Schrambergs Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr Foto: Archivbild Riesterer

Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr nimmt ab Donnerstag, 8. September, an einer Tagung von Bürgermeisterinnen teil. Auf Nachfrage erläutert sie die Bedeutung des Treffens und warum es ihrer Meinung nach so wenige Bürgermeisterinnen gibt.

Schramberg - Das Bürgermeisterinnen-Treffen gibt es einmal im Jahr jeweils an einem anderen Ort, erläutert Dorothee Eisenlohr. Der Fokus liege auf dem Austausch zu Themen, die einen im Amt gerade beschäftigen. Dieser Austausch finde organisiert in Gruppen, aber vor allem auch am Rande des offiziellen Programms statt, das immer von Donnerstagabend bis Samstagmittag dauert. "Dazu laden wir immer ein paar Expert*innen für Inputs ein; in diesem Jahr geht es wohl um bürgerschaftliches Engagement, um Zeitmanagement und Resilienz", so Eisenlohr.

Die persönlichen Treffen dort, sagt sie, seien eine tolle Ergänzung zur Gruppe, "die wir in den sozialen Netzwerken pflegen und in der jede, die Unterstützung braucht, praktische Tipps, Arbeitshilfen und auch mal ein offenes Ohr bekommt".

Bei rund 1100 Gemeinden im Land sind nur knapp 100 Bürgermeister-Ämter von Frauen besetzt, obwohl größtenteils Frauen die Studiengänge der Verwaltungs-Hochschule Kehl besuchen. Woran liegt das?

"Vorweg muss ich sagen, dass ich, nur weil ich eine Frau bin, die Oberbürgermeisterin ist, nicht für mich beanspruche, ›Expertin‹ zu diesem Thema zu sein", so Eisenlohr. Sie habe keine empirische Studie erstellt, "trotzdem habe ich natürlich so meine Vermutungen, die ich gerne teile".

Wer Kinder oder andere familiäre Verpflichtungen, etwa zu pflegende Angehörige hat, werde sich schwer tun, diese beruflichen Anforderungen mit der Familienarbeit zu vereinen. Weil Frauen "in unserer Gesellschaft oft noch den Löwenanteil der Familienarbeit leisten, denke ich, dass sie von der Aussicht auf eine ›60 Stunden plus‹-Arbeitswoche eher abgeschreckt sind als Männer, die vielleicht zu Hause eine Partnerin haben, die ihnen ›den Rücken freihält‹."

Das, betont Eisenlohr, seien jedoch Pauschalisierungen, die nur eine mögliche – vielleicht noch die häufigste – Konstellation schildern. "Damit möchte ich keinesfalls ein althergebrachtes Familienbild zementieren, sondern versuche nur, mögliche Ursachen für die wenigen Frauen in solchen Ämtern zu suchen."

Zweitens, so Eisenlohr, lassen sich Frauen möglicherweise leichter einschüchtern von Anfeindungen, "denen man im Amt gerade heute fast automatisch ausgesetzt ist".

Inwiefern werden Frauen anders gesehen?

Möglicherweise würden manche Eigenschaften eher Männern, andere eher Frauen zugeschrieben. Durchsetzungskraft oder Verhandlungsstärke könnten solch "eher männliche Eigenschaften" sein, so Eisenlohr. "Ob das stimmt, ist eine andere Sache." Sie erinnere sich an einen Wahlkampftermin im Gasthof Kreuz, "bei dem ein Mann zu mir sagte, er wähle gerne eine Frau, denn eine Frau könne ›mehr ziehen als eine Lokomotive‹; dieser Bürger hatte offenbar gute Erfahrungen mit mindestens einer sehr belastbaren und leistungsstarken Frau gemacht".

Menschen lernen durch Erfahrung und durch Vorbilder, weiß Eisenlohr. Deshalb sei es ihr wichtig, alle Mädchen und Jungen, die sich überlegen, vielleicht einmal dieses Amt auszuüben, zuzurufen: "Das kann funktionieren!" – und lädt ein, sie einen Tag als Praktikant zu begleiten.

Weshalb braucht es mehr Frauen im Amt?

"Generell finde ich es in einer Demokratie wichtig, dass entscheidende Gremien möglichst vielfältig und für die Bevölkerung repräsentativ besetzt sind", so Eisenlohr. Es gehe also nicht nur um mehr Frauen, sondern um mehr junge Menschen und mehr Menschen mit Migrationshintergrund, wenn diese Gruppe einen bedeutenden Teil der Bevölkerung ausmacht. "Wir brauchen verschiedene Berufsgruppen, Bildungshintergründe, Lebenssituationen. Dann spiegeln Entscheidungen am ehesten wider, was für die Mehrheit sinnvoll und gut ist. Ich werbe also eindeutig für mehr Diversität – auch im Gemeinderat."

Stößt man noch auf Klischees?

"Auch, wenn ich im persönlichen Kontakt mit Bürgern wesentlich mehr positive als negative Erfahrungen mache, so höre ich auch manchmal den einen oder anderen Spruch, den ich nicht gebraucht hätte – das ist dann meist, wenn jemand auf einem Fest schon zu tief ins Glas geschaut hat." Zum Glück komme das aber sehr, sehr selten vor "und ich kontere auch direkt und ohne Umschweife", so Eisenlohr.

Im Wahlkampf sei sie tatsächlich gefragt worden, "wie ich die Kinderbetreuung organisieren würde, wenn ich Kinder bekäme. Spannend fand ich, dass ich mich als kinderlose Kandidatin bewarb, meine Mitbewerber aber zusammen genommen schon neun Kinder hatten. Dass sie zur Betreuung gefragt wurden, habe ich nicht gehört."

Die Oberbürgermeisterin betont: Solches halte sie für Anlaufschwierigkeiten, weil es Menschen gibt, die Frauen in Führungspositionen noch nicht erlebt haben oder gewohnt sind. Das lasse sich nur ändern, indem Frauen diese Positionen übernehmen.

Wo herrschen de facto noch Ungleichheiten?

"Ich denke, dass der öffentliche Dienst durch seine transparente Besoldung beim Thema Gehaltsgleichheit sogar noch verhältnismäßig gut unterwegs ist", sagt Eisenlohr. In der Wirtschaft seien allein dadurch, dass das Gehalt Ergebnis einer Verhandlung ist, sicher weit höhere Ungleichheiten möglich. "Engagierte Frauen, denen eine gleiche Bezahlung wichtig ist, kann ich also nur ermutigen, in den öffentlichen Dienst zu kommen." Letztlich gelte: "Frauen wie Männer können alles sein, am Ende kommt es auf die individuelle Person mit ihren Fähigkeiten, Stärken und Werten an."