Wer als Tourist die Gästekarte Schwarzwald+ erwirbt, kann auch im Bereich Wellness Vergünstigungen erhalten. Foto: Vennenbernd

Lange Diskussion im Gemeinderat um die Wahl von zwei Stadträten für die neue Gesellschaft Schwarzwald. Mit Kommentar.

Freudenstadt - Die Freudenstädter Stadträte Martin Franz von der Bürgeraktion und Carola Broermann von der CDU werden im Aufsichtsrat der neuen Gesellschaft Schwarzwald+ GmbH vertreten sein. Doch der Weg bis zu ihrer Wahl im Gemeinderat war steinig und schwer. Die Gästekarte Schwarzwald+ ist ein Gemeinschaftsprojekt der beiden Fremdenverkehrskommunen Freudenstadt und Baiersbronn. Mit insgesamt 90 Angeboten soll sie für die Urlauber einen echten Mehrwert bieten. Ähnliche Karten gibt es bereits in anderen Regionen. Die für die Gästekarte gegründete GmbH mit den beiden Tourismusdirektoren Michael Krause und Patrick Schreib als Geschäftsführer hat einen Aufsichtsrat, indem jeweils zwei Stadt- beziehungsweise Gemeinderäte von Freudenstadt und Baiersbronn vertreten sind.

Wie Oberbürgermeister Julian Osswald bekannt gab, wurde bereits im Vorfeld der Gemeinderatssitzung sondiert, ob es zwischen den Fraktionen eine Einigung über die beiden Vertreter geben könnte. Die gab es aber nicht. Drei Listen lagen in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats vor. Die CDU schickte Tourismus-Fachfrau Carola Broermann ins Rennen. Die Freie Wählervereinigung (FWV) setzte auf Gastronomin Beate Gaiser, und auf einer gemeinsamen Liste von Bürgeraktion (BA) und SPD kandidierten Martin Franz und Günter Braun.

Die kontroverse Diskussion nahm ihren Lauf, als OB Osswald zu bedenken gab, dass in der Beteiligungsrichtlinie der Stadt festgelegt sei, dass bei Wahlen in Aufsichtsräte Interessenkonflikte vermieden werden sollten. Es sei daher seine Pflicht, so Osswald, darauf hinzuweisen, dass bei Beate Gaiser, die bereits mit ihrem Hotel einen Vertrag mit Schwarzwald+ habe, ein Konflikt vorliegen könnte.

Dies veranlasste Stadträtin Elisabeth Gebele (BA) dazu, darauf hinzuweisen, dass Sitzvergaben für Aufsichtsräte aufgrund der Mehrheitsverhältnisse in der Regel die großen Fraktionen, sprich SPD und FWV, bevorzugten. Sie forderte deshalb dazu auf, die dritte Liste von BA und SPD zu wählen.

"Es gibt keine bessere Fachkraft als Beate Gaiser", konterte Stadtrat Friedrich Wolf (FWV) und sah keinen Interessenkonflikt. An der fachlichen Kompetenz gebe es keinen Zweifel, warf OB Osswald ein. Auf eine Frage von Stadtrat Elmar Haug (SPD) hob Stadtkämmerer Jochen Kaupp, der zugleich Beteiligungsmanager für die Stadt ist, hervor, dass er bei Beate Gaiser schon gewisse Ansätze für einen Interessenkonflikt sehe. Weil es dann noch eine Diskussion darüber gab, wer im Falle einer Wahl von Liste drei von den beiden Kandidaten in den Aufsichtsrat einzieht, platzte Günter Braun der Kragen, und er zog seine Kandidatur zurück. Das wollte wiederum Elisabeth Gebele nicht und forderte eine Sitzungsunterbrechung, um Günter Braun zu überreden, dass er seine Kandidatur aufrecht erhält.

Doch auch die Unterbrechung half nichts, Braun blieb standhaft. Der Disput um Beate Gaisers eventuellen Interessenkonflikt ging noch eine Weile munter weiter. Es wurden von der Verwaltung sogar Paragraphen aus der Gemeindeordnung verlesen, und Julian Osswald meinte schließlich entnervt: "Ganz bescheuert sind wir hier vorne auch nicht."

Schließlich gab es eine erste Abstimmung, in der der Gemeinderat ganz klar entschied, dass Beate Gaiser frei von Interessenkonflikten ist.

Vor der eigentlichen Wahl schilderten auf Antrag von Stadträtin Kerstin Forster (Freie Wähler) die drei verbliebenen Kandidaten ihre Motivation zur Kandidatur. Dabei hob Carola Broermann auf ihre reichen Erfahrungen aus der Tourismusbranche ab, und Beate Gaiser warf ihre Kompetenz als Hotelbetreiberin in die Waagschale. Martin Franz führte schlicht "gesunden Menschenverstand" an, der in einem Aufsichtsrat nicht fehl am Platz sein könne.

Die schriftliche Wahl brachte schließlich ein überraschendes Ergebnis: Von den 27 stimmberechtigen Stadträten stimmten elf für Liste drei, also Martin Franz, neun für Liste eins, also CDU, und nur sieben für Liste zwei und damit Beate Gaiser. 

Kommentar: Zu schwierig

Hartmut Breitenreuter 

Es kann doch eigentlich nicht so schwierig sein, aus einem Gemeinderats-Gremium mit 27 Mitgliedern zwei Stadträte für den Aufsichtsrat einer neuen Gesellschaft zu wählen. Schon lange ist die Zusammenarbeit der beiden großen Fremdenverkehrsgemeinden Freudenstadt und Baiersbronn die dadurch in Form einer Gästekarte zementiert wird, dringend notwendig. Denkste – der Gemeinderat Freudenstadt hat in seiner jüngsten Sitzung gezeigt, wie schwierig es sein kann.

Und doch wählte am Ende jeder Stadtrat den Kandidaten auf seiner Liste – Fachkompetenz oder Interessenkonfikt hin oder her. Dazu wäre keine lange Diskussion mit Sitzungsunterbrechung notwendig gewesen. Bleibt zu hoffen, dass in der neuen Gesellschaft der Aufsichtsrat reibungsloser und effektiver zum Wohl des Tourismus zusammenarbeitet, als es der Gemeinderat Freudenstadt zuweilen tut.