Auf diesen Schanzen im Faluner "Riksskidstadion" werden die Medaillen vergeben – und die Gastgeber werden leer ausgehen. Foto: Palm

Ski nordisch: Schwedens Spring-Jammer. Kaum Medaillenchancen auf den Schanzen im Faluner "Riksskidstadion".

Schön liegen sie da, die beiden Schanzen im nordischen Sportzentrum "Riksskidstadion" im schwedischen Falun, wo am Mittwochabend (19 Uhr) die Eröffnungsfeier der nordischen Ski-WM über die Bühne gehen wird.

Die Lugnet-Schanzen, auf denen Severin Freund seine Mission "WM-Gold" am kommenden Samstag (16.30 Uhr/ARD) auf der Normalschanze und am Donnerstag der Folgewoche (17 Uhr/ZDF) auf der Großschanze in Angriff nehmen wird, wurden für die vorletzte Ski-WM in Falun 1974 erbaut. Hier feierte Hans-Georg Aschenbach aus Brotterode den doppelten WM-Triumph.

Bei der nächsten Falun-WM 1993, bei der es nur eine Brozemedaille des Kombinierer-Teams zu bejubeln gab, gingen die deutschen Springer leer aus – was sich im Nachhinein als Glück erwies. Denn Dieter Thoma reiste nach seinem 53. Platz vorzeitig ab, und Jens Weißflog wollte frustriert vom 40. Platz seine Springski endgültig an den Auslauf-Torbogen nageln. Der sportliche Misserfolg und die zerrissene Mannschaft kostete Bundestrainer Rudi Tusch und seinen Assistenten Walter Hofer – heute Fis-Skisprungdirektor – die Jobs. Nachfolger wurde kein Geringerer als Junioren-Chef Reinhard Heß, unter dem der Erfolg schon ein Jahr später zurückkehrte: Olympia-Gold für Weißflog und das Team, Bronze für Thoma.

Solche Geschichten können sich die schwedischen Skispringer auch erzählen. Denn ihr Held Jan Mauritz Boklöv hat nicht weniger als das Skispringen revolutioniert. Infolge eines Absprungfehlers im Training in Falun fiel dem eigentlich mittelmäßigen Skispringer 1988 auf, dass ihn der Wind wesentlich weiter trägt, wenn er die Ski vom Körper wegspreizt, statt sie parallel zu lassen – der V-Stil war erfunden, der seinem Schöpfer nur so lange Erfolg brachte, wie er nicht kopiert wurde. Ab 1990 stellten aber alle auf den V-Stil um, ab 1992 gab es keinen Punktabzug mehr für diesen Stil. Und Böklov war nur noch Mittelmaß.

Davon sind Schwedens Skispringer derzeit meilenweit entfernt. Christian Inngjerdingen, der beste unter den Springern der WM-Gastgeber, hat als Top-Ergebnis dieser Saison Platz 25 aufzubieten – und zwar im Januar in Sapporo. Nur leider nicht beim Weltcup, sondern im zweitklassigen Continental Cup, auf deren Saisonwertung der Schwede Platz 108 einnimmt. In dieser Form ist er auf Augenhöhe mit den Springern aus der Türkei und Rumänien.

Diese Situation ist schon jammervoll genug, doch bei den Kombinierern sieht es noch schlimmer aus: Es gibt keinen einzigen schwedischen Skizweikämpfer, der international startet.

So hoffen die Gastgeber ausschließlich darauf, dass ihre starken Langläufer im Zweikampf mit den norwegischen Nachbarn die Kohlen aus dem Feuer holen und die Nationalehre retten. Realistisch gesehen ist aber auch da Gold schon sehr schwer zu erreichen. Langlauf-Legende Thomas Wassberg ist Realist: "Die Norweger um Petter Northug sind die Favoriten."

Zurück zum Skispringen: Während die Gastgeber im Tal der Tränen verharren, hat Bundestrainer Werner Schuster ein Luxusproblem: "Aus sechs Nominierten mach’ vier Starter." Erstes Opfer ist Michael Neumayer, der erst zur zweiten Woche anreisen darf. "Für mich ist er in der Hierarchie die Nummer sechs", stellte Schuster klar, der dem Berchtesgadener aber auf der großen Schanze "eine faire Chance" einräumen will.