Trainer Felix Magath trifft mit dem VfL Wolfsburg am Foto: dpa

Felix Magath über die Lage seiner Mannschaft, seinen Arbeitsstil und seinen Ex-Club VfB Stuttgart.

Stuttgart -
Guten Tag, Herr Magath. Haben Sie die Weihnachtsgeschenke für Ihre Familie schon beisammen?

(seufzt) Oje. Da sprechen Sie einen wunden Punkt an. Nein, dazu bin ich noch nicht gekommen.

Von Weihnachten ist in Wolfsburg auch nicht die Rede, eher von einer schönen Bescherung.
Da haben Sie recht. Das habe ich mir auch anders vorgestellt.

Was ist schiefgelaufen?
Als ich in Wolfsburg ging, waren wir Meister und hatten die zweitjüngste Mannschaft der Liga. Alle Spieler waren vertraglich noch gebunden. In der darauffolgenden Saison hat es gerade noch zu Rang acht gereicht. Und in der vergangenen Spielzeit wurde ich geholt, weil der VfL in Abstiegsgefahr schwebte . . .

. . . Sie konnten ihn gerade noch verhindern.
Ja, aber das zeigt doch ganz klar: In eineinhalb Jahren muss ziemlich viel durcheinandergeraten sein.

Sie sollten die Ordnung wieder herstellen, weshalb Sie den Kader umgekrempelt haben. Bisher ohne Erfolg.
Ich habe einige Spieler aus dem Meisterjahr als Grundstock behalten und Spieler dazu geholt, die die Bundesliga kennen. Ich dachte, das reicht als Fundament, um in der Liga wieder gut mitspielen zu können. Ich habe mich getäuscht, es dauert zumindest länger, als ich gedacht habe.

Das kennt man gar nicht von Ihnen.
Es war mehr durcheinander als ich dachte.

Sie haben unter anderem Christian Träsch vom VfB Stuttgart geholt, dazu die Frankfurter Patrick Ochs , Marco Russ und Chris. Das sind doch keine heurigen Hasen.
Da müssen Sie jeden einzeln betrachten.

Bitte, gern!
Christian Träsch zum Beispiel. Er ist beim VfB Stuttgart groß rausgekommen und kam als Nationalspieler zu uns. Er ist ein wunderbarer Spieler, setzt sich aber selbst zu sehr unter Druck. Keine Frage: Er ist zurzeit nicht in Topform.

Und wo liegt das Problem bei Chris?
Er war über ein Jahr lang verletzt. Er spielt gut, er ist aber noch nicht richtig fit, und ihm fehlt noch die Spielpraxis. Russ und Ochs haben bisher nur in Frankfurt gespielt. Ein Orts- und Vereinswechsel ist für beide was Neues. Manchmal dauert es eben Monate, bis sich solche Spieler umgewöhnt haben.

„Der VfB wird weiter oben landen“


Sie haben diese Einflüsse offenbar unterschätzt?
Was heißt unterschätzt. Es gab hier eben ein Problemfeld mit teuren Spielern wie Diego und Simon Kjaer, die nicht die erhoffte Leistung brachten. Sie haben den Verein aber erst am Ende der Transferperiode verlassen. Auch das hat dazu beigetragen, dass wir noch keine funktionierende Einheit sind.

Das ist untertrieben. Beim 1:4 gegen Bremen haben die Wölfe ohne Abwehr gespielt.
Das zieht sich schon durch die gesamte Vorrunde. Manchmal hören wir mit dem Verteidigen plötzlich auf. Das führt zu Gegentoren, die wir nicht mehr wettmachen können.

Ist das ein Qualitätsproblem oder eine mentale Sperre in den Köpfen?
Die Mannschaft war ja schon in der vergangenen Saison keine Einheit. Die älteren Spieler schleppen diese Probleme noch mit und können die jungen deshalb nicht ausreichend führen. Angesichts dieser Probleme war die Vorbereitungszeit zu kurz. Uns fehlen Harmonie und Kompaktheit . . .

. . . und das Selbstvertrauen.
Wenn die Ergebnisse nicht stimmen, ist das eine logische Folge.

Die Leihgabe Alexander Hleb war da offenbar nicht besonders hilfreich.
Er hat ohne Zweifel seine spielerischen Qualitäten. Durch seine Knieverletzung wurde er aber zu spät fit. Es war ein Versuch, es hat nicht funktioniert.

Patrick Helmes war zeitweilig beim VfB im Gespräch. Gab es Kontakte zu Fredi Bobic?
Nicht dass ich wüsste.

Würden Sie ihn denn ziehen lassen?
Ich arbeite nur mit Spielern, die sich zu hundert Prozent mit ihrem Verein identifizieren. Wenn er kommt und sagt, er hat was Besseres gefunden, werde ich mich mit ihm zusammensetzen.

Sie trainieren knallhart, reden wenig mit den Spielern. Ist Ihr Arbeitsstil nicht überholt?
Können Sie sich noch erinnern , wo der VfB Stuttgart im Jahr 2001 stand, als die Rechnungen nur bezahlt wurden, wenn es die Bank abgenickt hat?

Mit dem Rücken zur Wand.
Sehen Sie, und in diesen Situationen hat sich noch nie jemand über meinen Arbeitsstil beschwert. Seit ich 2001 den VfB vor dem Abstieg bewahrt und später in die Champions League geführt habe, geht es dem VfB doch wieder gut. Damals wurden die Grundlagen gelegt, von denen der Verein bis heute profitiert. Als ich mit dem VfL Wolfsburg Meister geworden bin, hat sich auch niemand beschwert. Beim FC Schalke hat man zwar irgendwie verdrängt, dass die Mannschaft Vizemeister wurde, in der Champions League bis ins Halbfinale kam und den DFB-Pokal gewann, wenigstens hat man aber verlautbart, dass in den vergangenen beiden Jahren 35 Millionen an Verbindlichkeiten abgebaut wurden.

Sie bleiben sich demnach treu.
Das Thema wird immer gern gespielt, wenn die Ergebnisse nicht stimmen. Aber ich bleibe da sehr gelassen.

Sehen das die VfL-Bosse genauso?
Davon bin ich überzeugt. Die Gremien teilen meine Sichtweise. Wir werden in der Rückrunde anders auftreten und die Kurve nach oben kriegen.

Haben Sie noch Kontakte nach Stuttgart?
Dadurch, dass ich oft wechsle, muss ich mich jedes Mal neu orientieren. Da bleibt kaum Zeit, um alte Kontakte zu pflegen.

Wie schätzen Sie die Situation beim VfB Stuttgart ein?
Auch beim VfB ist die Lage nach der Meisterschaft 2007 schwieriger geworden. Ähnlich wie bei uns. Im Grunde sucht man ja auch in Stuttgart seitdem nach einer Linie. Die Mannschaft war fast über die ganze Hinrunde mit oben dran. Diese Chance wird der VfB auch wieder in der Rückrunde haben. Es ist alles sehr eng beieinander. Weder der VfB noch der VfL Wolfsburg werden am Ende der Saison dort landen, wo sie zurzeit stehen.

Weiter oben?
Na, klar!

Herr Magath, was wünschen Sie sich zu Weihnachten.
(lacht) Punkte!