Das Spiel von AnnaMaria Tschopp (Rosa Schlatter, Mitte), Agnes Krähenbühl (Ärztin) und Judith Niethammer (Schwiegertochter Monika) geht unter die Haut. Foto: C. Moosmann Foto: Schwarzwälder-Bote

Zutiefst berührendes Theaterstück zum Thema Demenz / Zuschauer können selbst eingreifen

Von Carolin Moosmann

Fluorn-Winzeln. Es ist Essenszeit. Rosas Hand platscht in den Grießbrei und mit Genuss leckt sie sich die Finger ab. Ein Lätzchen wird ihr umgebunden. Doch diese Szene zeigt kein dreijähriges Kind. Man sieht vielmehr die demenzkranke Rosa beim Mittagessen im Pflegeheim. Und wem dann beim Eingreifen der genervten Pflegerin der Kragen zu platzen drohte, der durfte beherzt eingreifen und sich selbst in dieser Rolle versuchen.

Nicht zuletzt deshalb stieß am Freitagabend das Gastspiel des Theaters "Knotenpunkt" auf großes Interesse. Konedo, das Kompetenznetz Demenz Oberndorf und Umgebung, hatte die Züricher Theatergruppe eingeladen, um das Stück "Rosa ist reif" aufzuführen. Darin geht es um das Thema Demenz, eine Krankheit, die schleichend beginnt und am Ende Betroffenen und Angehörige hilflos und verunsichert zurücklässt.

Mittelpunkt des Stücks ist die demenzkranke Rosa, gefangen zwischen dem Verlust ihres alten Lebens und den Ängsten der Familie. Diese beobachtet ihr allmähliches Scheitern an Alltäglichkeiten mit Sorge. Wenn sie vergisst, die Herdplatte auszumachen, und die Wohnung dadurch fast Feuer fängt, dann ist das für Rosa Schusseligkeit, nicht mehr. Für die anderen jedoch ist es eine lebensbedrohliche Situation. Während Sohn und Schwiegertochter dem fortschreitenden Kontrollverlust der Mutter mit Verständnis und tatkräftiger Unterstützung begegnen, zieht sich Rosas Tochter durch Abwesenheit aus der Affäre. Doch nach und nach wandeln sich die Gefühle aller in Hilflosigkeit, Verzweiflung und Wut.

Aus der Ohnmacht der Angehörigen entsteht der Beschluss: Rosa braucht professionelle Betreuung. Ein Platz im Heim soll die Dame vor sich selbst und die Familie vor der Überforderung schützen. Doch auch das birgt neue Stolpersteine für Rosa auf ihrem Weg, würdig alt zu werden. Am Ende steht Rosas eindringlicher Wunsch: "Ich will heim." Dieser Wunsch ist nicht mehr erfüllbar und doch so verständlich.

Viele der hervorragend gespielten Szenen berührten das Publikum auf ganz besondere Art und Weise. Denn wie sich im zweiten Teil des Abends unter Leitung der Moderatorin Fra Zeller herausstellte, hatte ein Großteil des Publikums selbst beruflich oder privat mit dem Thema Pflege zu tun. Eben dieser interaktive Teil des Theaterabends gab allen Anwesenden die Möglichkeit, selbst in das Geschehen auf der Bühne einzugreifen und an den Stellen, die einem besonders negativ aufgefallen waren, nach Alternativen zu suchen.

Ein großes Kompliment darf jenen Zuschauern ausgesprochen werden, die sich auf die Bühne wagten, um gemeinsam mit den Schauspielern, die konsequent ihren Charakteren treu blieben, andere Lösungen auszuprobieren.

Die dabei entstehenden Anregungen waren wertvoll. Denn wie die Moderatorin Zeller anmerkte: "Man muss lernen, was sich da abspielt." An diesem Abend gab das Theater "Knotenpunkt" eindrucksvoll Gelegenheit dazu.