Der Angeklagte hatte am 12. Juli 2020 bei einer Kontrolle in der Gartenhütte vier Polizisten gezwungen, die Dienstpistolen abzulegen, und war damit geflüchtet. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Absprache mit dem Angeklagten sei nicht eingehalten worden. Urteil im Februar erwartet.

Im Zentrum des zweiten Verhandlungstags im Fall des "Waldläufers" Yves R.s stand das Verhalten der vier Beamten bei der Polizeikontrolle in Oppenau (Ortenaukreis) am 12. Juli. Dieses hatte bereits im Sommer zu Diskussionen geführt: Wie hatte die Situation so eskalieren können? Wurden Fehler gemacht?

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Offenburg/Oppenau - Die Anklage wirft dem mittlerweile 32-jährigen Yves R. unter anderem Geiselnahme sowie gefährliche Körperverletzung vor. Mit einer Schreckschusswaffe soll er am 12. Juli vier Beamte gezwungen haben, ihm ihre Pistolen auszuhändigen. Mit den Waffen flüchtete er in den Wald. Erst am sechsten Tag seiner Flucht wurde R. gefasst. Die Vorwürfe hatte er beim Prozessauftakt größtenteils eingeräumt.

Beamter bedroht R.

Die Polizeibeamten hätten absolut richtig gehandelt, hieß es im Sommer vom Polizeipräsidium Offenburg. Am Freitag wurde deutlich, dass die beiden Verteidiger das nicht uneingeschränkt gelten lassen wollen. Kritische Fragen musste vor allem der Beamte beantworten, der von Yves R. vergangene Woche in einer Erklärung als "herablassend" beschrieben worden war. Er habe sich durch dessen "Sticheleien" provoziert gefühlt, so R. Während der Einsatzleiter vor der Hütte mit der Zentrale sprach, habe er eigenständig mit einem zweiten Kollegen entschieden, die Durchsuchung an Yves R. vorzunehmen, erklärt der Polizeibeamte auf Nachfrage der Verteidigung. R. habe das abgelehnt, der Beamte ihm daraufhin gedroht, ihn dann eben herausholen zu müssen.

Als die beiden Beamten sich auf ihn zubewegten, sei die Situation eskaliert – so der Tenor der Zeugenaussagen. Der Angeklagte hatte bereits vergangene Woche erklärt, dass er Angst gehabt habe, festgenommen zu werden – für R. eine Horrorvorstellung. R. sei nicht erklärt worden, warum er durchsucht werden solle, so die Verteidigung. Die Körperkontrolle zu diesem Zeitpunkt habe zudem gegen eine vorherige Absprache verstoßen

Urteil für den 19. Februar erwartet

Zunächst sei R.s Rucksack durchsucht worden, schilderte der Einsatzleiter. R. habe vorgeschlagen, sich selbst durchsuchen zu lassen, sobald er diesen wiederbekomme. Um zu deeskalieren habe er sich darauf eingelassen, sagte der Einsatzleiter. Er sei daraufhin vor die Tür, um mit dem Rucksack zu helfen. Eine Absprache über das weitere Vorgehen habe es unter den Polizisten nicht gegeben.

Der nächste Verhandlungstermin findet als "Kurztermin" am Dienstag, 9. Februar, statt. Ein Urteil wird für den 19. Februar erwartet.