Wirtschaft: Corona trifft Unternehmen im Nordschwarzwald besonders heftig

Die Wirtschaft in der Region Nordschwarzwald ist von den Auswirkungen der Corona-Pandemie überdurchschnittlich stark betroffen. Dies ergibt die aktuelle Konjunkturbefragung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Nordschwarzwald bei rund 260 Unternehmen.

Region. 49 Prozent der Unternehmen berichtet von schlecht laufenden Geschäften (Jahresbeginn: zehn Prozent). Weitere 43 Prozent geben sie mit "noch befriedigend" an. Während zu Jahresbeginn noch 34 Prozent von gut laufenden Geschäften profitierten, ist dies gegenwärtig nur noch bei acht Prozent der Fall, so die IHK.

Somit hätten die regionalen Unternehmen stärker als im Landesschnitt mit den Folgen des weltweiten "Lockdowns" zu kämpfen. In Baden-Württemberg ist der Anteil der Unternehmen mit einer guten Geschäftslage auf 20 Prozent zurückgegangen. "Für unsere Firmen und die Region sind deshalb sowohl das Konjunkturpaket der Bundesregierung als auch die ergänzenden Hilfen des Landes besonders wichtig", so Claudia Gläser, Präsidentin der IHK.

81 Prozent der regionalen Firmen geben aktuell an, dass die Umsätze in den vergangenen vier Monaten gegenüber demselben Vorjahreszeitraum zurückgegangen sind. Im Vergleich zur Konjunkturbefragung zu Jahresbeginn, und damit vor Ausbruch der Corona-Pandemie, habe sich dieser Anteil nahezu verdoppelt. Als überwiegend schlecht wird ebenfalls die Ertragslage beurteilt.

Kontaktbeschränkungen, zeitweise geschlossene Grenzen, Stornierungen von Aufträgen und die allgemeine Unsicherheit über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie wirkten sich negativ auf die Bestellungen aus dem In- und Ausland aus. Bei 63 Prozent der befragten Firmen seien die Auftragseingänge rückläufig, lediglich 17 Prozent geben eine höhere Nachfrage an.

Die Geschäftserwartungen für die kommenden zwölf Monate ließen leider darauf schließen, dass die Talsohle noch nicht erreicht sei. 52 Prozent rechnen mit noch schlechter laufenden Geschäften. Hoffnungsvoll stimme jedoch die Tatsache, dass 29 Prozent – und damit ein höherer Anteil als noch zu Jahresbeginn – eine bessere Geschäftslage erwarten.

Die Pandemie habe die Weltwirtschaft gedämpft, den Austausch von Waren und Dienstleistungen über Grenzen hinweg eingeschränkt und Lieferketten unterbrochen. Davon sei auch die Zulieferindustrie aus der Region betroffen. 54 Prozent gehen in den kommenden Monaten von sinkenden Exporten aus. Ein gutes Viertel der regionalen Firmen setze jedoch auf künftig wieder höhere Ausfuhren.

Investitionen gedrosselt

Vor diesem Hintergrund sei nicht verwunderlich, dass die Investitionsbereitschaft zurückgeht. 46 Prozent der Betriebe wollen ihr Niveau zurückfahren, weitere 27 Prozent wollen es zumindest stabil halten. Dabei sei die Deckung des Ersatzbedarfs das vorrangige Investitionsmotiv, gefolgt von der Rationalisierung und dem Wunsch, in naher Zukunft verstärkt in die Digitalisierung zu investieren.

55 Prozent der befragten Firmen rechnen in den nächsten zwölf Monaten mit einem Rückgang der Beschäftigtenzahl. 40 Prozent hoffen, ihre Mitarbeiter auch künftig beschäftigen zu können. Dazu dürften neben der Kurzarbeit und den weiteren staatlichen Hilfen die Lockerungen der Corona-Auflagen beitragen. Nach Mitteilung der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim sei für 43 Prozent aller sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer im Juni Kurzarbeit angemeldet.

