Im Kampf gegen Feinstaubpartikel, die Stuttgarts Luft gefährlich belasten, soll jetzt auch eine Art Klebemittel helfen.

Stuttgart - Im Kampf gegen Feinstaubpartikel, die Stuttgarts Luft gefährlich belasten, soll jetzt auch eine Art Klebemittel helfen. Von Dienstag an wollen die Stadt und das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart damit versuchsweise die B14 beim Feinstaub-Brennpunkt Neckartor besprühen lassen. Das soll bewirken, dass die auf der Straße abgelagerten Partikel nicht von den Autos in die Luft gewirbelt werden und dass weniger neue Partikel durch Reifenabrieb entstehen.

"Achtung Schleudergefahr" werden deswegen Schilder vor der B-14-Teststrecke zwischen der ADAC-Geschäftsstelle am Neckartor und dem Heinrich-Baumann-Steg in der Cannstatter Straße die Autofahrer warnen. Das ist eine vorsorgliche Maßnahme. In Österreich steht das Calcium-Magnesium-Acetat (CMA) in Verdacht, für die Autos die Rutschgefahr zu erhöhen. Derartige Sicherheitsbedenken, deretwegen der österreichische Automobilclub ÖAMTC zu Tempo-30-Geboten riet, teilt das RP nicht. Aus Deutschland gebe es andere Erkenntnisse. Daher werde es bei dem Versuch auch kein anderes Tempolimit geben, als jenes, das dort üblicherweise gilt: zurzeit Tempo 60, vom 1. März an aber Tempo 50, wie es in einem Paket mit Zusatzmaßnahmen zum Aktionsplan gegen Feinstaub und Stickstoffdioxid vorgesehen ist.

Auch der ADAC Deutschland sorgt sich nicht sehr um die Verkehrssicherheit, wenngleich die Reifenhaftung wie immer auf nassen Straßen geringer sei als sonst. Man müsse aber beobachten, ob getrocknete Acetat-Rückstände nicht selbst zum Feinstaubproblem werden und "wo das Zeug landet". ADAC-Sprecher Maximilian Maurer: "Man kann ja einen Versuch machen, aber man muss aufpassen, dass man nicht den Teufel mit Beelzebub austreibt."

Obwohl auch die Stadtverwaltung skeptisch ist, muss sie den Versuch umsetzen und bezahlen. Das Bindemittel kostet rund 10000 Euro. Bis Ende Februar oder Anfang März soll der Abfallwirtschaftsbetrieb AWS, der auch für den Winterdienst zuständig ist, es sprühen – alle zwei Tage frühmorgens, ehe der Berufsverkehr einsetzt. Dazu werden etwas veränderte Streufahrzeuge eingesetzt. Der Essiggeruch, den man dann wahrnehmen werde, sei nicht gesundheitsschädlich, erklärte die Verwaltung. Auch Rostfraß an Autos sei nicht zu befürchten.

Die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz soll während des Versuchs ermitteln, ob die Messwerte zurückgehen. Anderswo sei dies der Fall gewesen, sagt RP-Sprecher Peter Zaar. Aus Klagenfurt wird ein Rückgang um drei Mikrogramm berichtet. Das würde am Neckartor zwar bei weitem nicht die dauerhafte Unterschreitung des Grenzwerts ermöglichen, könnte aber ein kleiner Beitrag sein. Sollte der Versuch Erfolg haben, würde künftig immer im Winterhalbjahr gesprüht, sagte Zaar. Dann sei die Feinstaubbelastung besonders hoch, und durch Inversionswetterlagen komme manchmal auch noch der Luftaustausch im Talkessel zum Erliegen.