Die Badische Landesbühne bot im Kurtheater eine glänzende Inszenierung von Bertolt Brechts "Leben des Galilei". Foto: Keck Foto: Schwarzwälder Bote

Theater: Badische Landesbühne inszeniert "Leben des Galilei"

Für Brechts Drama "Leben des Galilei" unter der Regie von Carsten Ramm bot die Badische Landesbühne zehn Darsteller auf, die zur Crème dort zählen.

Freudenstadt. Zweieinhalb Stunden lang zog das Ensemble die Aufmerksamkeit des Publikums im Kurtheater auf sich. Der "Galilei" zählte zu den intensivsten Aufführungen, die in der zu Ende gehenden Spielzeit im Kurtheater geboten wurden. Aber wieder einmal verloren sich nur wenige Dutzend Zuschauer in den Rängen. Sie glichen jedoch das fehlende Kontingent mit anhaltendem Zwischen- und Schlussbeifall aus.

Bertolt Brechts "Galilei" liegt in drei Versionen vor, die zwischen 1938 und 1956 entstanden sind. Unter dem Eindruck dramatischer politischer Entwicklungen passte Brecht Galileis Aussagen und Verhalten an.

Carsten Ramm wählte für seine Inszenierung die Fassung aus den Jahren 1955/56. Sie unterscheidet sich von der "amerikanischen" aus den Jahren 1945/47 nur unwesentlich. Bedeutsam ist, dass sich dem Autor die Frage nach der Verantwortung der Wissenschaft nach dem Abwurf der zwei Atombomben auf Japan 1945 drängender stellte.

Überholtes Weltbild

Ausgangspunkt für Ramms Inszenierung ist die Gegenwart. Das ist augenfällig an der modernen Kostümierung, gestaltet von Kerstin Oelker. Sie verändert sich dort, wo Brecht ins Mittelalter eintaucht, in dem die Kirche das überholte aristotelische Weltbild zementiert. Bezeichnend ist die Szene, in der Kardinal Barberini als Papst Urban VIII. eingekleidet wird und gleichzeitig mit dem Kardinal Inquisitor über die Zukunft Galileis diskutiert. Orgelmusik zwischen den Auftritten verstärkt die Dramatik.

Tilo Schwarz’ Bühnenbild mit einem offenen Halbrund folgt nicht nur praktischen Erwägungen, sondern lässt auch unterschiedliche Interpretationen zu. Aufbau und Ziel des Schauspiels kulminieren in der Auseinandersetzung zwischen Galileis Erkenntnissen zu den Bewegungen der Gestirne und dem Beharren des Heiligen Stuhls auf überkommenen Sichtweisen.

Hoffnungsvoll beschwört der anerkannte Physiker die "neue Zeit". Bezeichnend auch, dass Galilei, gefragt nach dem Sitz Gottes in seinem Weltbild, hinausschleudert: "In uns oder nirgends." Dass Galilei zuletzt angesichts drohender Folter seine Aussagen widerruft, führt zu harscher Selbstkritik und dazu, dass sich Anhänger von seiner Theorie abwenden.

René Laier glänzte als Galilei, der hin und her geworfen wurde zwischen seinem eigenen Anspruch als Wissenschaftler und dem Gezerre um die Wahrheit. Eindrucksvoll auch Evelyn Nagel, die sowohl Haushälterin Sarti als auch den greisen, kränkelnden und eigensinnigen Kardinal Bellarmin verkörperte.

Imposant in Szene

Stefan Holm als Galileis Freund Sagredo und Kardinal Barberini agierte einmal mehr souverän. Die Verkörperung Andrea Sartis, Galileis Schüler, war bei Colin Hausberg bestens aufgehoben. Als Virginia, Galileis Tochter, zeigte sich Sina Weiß von ihrer professionellen Seite. Markus Hennes, ebenfalls mit einer Doppelrolle ausgestattet, wusste sich als Kardinal Inquisitor, der die Manipulation beherrscht, imposant in Szene zu setzen.