Royales Brautpaar trifft klassische Auswahl für Traugottesdienst
Von Verena Schickle
Freiburg. Um die Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton ranken sich Geheimnisse. Wer entwirft das Brautkleid? Wer den Ring? In einer Woche sind wir schlauer. Auch, was die Musik für den Traugottesdienst betrifft. Was für eine Wirkung Klänge haben, weiß die Freiburger Wissenschaftlerin Claudia Spahn schon heute.
»You’re beautiful, it’s true...« – man kann ihn schon singen hören, James Blunt, in der ehrwürdigen Westminster Abbey. Sich gut vorstellen, wie so manch blaublütige Dame an den Lippen des smarten Engländers hängt, während Kate Middleton in einem Traum aus Weiß auf ihren William zuschreitet. Ach ja. Das wäre zu schön. Am Ende war es aber nur ein Scherz, den sich Blunt mit einem italienischen TV-Sender erlaubt hatte: Seine Behauptung, er spiele bei der Hochzeit des Jahres Orgel, entpuppte sich als Witz.
Wie sich herausstellte, ist das Brautpaar sowieso konservativ, was die Musikauswahl für die Trauung betrifft. Für Claudia Spahn liegen die beiden trotzdem goldrichtig. Und die Frau kennt sich aus: Sie leitet das Freiburger Institut für Musikermedizin.
Musik wirkt auf Menschen. »Wir spüren das im Alltag permanent«, sagt die Professorin. Sogar, wenn man Musik gar nicht mehr wahrnimmt, weil sie zu einer Art dauernden Hintergrundberieselung geworden ist. Untersuchungen zeigen: anhand von Blutdruck, Herzschlag, Atemfrequenz und Hormonen lässt sich »nachweisen, dass Musik hören und noch mehr das Musizieren Auswirkungen hat«, erklärt Spahn. Nicht nur Schokolade macht glücklich, auch Gesang setzt Glückshormone frei. Das sei sowohl beim Zuhören, noch mehr aber beim Singen der Fall. Die Wissenschaftlerin hat deshalb einen heißen Tipps fürs Brautpaar: Kate und William sollen am Freitag »ruhig auch selbst die Stimme erheben«.
Wie schön oder schief das am Ende klingt, ist zwar nicht bekannt. Aber zumindest über Kates musikalisches Talent hat deren früherer Klavierlehrer Daniel Nicholls verraten: »Ich glaube nicht, dass jemand behaupten würde, sie würde mal Konzertpianistin werden.« Das muss sie aber auch nicht, wenn es nach Meinung der Expertin geht. Musikalität ist laut Spahn individuell ausgeprägt. »Aber dass jemand auf Musik oder Klänge überhaupt nicht ansprechbar ist, kann nicht sein.« Für die Freiburger Professorin ist Musik ein »absolutes Grundnahrungsmittel des Menschen.«
»Menschen in absoluter Stille verkümmern«
Sie vergleicht sie mit Essen: Das müssten alle zu sich nehmen, manche eben mehr und manche weniger. »Menschen in absoluter Stille verkümmern«, sagt die 48-Jährige. »Es gibt keine Kultur, in der keine Klänge integriert sind.« Auch die Natur schweigt nicht – siehe Vogelgezwitscher.
Doch was rufen Musik, Klänge oder das Hören einer Stimme hervor? Das sei die große Frage der Musikpsychologie, erklärt Spahn. Und kommt zurück zum Thema Hochzeit. Es gebe eine weit zurückreichende Tradition der Hochzeitsmusik, also eigens komponierte Stücke für solche Anlässe. Bis heute: Auch William und Kate haben Musik für ihre Trauung in Auftrag gegeben.
Im Barock ging man beispielsweise davon aus, dass bestimmte Tonarten bestimmte Empfindungen auslösen. Dazu kommt, dass ein langsamer Rhythmus eher traurig erscheint, während ein schneller gleich fröhlicher wirkt. Auch die Instrumentenauswahl spielt eine Rolle. Die Trompete etwa bezeichnet Spahn als feierliches Instrument, das deshalb bei entsprechenden Anlässen zum Einsatz kommt. Was wieder passt: Die königliche Luftwaffe, wo der Prinz als Hubschrauberpilot dient, schickt sieben Bläser zur Hochzeit.
Daneben spielt die Dynamik eine Rolle: »Der Wechsel von leise zu laut ruft eine Gänsehautreaktion hervor«, beschreibt die Medizinerin. Und: »Eindringliche, ausdrucksstarke Musik kommt schon sehr auf der Gefühlsebene an.« Welche Assoziationen sie in einem Hörer weckt, hängt mit dessen Erfahrungen zusammen – und prägt letztlich den Musikgeschmack. Die einzigen körperlichen Schäden, die Musik verursacht, sind der Expertin nach Gehörschäden – der Lautstärke geschuldet.
Harfenklänge sind perfekte Wahl
Das dürfte den Akteuren der königlichen Hochzeit natürlich klar sein. Zwar donnert am Freitag eine Fliegerstaffel über den Buckingham Palace. Im Gotteshaus allerdings geht es gediegen zu: Der Chor der Westminster Abbey, der Chapel-Royal-Chor, das Londoner Kammerorchester und eine Fanfarengruppe gestalten die Zeremonie mit. Das Paar habe die Musik für die Messe mit sehr viel Interesse und Umsicht gewählt, teilte Williams Büro mit – und sich vor allem für Bekanntes entschieden.
Beim Empfang musiziert Prinz Charles’ Hofharfenistin Claire Jones. Für die Freiburger Wissenschaftlerin klingt das nach einer »sehr schönen Auswahl«, der englischen Tradition entsprechend. Gerade das Saiteninstrument hat es Spahn angetan: »Die Harfe finde ich ein wunderbares Symbol für eine Hochzeit.« Sie sei eines der ältesten Instrumente, das es gibt. Das spricht für Durchhaltevermögen. Wenn das mal kein gutes Omen für ein frisch getrautes Ehepaar ist.