPD-Fraktion beantragt, bereits im Oktober vorigen Jahres. Ziel war es, eine Rabattkarte für Kinder und Jugendliche aus Familien mit geringem Einkommen einzuführen. Vergünstigungen sollte es für Teilnahme an Sport- und Musikkursen sowie Bildungs- und Freizeitangeboten geben. So sollte ihnen mehr Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglicht werden.

Die Kreisverwaltung hat zwischenzeitlich untersucht, welche Angebote in diese Richtung und Möglichkeiten es überhaupt gibt. Ergebnis: "Das macht nur dann Sinn, wenn der Kreis einen breiten Katalog an Angeboten machen kann", so Landrat Klaus Michael Rückert. Dies sei nicht der Fall. Folglich mache eine Karte auch wenig Sinn. "Das heißt nicht, dass wir betroffenen Familien nicht helfen wollen." Der Kreis räume bei der Volkshochschule bereits jetzt Gebührenermäßigungen um bis zu 20 Prozent ein. Die Angebote der Jugendtechnikschule seien ebenfalls günstig, so Rückert. Hier werde praktisch "nur eine Schutzgebühr" erhoben, damit diejenigen dann auch kommen, die sich angemeldet hätten.

Ansonsten sei der Kreis bereit, "Einzelfalllösungen" anzubieten, wie es einige Städte und Gemeinden bereits täten. Ähnlich äußerten sich der Blasmusikverband Freudenstadt, der Sportkreis und der Chorverband Kniebis-Nagold. Wo es bei Interessenten beim Geld hapere, würden direkte Lösungen gefunden. Das habe für den Kreis auch den Charme, dass Regelungen im kleinen Kreis diskreter seien, als wenn eine Familie eine Bonuskarte auf den Tresen legen müsse. Im Übrigen gebe es auch den Familienpass des Landes, der Paaren mit drei Kindern eine Reihe von Vergünstigungen anbiete, bis hin zu freiem Eintritt in einigen Museen und Vergnügungsparks.

Melanie Nagel von der SPD stellte die Antwort nicht zufrieden. Das Argument der Stimatisierung sei nicht stichhaltig. Betroffene hätten sicher auch Hemmungen, im Einzelfall nach Rabatten fragen zu müssen. Sie habe eher den Eindruck, dass dafür das Verständnis fehle, weil "die Entscheidungsträger oft selbst nicht betroffen sind". Das überzeugte die Mehrheit trotzdem nicht. Sie lehnte die Kreis-Bonus-Card ab.

Der Antrag, Kinder und Jugendliche im Landkreis kostenlos mit Bussen und Bahnen fahren zu lassen, war von der Diakonischen Bezirksstelle gekommen. Haltung des Landratsamts: eine gute Idee, leider nicht bezahlbar. Der Schülerverkehr bilde das Rückgrat im ÖPNV, die Eigenanteile der Familien an den Monatskarten betragen aktuell zwischen 27 und 42 Euro. Würden sie umsonst fahren, koste das den Landkreis rund 2,25 Millionen Euro im Jahr, berechnet auf Grundlage der Zahlen von 2016. Kinder bis sechs Jahre dürften schon jetzt umsonst mitfahren. "Alles umsonst, das wäre super. Aber damit wären wir der einzige Stadt- und Landkreis im Land, der sich das leisten würde", so Rückert.

Immerhin könnte es noch eine kleine Vergünstigung geben. Auf Nachkarten von Wolf Hoffmann (Grüne) versprach Rückert, einen Aspekt mit in die nächste Gesprächsrunde des Beirats für die Verkehrsgesellschaft Freudenstadt (VGF) zu nehmen: die Idee, zumindest einen Zuschuss für ein Nachmittags- und Wochenendticket für Familien einzuführen, die bis zu drei Kilometer von der Schule entfernt wohnen. Denn diese Familien erhalten derzeit gar keinen Zuschuss für den Schülerbus. Dieser Gedanke sei "interessant", so der Landrat.