Ein schicksalhafter Tag für das Feuerwehrhaus Alpirsbach: Die Bürger entscheiden über den Standort des Neubaus. Foto: Fuchs

Der Bürgerentscheid zum Standort des neuen Feuerwehrhauses steht kurz bevor. Die Bürgerinitiative will die letzte Gelegenheit nutzen, mit Gerüchten und Halbwahrheiten aufzuräumen. Die Stadtverwaltung will das ebenfalls.

Alpirsbach - Das Rathaus werde schon mit Wahlbriefen überschwemmt, so Alpirsbachs Bürgermeister Michael Pfaff. Die öffentliche Debatte um das Thema Feuerwehrstandort habe sich so entwickelt, wie er es sich nicht gewünscht hätte: emotional und unsachlich.

"Ich denke, dass man die Bürger mit logischen Argumenten nicht mehr erreichen kann", befürchtet er. "Es ist enttäuschend, dass in der Diskussion so viele Behauptungen aufgestellt werden, die nicht belegt sind." Deswegen haben er und die Gemeinderäte Gerold Wein, Jaleh Mahabadi (beide FWV) und Thomas Römpp (SPD-Grüne-Frauenliste), die ebenfalls den Standort Bahnhof vertreten, keine Argumente mehr. Sie haben nur noch Fragen: "Erstens, wo ist für die Feuerwehr der Vorteil beim Standort Hetal?" Die Feuerwehr brauche schnell ein neues Haus. "Die Feuerwehr ist wie ein Esel, der einen Wagen zieht. Darin sitzt die Stadtverwaltung. Und sie hält eine Stange mit einer Karotte daran vor den Esel. Er läuft der Karotte immer hinterher und es ist kein Ende in Sicht. Genau so fühlt sich die Feuerwehr." Der Unmut wachse.

Und das Argument, die Bundesstraße sei beim Hetal-Gelände besser erreichbar, sei fragwürdig. Eine direkte Ausfahrt auf die Bundesstraße ohne Abtrennung sei gar nicht zulässig.

Fakten geprüft

"Zweite Frage: Welche Schritte muss die Gemeinde in die Wege leiten, damit Hetal schneller verfügbar ist? Ich denke, wir haben alles getan, was in unserer Hand lag", so Pfaff. Jetzt müsse man auf die Altlastenuntersuchung warten. Die sei frühestens Ende Januar fertig. Dann geht das Gutachten an den Hetal-Besitzer, danach an die Landesanstalt für Umwelt und erst zum Schluss an die Stadt. Dann könne man sich über den Kauf, die Altlastenbeseitigung und deren Preis Gedanken machen. Mit dem Förderantrag wird es jedenfalls nichts mehr bis Februar. Baubeginn sei allerfrühestens Februar 2024.

"Dritte Frage: Woher kommt diese enorme Diskrepanz bei den Argumenten?" Er finde es schade, dass die kürzlich erschienene Infobroschüre der Stadt von allen Seiten kritisiert werde. "Alle Fakten sind mit der Kommunalaufsicht rechtlich geprüft worden. Das alles kann die Verwaltung eins zu eins belegen", stellt Pfaff klar. Auch sei ihm vorgeworfen worden, er habe die Feuerwehr "mundtot gemacht". Rechtlich sehe die Vorgehensweise beim Bürgerentscheid vor, dass nur die beteiligten Parteien, also Stadtverwaltung und Bürgerinitiative, in der Broschüre Stellung beziehen. Es sei denn, beide Seiten sind einverstanden, dass sich darin auch eine dritte Partei äußere. In diesem Fall die Feuerwehr. Die andere Seite sei jedoch nicht dafür gewesen. Man habe sich geeinigt, dass die Feuerwehr in der Stellungnahme der Stadt vertreten sei. Nachdem die Feuerwehr auf Facebook doch selbst Stellung bezog, habe er sie lediglich gebeten, das zu unterlassen.

Dem Bürgermeister werde auch vorgehalten, dass er seine Meinung geändert habe. Oder dass er überhaupt eine habe. "Als Vertreter der Verwaltung bin ich neutral." Die Verwaltung habe die Faktenlage auch neutral dargestellt. "Als Gemeinderatsmitglied darf ich meine Meinung sagen", erklärt Pfaff. "Dass ich sie geändert habe, ist richtig. Zuvor war die zeitliche Schiene unklar. Als herauskam, dass der Bau am Bahnhof Anfang nächsten Jahres möglich ist, und am Standort Hetal erst 2024, habe ich mich natürlich für den Bahnhof ausgesprochen."

Zuletzt fragt Pfaff: "Warum sollte ein Feuerwehrhaus am Standort Bahnhof Mobilitätsentwicklung in der Stadt verhindern?" Parkplätze brauche es in der Innenstadt mehr als am Bahnhof. Und wenn am Bahnhof etwas anderes gebaut werde als das Feuerwehrhaus, seien die Parkplätze auch nicht mehr öffentlich.

Zum Thema Bushaltestellen: "Die fallen nicht weg. Die sind weiter vorne, Richtung Haus des Gastes." Nur eine werde in Parkplätze umgewandelt.Was aber in erster Linie für den Bahnhof spreche, so die vier unisono: Man wisse, was man bekomme. Bei Hetal wisse man nicht, wann, wo und zu welchem Preis das Gerätehaus realisierbar sei.

