Die "alte Kirche" in Winzeln. Vor 150 Jahren wurde ihr Turm erhöht Foto: Moosmann Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Winzeln vor 150 Jahren / Langanhaltender Frost besorgt Landwirte

Fluorn-Winzeln. Der Winteranfang war schneereich, dagegen kam der Februar 1868 in Winzeln mild daher und lockte zu Feldgeschäften. Der März hingegen trat wieder rauer auf, und Schnee und Frost reichten bis in den April hinein.

Danach trat mildes Frühlingswetter ein, und die Frühjahrssaat konnte ausgebracht werden. Ein recht trockener Mai mit starkem Gewitterregen trieb die Feldgewächse rasch empor. Besonders der Graswuchs entwickelte sich schnell. Bereits am 29. Mai wurde Heu eingebracht. Die Heuernte fiel im Ganzen reichlich aus, auch der erste Kleeschnitt war überaus befriedigend. Die fortführende Trockenheit erzeugte indes nur eine halbe Dinkel-und Sommerfruchternte. Der Öhmdertrag war ganz gering, die Kartoffelernte sehr gut, die Flachsernte entsprechend gut. Dem Feldbau half die vielfache Anwendung künstlicher Düngemittel bedeutend auf. Bessere landwirtschaftlichen Geräte fanden immer stärker Eingang – so wurde eine Dreschmaschine mit Göpel angeschafft. Auch Strohschneidemaschinen kamen in den Ort.

Die Viehzucht "blühte im allgemeinen", indessen dauerte der Viehweidetrieb im Frühjahr in die Waldwiesen und im Herbst auf die Privatgüter immer noch fort.

Im Laufe des Sommers wurde der Kirchturm auf 60 Fuß (18,28 Meter) erhöht und der untere Teil ausgebessert. Das Langhaus der Kirche wurde schon 1787 durch Beiträge aus den zu Rottweil gehörigen Dorfschaften und Kollekten von Privaten um 20 Fuß ( 6,09 Meter) verlängert.

Die die Kirche umgebende Mauer war im Laufe der Zeit abgebrochen worden, da sie nicht zum Schutze eines Gottesackers diente. Denn bis zur Trennung von der "Mutterkirche" Waldmössingen wurden die Verstorbenen im Letzteren beerdigt. 1809 wurde am südlichen Rand von Winzeln ein eigener Gottesacker errichtet und – ungeachtet der vielen Auslagen der Gemeinde in diesem Jahr – vollends abgezahlt.

So kann gesagt werden, dass die Gemeinde seit dem Jahre 1858 an Schuldentilgung und Baukosten 100 000 Taler ausgab. Am 22. Oktober drohte ein Brandunglück: Ein sechsjähriger Bub zündelte mit Reibzündhölzern einen Haufen Reisig an, das Feuer ergriff das am Hause Noah Ott aufgehäufte Brennholz. Schnelle und rechtzeitige Tätigkeit meisterte das Feuer, ohne dass es größeren Schaden angerichtet hätte.

Auf Verbesserung der Wiesen im Wald richtete der Ortsvorsteher sein Augenmerk, und es wurde die Speckwiese durch Anordnung des Schultheißen Schweikert einer bedeutenden Verbesserung unterzogen. Auch Kompostverbreitung zum Düngen der Waldwiesen und damit bessere Futtererträge gab es. Ungeachtet der besseren Verhältnisse der Gemeinde und Privaten wanderten im Laufe des Jahres 1868 wieder acht Winzelner nach Amerika aus.