Michael Kitzlinger mit alten Plänen und Unterlagen seines Vaters. Foto: Breitenreuter Foto: Schwarzwälder Bote

Geschichte: Bauingenieur gräbt im Elternhaus Unterlagen seines Vaters aus / Enorme Fleißarbeit

Interessante Anhaltspunkte zu den Keller in den nach dem Zweiten Weltkrieg zerstörten Gebäuden in Freudenstadt hat Bauingenieur Michael Kitzlinger im Nachlass seines Vaters gefunden.

Freudenstadt. In den Straßenraum hineinragende alte Keller bereiteten bei der Sanierung der Stuttgarter Straße große Probleme. Sie mussten zurückgebaut oder gesichert werden, was die Bauarbeiten um einige Zeit verzögerte. An vielen Häusern links und rechts der Straße wurden an etlichen Stellen solche Keller entdeckt.

Für Michael Kitzlinger ist das keine Überraschung, denn beim Wiederaufbau der zerstörten Häuser sei die Stuttgarter Straße breiter angelegt und begradigt worden, sagt er. Die Häuser seien etwas zurückversetzt worden, die Keller – meist Gewölbe – seien aber mit ihrem ursprünglichen Grundriss im Boden geblieben.

Die interessanten Entdeckungen von Kitzlinger gehen auf seine Familiengeschichte zurück. Der Beruf des Bauingenieurs zieht sich durch verschiedene Generationen in seiner Familie. Er selbst arbeitete zunächst bei seinem Vater, der ebenfalls Bauingenieur war, danach war Michael Kitzlinger technischer Leiter in einem Ingenieuerbüro in Luzern, dann Prüfstatiker beim Landratsamt Freudenstadt und zuletzt selbstständiger Bauschadensgutachter. Bereits Kitzlingers Großvater, der im Ersten Weltkrieg gefallen ist, war Bautechniker und sein Stiefgroßvater war der Architekt Hermann Wöhrle. Michael Kitzlingers Sohn ist – natürlich – Bauingenieur.

Kitzlingers Vater kam 1952 nach Freudenstadt und war maßgeblich mit Hermann Wöhrle beim Wiederaufbau der Stadt tätig. Aus dieser Zeit fand Michael Kitzlinger, der sich jetzt im Ruhestand befindet, in seinem Elternhaus am Marktplatz zahlreiche Pläne und Dokumente, die er jetzt aufarbeitet. Dabei kamen einige Unterlagen zutage. Dazu gehört eine große Karte von 1947 – der Zeit, als in der Innenstadt von Freudenstadt die meisten Häuser in Schutt und Asche lagen. Darauf sind noch Gebäude zu sehen, die es längst nicht mehr gibt. Gefunden hat Kitzlinger auch ein Schreiben vom März 1946, in dem Stadtbaumeister Bernhardt Architekt Hermann Wöhrle bittet, auf das Stadtbauamt zu einer Besprechung mit Architekt Großwendt wegen der Aufnahme von Kellern zu kommen. In einer Bescheinigung heißt es später, dass Architekt Wöhrle beauftragt wurde, die Kellerräume der abgebrannten Stadt aufzunehmen. Dazu wurden er und sein Messgehilfe ermächtigt, die Trümmerstätten zu betreten.

Fasziniert von sorgfältiger Arbeit

Damit ist für Michael Kitzlinger klar, dass es eine Karte geben muss, in der die Keller genau ausgewiesen sind. Diese besitzt er zwar nicht, doch er hat einzelne Handakten, die er in seinem Elternhaus gefunden hat, zusammengeklebt. Auf ihnen sind die Keller der Häuser blau eingezeichnet und die Maße handschriftlich eingetragen. "Das war eine enorme Fleißarbeit", weiß Michael Kitzlinger. Er vermutet, dass diese Aufzeichnungen später auf eine große Karte übertragen wurden. Wo sich diese befindet, weiß er allerdings nicht. Fasziniert ist der Bauingenieur im Ruhestand, wie sorgfältig damals schon geplant wurde – ganz ohne digitale Hilfe.