Ein Bild mit Seltenheitswert aus den 1950er-Jahren: Die Eutinger und die Weitinger Musiker schlossen sich bei einem Festzug zur "Festkapelle Eutingen-Weitingen" zusammen. Als Dirigent zu sehen ist Thomas Bengel, der große Trompeter vorne rechts ist Eugen Raible, späterer zweiter Vorsitzender und Musikeroriginal. Archiv-Foto: Mattenschlager Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: "Don Leone" hilft Verein schwierige Zeit zu überstehen / Aus der Historie des Musikvereins Weitingen – Teil 2

Seit mindestens 160 Jahren wird die Blasmusik in Weitingen gepflegt. Im ersten Teil des Blicks in die Vereinsgeschichte berichtete unsere Zeitung über die Zeit von den 1850er-Jahren bis zum ersten Weltkrieg. Nun werden die turbulenten Zeiten von 1925 bis in die 1990er-Jahre beleuchtet.

Eutingen-Weitingen. Nach den Wirren des Ersten Weltkriegs ging es auch beim Musikverein recht ungeordnet zu. 1925 konstituierte sich der Verein neu. Als Vorsitzender wurde Schultheiß Adrian Saile, als stellvertretender Vorsitzender Bäckermeister Karl Bernhard und als Schriftführer Schneidermeister Karl Gfrörer senior gewählt. 1927 ging das Amt des Vorsitzenden auf Karl Bernhard über, dieser stand bis 1933 an der Spitze des Vereins. Abgelöst wurde er von Matthias Schmid.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Musikverein bei einer Versammlung im Januar 1947 im Vereinslokal Blume offiziell wiedergegründet. Für diese Versammlung war, wie es das Protokollbuch vermerkt, die Genehmigung der Militärregierung erforderlich. Vorsitzender wurde Felix Bok, Kassierer Vinzenz Pekari und Karl Gfrörer senior stellvertretender Vorsitzender und Schriftführer.

Die folgenden Jahre waren von einem andauernden Wechsel an der Vereinsspitze geprägt. Vorsitzende waren jeweils für kürzere Dauer Gotthard Biener (4. bis 19. März 1949) und Bürgermeister Anton Raible (19. März 1949 bis 1951). Matthias Schmid war wieder Vorstand von 1951 bis 1953. Hans Nägele (verstorbener Bezirksnotar, Ortsvorsteher und Bundes- und Landesschriftführer des Bundes Deutscher Blas- und Volksmusikverbände) leitete den Verein von 1953 bis 1956. Anschließend war Matthias Schmid erneut an der Spitze des Vereins.

1967 Gründung einer großen Jugendkapelle

1958 konnte das 100-jährige Vereinsbestehen, verbunden mit dem Kreismusikfest des Oberen Kreises Neckar-Alb mit 33 Gastkapellen gefeiert werden. Von Januar bis März 1963 war H.-J. Keßler Vorsitzender, von 1964 bis 1965 Matthias Schmids Sohn Hubert Schmid und von 1965 bis 1967 Anton Sailer. In Folge der dauernden Unruhen fiel die Kapelle allmählich auseinander.

Mit Roland Mattenschlager als neuem Vorsitzenden wurde 1967 ein Neubeginn von unten gewagt und unter der Leitung von Musikdirektor Gottlob Rometsch eine über 60 Mitglieder starke Jugendkapelle aufgebaut. Es kehrte langsam wieder Ruhe ein, musikalisch stand intensive Jugendausbildung im Fokus. 1968 konnte das 110-jährige Bestehen verbunden mit dem ersten Jugendmusikertreffen des Bezirks Neckar-Alb gefeiert werden. Es kam neben 50 Gastkapellen, darunter unter anderem Musiker aus Pamiers (Südfrankreich) und Mosbach (Baden), auch das Fernsehen – damals "auf dem Land" noch fast eine Sensation.

Die Hoffnung auf eine dauerhafte Konsolidierung des Vereins sollte jedoch bald zerstört werden. Der plötzliche Tod des damals erst 44-jährigen Roland Mattenschlager im Sommer 1969 leitete eine neue Krise ein. Nach dem zehntägigen Gegenbesuch in Pamiers zerfiel die 66-köpfige Jugendkapelle zusehends, und auch Mitbegründer Musikdirektor Gottlob Rometsch musste bald seinen Dienst in Weitingen aufgeben. Der 1969 neu gewählte Bürgermeister Norbert Scheurer übernahm zur Notrettung das Amt des Vereinsvorsitzenden, das Hubert Schmid in der Zwischenzeit kommissarisch ausgeübt hatte.

1971 übernahm Weitingens damaliger Pfarrer Leo Rupp den Vorsitz im recht desolaten Musikverein und schaffte es, ihn über die Runden zu bringen. Zahlreiche Anekdoten über "Don Leone" kursieren bis heute im Gäu, denn nicht nur von der stattlichen Statur her erinnerte Rupp an den aus Filmen bekannten italienischen Geistlichen.

Dem unvergessenen Pfarrer Rupp verdankt der Musikverein neben dem Weiterbestehen auch das Probelokal im Untergeschoss der Schule, das er der damals selbstständigen Gemeinde erfolgreich abtrotzte. Bis zu seinem Tod hielt Rupp der Weitinger Musik und der Fasnet die Treue. Bevor der Pfarrer 1975 infolge seines Ortswechsels nach Weil im Schönbuch seinen Vorstandsposten aufgeben musste, war es ihm noch gelungen, als neuen Dirigenten Rainer Jauch aus Wittershausen zu gewinnen, der bis 1983 die Kapelle leitete.

Die Zeit von 1975 bis zur Jahrtausendwende

Ebenfalls 1975 übernahm Gebhard Fischer das Amt des ersten Vorsitzenden, das er mit großem Erfolg und viel Engagement bis zum Jahr 1993 führte. Von Anfang an hat er auf die Jugend gesetzt, zu Beginn seiner Amtszeit war ein guter Teil seiner Vorstands- und Ausschussmitglieder noch weit unter der Volljährigkeit. Durch Gebhard Fischers Führung wurde dem Verein neben erfolgreicher musikalischer Arbeit auch eine gesunde wirtschaftliche Grundlage gegeben, unter anderem mit der alljährlichen Schulhof-Hockete, dem Vorläufer des heutigen Weißbiergartens.

1994 übergab Gebhard Fischer das Amt des Vorsitzenden an Edgar Schmid, der den Verein bis weit ins 21. Jahrtausend führte. Gebhard Fischer (heute 80) wurde ebenso wie der inzwischen verstorbene Pfarrer Leo Rupp zum Ehrenvorsitzenden des Vereins ernannt.

 Bei diesem Text handelt es sich um den zweiten von drei Teilen. Der dritte Teil folgt demnächst.