Rund ein Drittel der befragten Unternehmen plane daher, neue Arbeitszeitmodelle einzuführen oder die Arbeitsorganisation umzugestalten. "Die Corona-Krise stellt auch die Wirtschaft in der Region vor die größte Herausforderung seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Jetzt ist es wichtig, das beschlossene Konjunkturpaket unbürokratisch umzusetzen und eine zweite Infektionswelle zu verhindern", so die IHK-Präsidentin.

Auf die Frage, wann die regionalen Unternehmen mit einer Rückkehr zur Normalität ihrer Geschäfte rechnen, nennen 46 Prozent der Firmen das Jahr 2021. Diese Einschätzung deckt sich mit der aktuellen Prognose der fünf Wirtschaftsweisen der Bundesregierung, die nach einem deutlichen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 6,5 Prozent in 2020 mit einem Wachstum von 4,9 Prozent in 2021 rechnen.

Industrie:

55 Prozent berichten von schlecht laufenden Geschäften, nur noch neun Prozent geben sie mit gut an. 86 Prozent haben rückläufige Umsätze zu verkraften. Die Kapazitätsauslastung habe sich auf 62 Prozent verringert. Bei 72 Prozent sind die Bestellungen aus dem Ausland zurückgegangen. 35 Prozent gehen von künftig verbesserten Geschäften aus. Die Produzenten von Investitionsgütern sind am zuversichtlichsten.

Metallindustrie:

63 Prozent verzeichnen aktuell schlecht laufende Geschäfte, bei 92 Prozent haben sich die Umsätze im Ausland verringert. Mit 77 Prozent berichtet ein überdurchschnittlich hoher Anteil der Firmen von einer schlechten Ertragslage, die Kapazitäten sind lediglich zu 56 Prozent ausgelastet. Da die Branche nicht von einer schnellen Belebung der Exporte ausgeht, erwarten drei von vier Firmen künftig auch eine geringere Beschäftigtenzahl.

Maschinenbau:

94 Prozent der Firmen müssen rückläufige Umsätze im Export verkraften. Die Kapazitätsauslastung hat sich auf 67 Prozent verringert. Allerdings hofft die Branche, dass sich die Geschäfte mit der schrittweisen Öffnung der Märkte langsam wieder erholen.

Medizintechnik:

Die überwiegende Mehrheit berichtet von schlecht laufenden Geschäften, einer schlechten Ertragssituation und sinkenden Umsätzen. Die Auslastung der Kapazitäten ist auf 70 Prozent zurückgegangen. Zuversicht kennzeichnet jedoch die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate, vor allem im Export.

Handel:

Der Groß-, Einzel- und Versandhandel kam bislang besser durch die Krise. Die Hälfte der Händler bewertet ihre aktuellen Geschäfte noch mit befriedigend. Die Kunden seien jedoch nicht in Kauflaune. 63 Prozent der Händler sind eher pessimistisch im Hinblick auf die kommenden Monate.

Tourismus:

Die Branche bekam die Auswirkungen besonders früh und stark zu spüren. Vier von fünf Betrieben beurteilen ihre Geschäfte als schlecht. Die Lockerungen und die Hoffnung auf einen verstärkten Tourismus im Inland lassen die Unternehmen wieder zuversichtlicher in die Zukunft blicken. Allerdings bedeuten die Auflagen zum Gesundheitsschutz höhere Kosten.

Kreditgewerbe:

Die Banken berichten von befriedigend laufenden Geschäften bei einem höheren Geschäftsvolumen als zuletzt. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass das Kreditgewerbe eine höhere Kreditnachfrage vor allem von Firmenkunden zu bewältigen hat. Insbesondere zur Finanzierung von Investitionen sind auch mehr Kredite vergeben worden. Für die kommenden zwölf Monate rechnet das Kreditgewerbe mit gleichbleibenden Geschäften.

Dienstleistungen:

43 Prozent der unternehmensorientierten Dienstleister wie Datenverarbeitung, Leasing, Rechts-, Steuer- und Unternehmensberatung bewerten ihre Geschäfts- und Ertragslage noch mit befriedigend, weitere 29 Prozent sogar mit gut. 57 Prozent erwarten allerdings künftig schlechter laufende Geschäfte bei rückläufigen Umsätzen.