Kultur: Herausragendes Ensemble heizt seinem Publikum mit der "Nacht des Musicals" ein

Das Musical als Flaggschiff der leichten Muse zieht immer. Vor allem, wenn es in so appetitlichen Happen serviert wird wie bei der "Nacht des Musicals" im Kurtheater Freudenstadt.

Freudenstadt. Rund zweieinhalb Stunden lang genoss das angetörnte Publikum im fast vollständig besetzten Kurtheater Ohrwürmer aus zahlreichen Klassikern des Genres Musikspiel. Produktion und Regie verantwortete die Pura Vida Theater- und Musical GmbH. Tourneeveranstalter für Deutschland ist die ASA Event GmbH.

Ein Ensemble der Broadway Musical Dance Company aus acht höchst quirligen Tänzerinnen und Tänzern respektive Hintergrundsängern sowie den vorzüglichen Solisten Marco Trespioli, Katrin Mayer, Istvan Csiszar und Julia Vieregge ließ den Besuchern kaum Zeit zum Durchatmen.

Lichtvulkane und Klangkaskaden

Angesagt war ein Parforceritt durch die Welt des Musicals – mal stimmgewaltig und eruptiv, dann wieder sanft und emotional durchflutet. Das alles war eingetaucht in Lichtvulkane und Klangkaskaden als mitunter atemberaubende Sinnesreize.

Gesungen wurde über das bunte Spektakel hinweg live, das orchestrale Beiwerk kam aus der Konserve. Mit einem Medley aus "Rocky" gingen die Protagonisten gleich mal in die Vollen. Das Duett "Think of me", dem "Phantom der Opfer" entnommen, leitete über in eine bunte Abfolge aus Szenen und Melodien, die dem Publikum ein ums andere Mal Wiedererkennungseffekte verschafften. Wer fühlte beispielsweise nicht mit in der "totalen Finsternis" im "Tanz der Vampire", wer ließe sich nicht umschmeicheln von "Memory" aus "Cats" oder aufputschen von ewig jungen Hits aus "Grease". Und dann erscheint plötzlich Udo Lindenberg auf der Bühne und turtelt mit der FDJ-Aktivistin Jessy, eingebettet in ein Medley aus dem Musical "Hinterm Horizont".

Mit einem ausgelassenen Mix von ABBA-Hits, konserviert in "Mamma Mia!" entließ das Ensemble seine Gäste zum Pausensekt. Schwülstig gab sich der Auftakt zum zweiten Teil der Show: Die "Rocky Horror Picture Show" mit ihren lasziven Elementen ist ein echter Klassiker, die – kalkuliert eingesetzt – große Teile des Publikums in Wallung versetzen kann. Und die Darsteller kennen ja ihre Pappenheimer – "Sweet Transvestite" lädt zu verzückt-verschämten Gefühlsäußerungen hinter vorgehaltener Hand ein.

Da ist doch gut, wenn mit der Eiskönigin, Aladdin und dem "König der Löwen" die Revue wieder in gewohnt angenehme Bahnen hinübergleitet. Mit Einlagen aus "Elisabeth", der Kaiserin Sissi von Österreich, präsentierte der Galaabend einen absoluten künstlerischen Höhepunkt. Welch ein Szenenwechsel anschließend zu "Queen" und seinen Akustikhämmern "We are the Champions" und "We will rock you". Da mochten auch so manche eher zurückhaltende Besucher nicht mehr nur untätig im Sessel verharren.

Zu Ehren gelangte schließlich auch der britische Shootingstar Ed Sheeran, dessen Lied "Perfect" eine wohltuende Oase des Innehaltens im Rausch der Sinne darstellte. Zum Schluss war nochmals Siedetemperatur angesagt. Einem vielbejubelten Medley aus "Ich war noch niemals in New York" folgten Zugaben, die auch die Koordinationsfähigkeiten des Publikums im Einklang mit Musik herausforderten: Spaß pur als besonderes Bonbon.

Fazit: Ein herausragendes Ensemble hatte seinen Besuchern einen Abend lang gehörig eingeheizt. So ließen sich auch die frostigen Temperaturen auf dem Heimweg recht gut wegstecken.