Tragende Teile wurden knapp verfehlt. Sonst hätte es Totalschaden gegeben. „Weil die betroffenen Teile auswechselbar sind“, so BFU-Sprecher Freitag, „werden die Flugzeuge als leicht beschädigt eingestuft.“
Wer hätte aber die gefährliche Begegnung erkennen müssen? Der Vorfall ruft wieder alte Kritiken auf den Plan, seit die Flughafen GmbH die Vorfeldkontrolle 2009 an die Deutsche Flugsicherung (DFS) abgegeben hat. Die Lotsen sitzen seither nicht mehr in Sichtnähe im Flughafengebäude, sondern am anderen Ende – im Tower in Filderstadt-Bernhausen. Und der ist genau 1,64 Kilometer von der Unfallstelle entfernt.
Offenbar kein Problem: „Die Fluglotsen sind nicht ausschließlich auf Sichtkontakt angewiesen“, sagt Flughafen-Sprecherin Beate Schleicher, „sie arbeiten zusätzlich mit Bodenradar.“ Diese moderne Technologie unterstütze an größeren Flughäfen das Lagebild der Fluglotsen. Es gebe „derzeit keinen Grund, etwas zu ändern“.
Doch warum wurde trotz Bodenradar die kritische Situation nicht erkannt? Uta Ludewig, Leiterin des Stuttgarter Towers bei der DFS, verweist darauf, dass der endgültige Untersuchungsbericht nicht vorliege: „Ein Ergebnis bezüglich Ursachen, Schlussfolgerungen und Empfehlungen bleibt abzuwarten.“
Eine Boeing 737 auf Abwegen
Die Endergebnisse der BFU abwarten will auch die Fluggesellschaft Sun-Express nach dem Unfall am 31. Juli, geführt unter Aktenzeichen 16-1061-5X. Eine Boeing 737 war nach dem Flug aus dem bulgarischen Varna vom Weg abgekommen – und beim Verlassen der Stuttgarter Landebahn in den Rasen neben dem Rollweg India geraten. Es gab weder Verletzte noch schwer wiegende Schäden – doch der Flughafen war mehrere Stunden blockiert. Passagiere mussten Verspätungen und Ausfälle hinnehmen.
„Es war das erste Flugzeug, das bei einsetzendem Regen gelandet war“, sagt Sun-Express-Sprecher Werner Claasen. Daher glaube man, dass Aquaplaning die wahrscheinlichste Ursache gewesen sei.
Doch vieles spricht dafür, dass womöglich der Pilot einen Fehler gemacht hat. Wie zu erfahren war, gab es offenbar keine Spuren, die ein rutschendes Flugzeug hinterlassen hätte. Die Maschine fuhr vom Rollweg India geradewegs einige Meter in die Wiese, ehe der Flugzeugführer die Bremse betätigte und nach wenigen Metern stehen blieb.
Hatte er kurz die Orientierung verloren? Der BFU-Sprecher hält sich hierzu bedeckt. Er sagt nur: „Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen.“
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