Eingriff am wichtigsten Muskel des Menschen: Bypass-Operationen am Herzen sind mittlerweile Routine – und werden nun sogar fürs Fernsehen aufbereitet. Foto: SWR

Der Südwestrundfunk zeigt zur besten Sendezeit eine Herzoperation aus der Tübinger Uniklinik.

Tübingen - Muss man als Fernsehzuschauer dabei sein, wenn Chirurgen das Skalpell ansetzen, noch dazu am Herzen? Eine Gratwanderung zwischen Information und Voyeurismus. Aber spannend.

In Deutschland leiden etwa eine Million Menschen an der koronaren Herzkrankheit, das heißt an einer durch Ablagerungen (Arteriosklerose) verursachten Verengung der Herzkranzgefäße. Im schlimmsten Fall droht dann ein Herzinfarkt. Doch so weit muss es nicht kommen – eine sogenannte Bypass-Operation, bei der die geschädigten Gefäße des Patienten mit körpereigenem Material überbrückt werden, ist heutzutage ein Routineeingriff, wenn auch nicht ohne Risiken.

Wie eine solche Gefäßreparatur vor sich geht, das kann man sich in epischer Breite am morgigen Mittwoch im Fernsehen anschauen: Auf dem OP-Tisch liegt ein 60-jähriger Herzpatient. Ihm werden in der Uniklinik Tübingen in einer viereinhalbstündigen Operation aus einem Arm Arterienstücke entnommen und damit die Herzkranzgefäße wieder in Schuss gebracht.

Das Herz des Patienten muss dazu stillgelegt, eine Herz-Lungen-Maschine während der Operation eingesetzt werden. Sie versorgt den Körper mit sauerstoffreichem Blut, der Operateur kann die Bypässe unter optimalen Bedingungen an den Kranzgefäßen anschließen.

Bei dem Beitrag handelt es sich um eine Aufzeichnung, die, auf 90 Minuten zusammengeschnitten, von einem Herzexperten kommentiert und von »Tagesschau«-Sprecherin Susanne Holst präsentiert wird. Eine Premiere: Laut Sender ist dies die erste Herz-OP, die im deutschen Fernsehen gezeigt wird. Dennoch stellt sich die Frage, was der medizinische Laie von einem solchen doch recht unmittelbaren Einblick in das Handwerk der Chirurgen hat.

Professor Claude Krier, Klinischer Direktor des Klinikums Stuttgart, schätzt diese Art der Patientenaufklärung generell positiv ein – allerdings mit Einschränkungen: »Es ist grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, wenn Patienten seriös und über verschiedene Medien informiert werden.« Man müsse jedoch aufpassen, dass man nicht ins Voyeuristische abgleite, »davon gehe ich aber in diesem Fall nicht aus«. Krier: »Der Patient ist ja kein Objekt, er soll mitentscheiden.« Ob allerdings jeder, der eine solche Doku anschaue, danach einen solchen Eingriff auch tatsächlich bei sich machen lassen wolle, sei fraglich.

Denn Blut zu sehen, auch wenn es nicht in Strömen fließt und der Bildschirm Distanz schafft, ist nicht jedermanns Sache. Weniger zartbesaitete Naturen haben jedoch die Möglichkeit mitzuerleben, wie präzise und filigran Herzchirurgen arbeiten – und das kann durchaus sehr spannend sein. Lebenserwartung und Lebensqualität der Patienten werden durch eine Bypass-Operation in der Regel langfristig verbessert.

Auch bei dem Patienten aus der SWR-Dokumentation. Dessen Genesungsprozess wird anschließend in einer 15-minütigen Reportage gezeigt. Tröstlich zu sehen: Es geht ihm gut.

Weitere Informationen:

SWR, Mittwoch 20.15 und 22 Uhr