Ob telefoniert oder nicht, ist zweitrangig: Alleine das Halten eines Handys während der Fahrt ist untersagt. (Symbolfoto) Foto: fongbeerredhot/ Shutterstock

Aussagen von Polizisten widersprechen sich - 38-Jähriger wird dennoch verurteilt. "Fühle mich ungerecht behandelt."

Freudenstadt/Dornstetten - Hat er am Steuer telefoniert oder nicht? Tobias Heilek aus Hallwangen sagt, er hat es nicht. Eine Richterin sieht das aufgrund der Aussagen zweier Polizisten jedoch anders. Sie verurteilte den Lkw-Fahrer. Dieser legte gegen das Urteil jetzt Widerspruch ein, doch seine Chancen sind gering.

Es war an einem Nachmittag im Dezember 2019. Tobias Heilek, von Beruf Getränke-Lieferant, fährt mit dem Lastwagen seines Arbeitgebers durch Freudenstadt. Am Stadtbahnhof wird der 38-Jährige von zwei Polizisten angehalten und kontrolliert. "Sie haben mir unterstellt, kurz zuvor noch während der Fahrt mit dem Handy telefoniert zu haben", erklärt er gegenüber schwarzwaelder-bote.de. Dies sei falsch, beteuert er: Sein Handy habe zu der Zeit im Rucksack auf dem Beifahrersitz gelegen.

Nicht nur Telefonieren ist verboten

Die kontrollierende Polizistin habe sich das Handy auch kurz zeigen lassen, wollte laut Heilek aber keinen Anrufverlauf sehen. Stattdessen wurde dem Fahrer verkündet, dass sein Verstoß zur Anzeige gebracht werde.

Ein Anrufverlauf allein reiche als Beweis für die Unschuld auch nicht aus, bestätigt das zuständige Polizeipräsidium Pforzheim. "Nicht nur Telefonieren ist verboten", erklärt ein Polizeisprecher und verweist auf die Straßenverkehrsordnung, in der steht: "Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird."

Demnach darf das Handy während der Fahrt überhaupt nicht in die Hand genommen - geschweige denn telefoniert, Nachrichten geschrieben oder Musik gehört werden.

Polizisten trotz Ungereimtheiten glaubhafter

Tobias Heilek versuchte im Anschluss trotzdem, über seinen Mobilfunkanbieter an einen Einzelverbindungsnachweis zu kommen. Dies ginge nur über einen richterlichen Beschluss, wurde ihm mitgeteilt.

Ende Mai fand dann die Hauptverhandlung vor dem Freudenstädter Amtsgericht statt. Heilek selbst kam ohne Rechtsanwalt, denn "ich habe keinen Rechtsschutz und hatte mir ja auch nichts zuschulden kommen lassen".

Die Richterin sah das anders und glaubte den beiden Polizisten - auch wenn diese sich laut Heilek in ihren Aussagen widersprachen: "Die eine sagte, ich hatte das Handy am Ohr, der andere behauptete, ich hatte es direkt vor dem Mund und sprach hinein", erzählt Heilek.

Beamte gelten als besonders glaubwürdig

Auch an dem Einzelverbindungsnachweis habe die Richterin laut Heilek kein Interesse gezeigt. "Sie brauche ihn nicht, sagte sie mir. Die Aussage der beiden Polizisten reiche."

Keine Ausnahme, sondern die Regel, wie sich zeigt. "Vielen Richtern genügt bereits die Aussage eines Polizisten", erklärt Patrick Bittigkoffer, Anwalt für Verkehrsrecht in Rottweil. "Ein Polizist gilt nun mal als besonders glaubwürdig."

Auch Ungereimtheiten in den polizeilichen Darstellungen würden daran nichts ändern. Bittigkoffer selbst hat erst ein Mal bei einem Handyverstoß einen Freispruch erwirkt - auch da hatten sich die Polizisten in ihren Darstellungen widersprochen.

Fast täglich finden Kontrollen statt

Die Beamten seien nichts anderes als Zeugen. "Und können die sich ein halbes Jahr später noch an den genauen Sachverhalt erinnern?", fragt sich Bittigkoffer und ergänzt: "Ein Zeuge muss die eigenen Erinnerungen schildern und nicht das, was im Protokoll steht."

Aber wie werden Handyverstöße am Steuer eigentlich kontrolliert? Zum einen werden diese laut Polizeipräsidium Pforzheim im Rahmen von regulären Streifenfahrten dokumentiert. Zum anderen gebe es fast täglich spezielle Kontrollstellen. Sogenannte Vorposten haben dabei ein Auge auf Handy- oder Gurtverstöße und geben dies dann an die Kollegen an der eigentlichen Kontrollstelle weiter. "Blitzer"-Anlagen wie bei Geschwindigkeitsüberschreitungen gebe es hier jedoch nicht.

Im ganzen Landkreis Freudenstadt wurden laut Polizei im vergangenen Jahr insgesamt 715 Handyverstöße dokumentiert - 565 von den Revieren in Horb und Freudenstadt, der Rest von der Verkehrsüberwachung in Freudenstadt.

Laut Urteil muss Tobias Heilek ein Bußgeld in Höhe von 100 Euro bezahlen und kassiert einen Punkt in Flensburg. Des Weiteren muss er die Kosten für die Verhandlung übernehmen. Das Urteil selbst wird ihm erst noch zugestellt. Vorab hat er formal Rechtsbeschwerde eingereicht. Diese muss spätestens eine Woche nach Verkündung des Urteils erfolgen.

Anwalt rät: Keine Aussage bei Kontrolle

Ob er es hätte besser machen können? "Bei Handyverstößen lohnt es sich auf jeden Fall, sich von einem Anwalt beraten zu lassen", rät Bittigkoffer. Dies aber möglichst sofort, wenn der Bußgeldbescheid eintrifft. Außerdem rät der Anwalt für Verkehrsrecht, schon bei der Kontrolle keine Angaben zu machen, sondern "von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen".

Im aktuellen Fall kommen diese Ratschläge aber natürlich zu spät. Tobias Heilek fühlt sich ungerecht behandelt und beteuert: "Es wurde nichts unternommen, um meine Unschuld zu beweisen."