Alarmstufe Rot: Beleuchteter Förderturm eines Kali-Bergwerks. In Freudenstadt soll das Rathau am Montag in ein anderes Licht getaucht werden. Damit macht die Veranstaltungswirtschaft auf ihre Notlage aufmerksam. Foto: Night of Lights

Veranstalter starten Protestaktion. Ganzer Wirtschaftszweig steht wegen Corona am Abgrund.

Freudenstadt - Die Veranstaltungsbranche im Landkreis leidet besonders unter dem Stillstand durch die Corona-Beschränkungen. Mit einer Aktion will sie in der Nacht auf Dienstag, 23. Juni, in Freudenstadt auf ihre Lage aufmerksam machen. Die Botschaft: "Die nächsten 100 Tage überleben wir nicht". Dazu wollen eine Reihe von Firmen aus der Branche das Freudenstädter Rathaus in rotes Licht tauchen.

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"Night of light" – Nacht des Lichts – heißt die Kampagne, mit der Kollegen bundesweit auf ihre Notlage aufmerksam machen wollen. An vielen Orten werden markante Gebäude oder Kulturdenkmäler beleuchtet, in Summe sollen es 5500 Orte sein. Einem ganzen Wirtschaftszweig werde durch staatliche Eingriffe, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen, die Existenzgrundlage entzogen. Sie seien die ersten, die vom Stillstand des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens betroffen gewesen seien, und sie seien die letzten, die noch keine Perspektive hätten.

Rathaus in Rot

Die Aktion am Rathaus soll auch vor Augen führen, wie verzweigt und komplex die Veranstaltungsbranche auch im Raum Freudenstadt ist. Hiervon betroffen sind Firmen wie Erlebnisgastronomie-Betriebe wie das "Martinique", Kulturmacher wie die Blackforest Veranstaltungs GmbH und "Kultur am Dobel", Messebaufirmen wie die Bässler GmbH, MKS oder die Firma Johne, ferner Unternehmen wie "e-vent solutions" GmbH und die Revo Veranstaltungstechnik GmbH.

Dazu kommen laut Initiatoren Dienstleister und Zulieferer wie Event- und Beleuchtungstechnik, Dienstleister für Dekorationsaufbauten, Grafikfirmen und Druckereien, unter anderem die Firmen Wissinger GmbH, "Florales Ambiente", "ZZ Zeile Werbegrafik" und das Musikhaus Rudert.

Umsätze komplett weggebrochen

Die Revo Veranstaltungstechnik verdient ihr Geld bei Erlebnisveranstaltungen und Messen, etwa durch Auf- und Abbau, Vermietung, Verkauf und Installation von Ton-, Video- und Beleuchtungstechnik sowie Bühnen, ferner Spezialkonstruktionen für den Messebau. Seit Anfang März seien die Umsätze im Bereich Vermietung und Dienstleistung für Messen und Kulturstätten komplett weggebrochen, über alle Geschäftsbereiche hinweg um 70 Prozent.

Bislang verlorene Umsätze ließen sich in diesem Jahr nicht wieder erzielen. Dennoch hofft die Firma auf "die sofortige und uneingeschränkte Wiedereröffnung von Messen und Kulturstätten". Auch "Florales Ambiente", sonst für Messen und Veranstaltungen europaweit unterwegs, meldet einen Totalausfall. "Wir brauchen einen langen Atem", so die Geschäftsführung.

Aufarbeitung dauert bis zu fünf Jahre

Das Musikhaus Rudert rechnet damit, dass es mit Verleih von Konzerttechnik und Instrumenten 2020 "wohl nichts mehr wird, vielleicht Ostern 2021 wieder". Im Musikhaus Rudert hofft man, dass die Politik "kulturelle Veranstaltungen wieder zulässt, anstatt Flieger nach Malle zu schicken".

Die Bässler GmbH berichtet ebenfalls von praktisch einem Totalausfall der Umsätze, und das für den Rest des Jahres. "Messen werden erst ab Frühjahr 2021 relativ normal wieder stattfinden, eventuell unter Hygieneauflagen." Die Geschäftsführung geht davon aus, dass es für Bässler fünf bis zehn Jahre dauern werde, den eigenen wirtschaftlichen Schaden aufzuarbeiten.

Weitere Aktion in Alfredstraße

Sie erhofft sich von der Politik "weit über den August hinaus Förderungen und Zuschüsse, die nicht zurückbezahlt werden müssen". Kredite, selbst zinsgünstige, seien in dieser "unkalkulierbaren Situation nicht angemessen".

Die Aktion auf dem oberen Marktplatz findet von 22 bis 1 Uhr statt. In der Alfredstraße 95 gibt es eine zweite Aktion, auf die Beine gestellt von Fernseh-Neef und Uli Scheckenhofer aus Loßburg.