Berta Huß war bei den Freudenstädter beliebt. Foto: Stadtarchiv Foto: Schwarzwälder Bote

Damenwahl: Friedrich Volpp im Interview über die ehemalige Stadträtin Berta Huß / Teil zwei der Serie

Freudenstadt . Sie war eine der ersten Frauen im Freudenstädter Gemeinderat und die erste, die als Stimmenkönigin in das Gremium einzog. Berta Huß ist älteren Freudenstädtern noch ein Begriff. Stadtrat Friedrich Volpp hat sie persönlich gekannt.

Herr Volpp, wer war Berta Huß?

Berta Huß war eine "Reingeschmeckte" – geboren 1887 in Kirchheim unter Teck. Vom Ende des Ersten Weltkriegs bis in die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wirkte sie in Freudenstadt. Sie war Kreisfürsorgerin und wurde 1951 für die CDU in den Gemeinderat gewählt. Auch im Roten Kreuz, im Kreistag und im Kirchengemeinderat hat sie sich sehr energisch für arme und schwache Menschen eingesetzt. Sie starb 1977 im Alter von 91 Jahren.

Welche Bedeutung hatte diese "Reingeschmeckte" für Freudenstadt?

Die kann man vielleicht ganz gut an ihrem Wahlergebnis 1956 ablesen. Da wurde sie als Stimmenkönigin in den Gemeinderat gewählt. Das war damals eine Sensation – der Gemeinderat war damals eine ziemliche Männerwirtschaft.

Wie kam es, dass Berta Huß so beliebt war bei den Freudenstädtern?

Sie hat viel für die Freudenstädter und die Menschen in der Umgebung getan. Nach dem Ersten Weltkrieg hat sie die Tuberkulosefürsorge im Freudenstädter Krankenhaus mit aufgebaut. Als Kreisfürsorgerin hat sie die Pflege der Kriegswaisen übernommen und sich um die Sozialrentner gekümmert. Im zweiten Weltkrieg dann war sie auch verantwortlich für die Evakuierten und Bombengeschädigten und später für die Flüchtlinge. Nach dem Krieg ist sie mit dem Fahrrad aufs Land gefahren und hat Milch für die Freudenstädter Kinder geholt. Es war ja Hunger nach dem Krieg. Vor solchen Leuten hatte man Respekt.

Wie zeigte sich dieser Respekt abgesehen von diesem sensationellen Wahlergebnis?

1976 wurde Berta Huß als erste Frau mit der Bürgermedaille der Stadt Freudenstadt ausgezeichnet. Schon 1964 ist ihr das Bundesverdienstkreuz verliehen worden und seit 1993 ist der Kindergarten in der Nordstadt nach ihr benannt.

Was war das für eine Zeit 1951 bis 196, in der Berta Huß als Stadträtin wirkte? Welche Herausforderungen hatten die Freudenstädter zu meistern?

Bis zum Jahr 1954 spricht man ja von dem "Wunder von Freudenstadt". Sie hat ja da zwangsläufig im Gremium bei der Baulandumlegung und dem Wiederaufbau mitarbeiten müssen – das war natürlich auch danach bis 1965 noch Thema. Sicherlich lagen ihre Hauptthemen aber in sozialen Angelegenheiten.

Sie kannten die ehemalige Stadträtin persönlich. Wie kommt’s?

Meine Nachbarin Emilie Schmid war Kreisgeschäftsführerin des Roten Kreuzes und schwer gehbehindert. Schon als kleiner Junge habe ich ihr geholfen, sicher über die Loßburger Straße zu kommen. Ich habe auch Botengänge für sie gemacht und Holz gehackt. In der Geschäftsstelle war auch Berta Huß oft. Frau Schmid hat oft zu mir gesagt: "Fritzle, das muss erledigt sein bis die Hussin kommt." Ich kann mich noch gut an die alte resolute Dame Berta Huß erinnern. Sie war eine Persönlichkeit, und ich hatte unglaublichen Respekt vor ihr.

  Die Fragen stellte Lena Wind