Schnee und Schlamm prägen das Bild auf der Baustelle, als mitten in der Nacht die Bahnbrücke Stückchen für Stückchen an die geplante Stelle geschoben wird. Foto: Schwark

Neue Brücke millimetergenau platziert. Kälte, Eis, Schnee und viel Schlamm erschweren Arbeiten.

Freudenstadt-Grüntal - "Grüntal 21 ist auf einem guten Weg!" Treffender hätte Diplom-Ingenieur Klaus Wacker von der DB-Projekt-Bau die perfekt geplante und nun millimetergenau umgesetzte Verschiebung der 1000 Tonnen schweren Bahnbrücke nicht beschreiben können.

Die Verschiebung der Eisenbahnbrücke zog trotz des gewaltigen Wintereinbruchs zahlreiche Zuschauer an. Teilweise stand das Publikum in Dreierreihen da, um den Baufortschritt zu beobachten. Das Jahrhundertprojekt weckte nicht nur die Neugierde der Grüntaler. Schließlich wurde hier ein tonnenschweres Monstrum bewegt, unter dem ab 2013 Autofahrer die Bahnstrecke passieren werden.

Entgegen der vorangegangenen Bauplanung – vorgesehen war ein Start ab 1 Uhr – konnten die Bauexperten bereits ab 22 Uhr mit den Verschiebearbeiten beginnen. Die organisatorische Herkulesarbeit begann am Freitagabend. Nach Sperrung der Bahnstrecke wurde mit zwei Spezialgeräten (Zweiwegebagger) der Gleiskörper abgebaut. Folgend fraßen sich sechs Bagger der Firma Kaltenbach aus Dornstetten ins Erdreich hinein. Bis Samstagabend, 18 Uhr, wurden 4500 Kubikmeter Erdreich mit 15 Lastwagenladungen abgefahren. "Eine absolut logistische Meisterleistung", resümierte der leitende Bauüberwacher Wacker den reibungslosen Ablauf. Die Zusammenarbeit mit den beteiligten Unternehmen habe hervorragend funktioniert.

Insgesamt waren rund 40 Mitarbeiter im Arbeitseinsatz. Kälte, Eis und Schnee und daraus resultierend viel Schlamm setzten ihnen erheblich zu. "Es ist eine gewaltige Leistung, so eine Brücke mit 1000 Tonnen Gewicht auf rund 20 Metern Strecke millimetergenau zu verschieben", erläuterte Wacker die Herausforderungen.

Die Technik macht’s möglich: Mit Lasermessgeräten überwachten Spezialisten den genauen Sitz der Brücke. Nach Beendigung der Baggerarbeiten gegen 18 Uhr wurden der Beton-Koloss auf große Gleitbahnen aufgebaut, auf denen er dann verschoben wurde. Insgesamt sechs Zylinder (jeweils drei an den Seiten) hoben die Brücke an. Dann lief’s wie geschmiert: Flüssiger Stickstoff sorgte für ein nahezu reibungsloses Gleiten. Wacker schätzt das "super gute Fluid-Verfahren", das einen schonenden und erschütterungsfreien Transport ermögliche.

Ab 22 Uhr machte sich das Brückenbauwerk schließlich langsam, aber beständig, auf den Weg zu seinem Bestimmungsort. Um Mitternacht war der justierte Standort erreicht und damit ein Großteil der Arbeit geschafft.

Bei den folgenden Betonarbeiten wurden Widerlager und Verschubbahnen mit Fließbeton untergossen. Ab Sonntagmorgen um 6 Uhr füllten die Bauarbeiter den Baubereich mit Mineralbeton weiter auf und profilierten den Böschungskegel. Heute erfolgen die Gleisbauarbeiten, damit morgen früh die Strecke ab 5 Uhr wieder befahrbar ist.

Diplom-Ingenieur Minusch Bauersachs (Projektleiterin DB-Projekt-Bau) war mit dem Bauablauf sehr zufrieden. Wie auch Wacker war sie vom Einsatz der Anwohner gerührt: "Die Leute hier haben uns mehrfach mit warmen Getränken versorgt." "Grüntal 21", wie Wacker die Bauarbeiten scherzhaft bezeichnet, sei in Rekordzeit geplant, ausgeschrieben und realisiert worden. "Die Kosten wurden gehalten", so der erfreute Bauüberwacher. Grüntaler und Wittlensweiler Bürger werden vom Haltepunkt Grüntal mit seinem neuen Bahnsteig profitieren.