Auch die Bürgerinitiative, vertreten durch Werner Heinzelmann, Markus Sitzler und Kurt Kalmbach, ist enttäuscht über die Unsachlichkeit in der Diskussion. Und woher kommt die Diskrepanz bei den Sichtweisen? "Weil es viele Argumente für beide Seiten gibt", so Sitzler. "Und weil beim Bahnhof viel schöngeredet wird." Die drei beziehen sich auf Leserbriefe der vergangenen Wochen. Viele davon seien von Mitgliedern der Feuerwehr gekommen. Und für die zähle nur eins: "Sie denken, dass es am Bahnhof schneller geht." Dass ein Baustart im Februar möglich ist, sei fragwürdig. Die Nachbarn haben Einsprüche angekündigt, so Kalmbach. Auch liege kein Bebauungsplan vor. Den gebe es beim Hetal-Areal zwar auch nicht. "Aber wir haben auch nicht gesagt, dass es bei Hetal schneller geht", so Sitzler. "Aber dass die Fakten beim Bahnhof schöngeredet werden, stört uns."

Die Bürgerinitiative, so Heinzelmann, wisse, dass bei Hetal Bohrungen vorgenommen werden. Jetzt scheine etwas voranzugehen. Das Landratsamt sei involviert, habe die Firma Würth mitgeteilt. Dass die Kosten am Bahnhof geringer ausfallen, sei nur "ein Scheinargument". Hetal werde so oder so gekauft. "Der Beschluss besteht ja", merkt Kalmbach an. Verloren seien am Bahnhof bisher lediglich die Planungskosten.

Der wichtigste Grund, den Bahnhof zu erhalten, sei ein Stadtentwicklungsplan, der schon bald im Gemeinderat diskutiert werde. Darin gehe es darum, einen "Mobilitätsknotenpunkt zu entwickeln". Und wo solle das geschehen, wenn nicht am Bahnhof, fragen sich die drei.

In Hinsicht auf die Elektro-Mobilität, die nach Ladestellen verlange, dem Fehlen von Fahrrad-Parkplätzen, Parkplätzen für Pendler, Toiletten am Bahnhof und dem möglichen Ausbau des Busbahnhofs sei klar, dass das alles Platz brauche. "Besonders in ländlichen Regionen ist der Ausbau der Infrastruktur ein wesentlicher Punkt", sagt Kalmbach. "Alle anderen Städte bauen ihre Bahnhöfe aus. Und wir bauen ihn zu."

Aber was spricht für die Feuerwehr für das Hetal-Gelände? "Dass dort mehr Platz ist", meint Sitzler. "Dort könnten die Fahrzeuge von einer Halle aus gemeinsam starten. Ich habe noch nie ein Feuerwehrhaus in Hufeisenform gesehen." Es werde seine Gründe haben, dass man das sonst nicht mache. Außerdem sei das Hetal-Gelände im Feuerwehrbedarfsplan selbst als bester Standort ausgewiesen gewesen.

Zu Neutralität verpflichtet

Warum sich die Bürgerinitiative dann dagegen ausgesprochen habe, dass die Feuerwehr in der Info-Broschüre selbst Stellung beziehe? "Wir haben nur darauf hingewiesen, dass die Stellungnahme der Feuerwehr in der der Stadt enthalten sein sollte", so Kalmbach. "Der Entscheid hat mit der Feuerwehr auch nichts zu tun", fügt Sitzler hinzu. "Es ist ein Bürgerentscheid. Die Bahn nebenan wird ja auch nicht gefragt, was sie von dem Standort hält. Die Feuerwehr hat nicht zu interessieren, wo ihr neues Haus steht, sondern nur, dass sie eins bekommt." Wer in einem Büro arbeite, dürfe ja auch nicht mitreden, wo es stehe. "Wir zweifeln nicht an, dass die Feuerwehr ein neues Haus braucht", so Heinzelmann. "Und das hat sie nach der langen Zeit auch verdient. Aber das wurde jetzt schon zig Jahre vergeigt. Und dafür konnten wir als Bürgerinitiative nichts." Auf ein halbes Jahr, so Sitzler, komme es nun auch nicht mehr an.

Und was sagt die Feuerwehr selbst dazu? "Auf drängen der Bürgerinitiative und Teilen des Gemeinderats wurden wir, die Feuerwehr, zur Neutralität in der Öffentlichkeit aufgefordert und dürfen somit öffentlich keine Stellung zu dem ganzen Thema nehmen", teilt die Freiwillige Feuerwehr Alpirsbach mit. Dennoch ist Markus Kohler auf Anfrage unserer Redaktion bereit, seine persönliche Meinung zu sagen. Er spricht als Markus Kohler, nicht als Kommandant der Feuerwehr.

"Die Stimmung ist gedrückt, da die Gefahr eines erneuten Rückschlags vorhanden ist", erklärt er. "Bei einer Entscheidung gegen den Standort Bahnhof stehen wir wieder vor dem Nichts." Die Zeitschiene am Standort Hetal sei absolut unklar. "Wann dort ein Feuerwehrhaus errichtet werden kann, steht in den Sternen. Und der Bürgerentscheid ist für die kommenden drei Jahre bindend. Ich hoffe auf die Vernunft der Bürger und damit auf einen Rückhalt aus der Bevölkerung." Wie es weitergehen soll? Er erwarte von der Bürgerinitiative und dem Gemeinderat, dass der Neubau des Feuerwehrhauses binnen kürzester Zeit und mit höchster Priorität umgesetzt werde, so Kohler. Und bis dahin hoffe er, "dass trotz der großen Unfallgefahren und Risiken im jetzigen Feuerwehrhaus alle Kameraden weiter zur Stange halten."