Bei der Abi-Party im Freudenstädter Industriegebiet Sulzhau ging es rund. Foto: Volker Rath

Abiturienten bauen ihren Stress ab. Drei Nächte und zwei Tage chillen, campen, feiern.

Freudenstadt - Chillen, campen und am Abend ein "Rave" vom Feinsten: Drei Nächte und zwei Tage lang ging es rund bei der Abi-Party im Freudenstädter Industriegebiet Sulzhau.

Abi-Party ist ein eher schwaches Wort für das, was da über die Bühne ging. Das war eher ein mehrtägiges kleines Festival mit Campingzone, "Rave" und Strahlkraft weit über den Landkreis hinaus.

Wumm-wumm-wumm. Der Weg zum Party-Gelände findet sich von selbst. Junge Erwachsene setzen mit Vorschlaghämmern die letzten Wegweiser, andere Ziehen noch Kabel. Autos lassen sie mit freundlicher Geste passieren. Es wird fröhlich gearbeitet am Freitagabend im Sulzhau, trotz langer Sonderschichten. "Klar doch. Sind ja alle gut drauf", sagt Miguel (19) vom elfköpfigen Orga-Team. Er kaut auf einer Döner-Rolle, Pause, muss schließlich auch mal sein.

Platz für 1500 Besucher

Hinter dem großen Festzelt – sauber durch Bauzaun abgeriegelt, wie im übrigen das ganze Festgelände – steht ein ganzer Campingplatz. Musik wummert über den Platz, die jungen Leute lümmeln tief in ihren Klappstühlen. "Chillen" heißt entspanntes Nichtstun heutzutage, sollte ja drin sein nach den stressigen Wochen zuletzt. Auf einem Gaskocher blubbert eine Dose Ravioli. Manche seien schon seit Donnerstag da, sagt Marielle (18). In der Zeltburg nebenan hämmern die Bässe. "Die da drüben sind echt hardcore-mäßig drauf", hat sie beobachtet. Schwer zu sagen, ob die Augen hinter den dunklen Sonnenbrillen überhaup noch offen sind. Aber auch hier wird entspannt. Seit Ende der Prüfungen hat die junge Frau gejobbt und Geld verdient. Wie geht’s weiter? Ihre Freundin Luisa will ab Herbst eine Ausbildung machen. Marielle weiß es noch nicht so genau: "Ausbildung oder Studium". Aber jetzt am Wochenende wollen beide erst mal "chillen und ausschlafen". Hier? Sieht eher nach kurzen Nächten aus. Sehr kurzen.

Darauf stellen sich auch die zwölf Helfer der Narrenzunft Wittlensweiler ein, die Hinter der Theke Dienst haben. Bis 2.45 Uhr schenken sie aus, dann ist Schluss. Sauber aufgereiht stehen die Flaschen da, die Kühlschränke sind voll. Aus Sicht der Zunft könnte es losgehen. Bis die Party in Fahrt kommt, geht es aber noch eine Weile.

Auf dem Zeltplatz hat sie längst begonnen. Rund 170 Camper-Tickets wurden ausgegeben, sagt Miguel. Er ist extra aus Villingen gekommen, um zu helfen und um Praxiserfahrung zu sammeln. "Ich will Eventmanagement studieren, passt doch", sagt der 19-Jährige. Er sei nicht der Einzige aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis hier oben im Sulzhau. Eine offene Abi-Party wie in Freudenstadt, das gebe es nicht so oft. Zwei bis drei vielleicht in Deutschland, meint Miguel. Und die Party hier ist mittlerweile bekannt. Die Veranstalter rechnen mit bis zu 1500 Besuchern.

Das erfordert auch eine entsprechende Logistik. Jochen Theurer ist hier mit seiner Entertainment-Firma für die Lichttechnik zuständig, zusammen mit dem Freudenstädter Tobias Schneider, der als "Der Event-Schneider" den Sound liefert. Einen ganzen Tag lang haben sie aufgebaut, 2,3 Tonnen Material für die Technik angeschleppt und einen Kilometer Kabel gezogen. Die Zusammenarbeit sei gut, müsse ja auch "bei den Arbeitszeiten". Im Vergleich zu ersten Partys wurde technisch mächtig aufgerüstet. Vor ein paar Jahren noch spielten Bands. "Aber das entwickelt sich mehr und mehr zu einem Rave", sagt Jo Theurer. Rave, das heißt DJ statt Sänger und Musiker, elektronische Musik statt Gitarren.

Mit ernsteren Gesichtern laufen alleine die schwarz gekleideten Männer und Frauen des Sicherheitsdiensts herum. Auch am Eingang zum Campinggelände stehen sie da, mit vor der Brust verschränkten Armen. Drinnen jongliert eine Jungs-Gruppe einen Fußball in der Runde. Die Koordination ist noch gut. Auf das Gelände kommt langsam Bewegung, die ersten erheben sich aus den Campingstühlen. An der Kasse, wo es Ausweiskontrollen gibt, bildet ich eine Schlange. Ausgechillt. Jetzt ist erst mal "Party on".