Seinen 80. Geburtstag feiert Kazım Celik heute. Foto: Feinler Foto: Schwarzwälder Bote

Geburtstag: Kazım Celik wird heute 80 Jahre alt / Gelebte Integration seit über 50 Jahren / Großer Rückhalt für seine Familie

Kazım Celik feiert heute seinen 80. Geburtstag in Eutingen. Der gebürtige Türke blickt auf 50 Jahre gelebte Integration in Deutschland zurück.

Eutingen. Als zweitjüngstes von sieben Kindern von Serfinaz und Ali Celik wurde Kazım Celik am 14. Juni 1939 geboren. Das Dorf hieß damals noch Kursan und wurde später zu Findikli Köy umbenannt. Der Ort liegt in der Osttürkei, etwa 90 Kilometer entfernt von Erzincan.

In Kursan besuchte Kazim Celik die Grundschule und erlernte dann den Beruf des Maurers. "Damals hat jeder das gelernt, wo er gut darin war", erinnert sich Kazım Celik, dass sein Vater Maurer war und er daher den Beruf ebenfalls ergriffen hatte. Eine Zeit lang arbeitete er in Istanbul. In Deutschland wurden Maurer gesucht, sodass Celik 1969 nach Stuttgart, Bad Cannstatt ging. "Ich dachte damals: Das machst du ein paar Jahre und dann gehst du wieder zurück", erinnert sich der Jubilar. Seine Frau Sehriban, die er 1964 geheiratet hatte, blieb daher zusammen mit den Töchtern Mülkinaz (geboren 1966) und Nezengül (geboren 1969) im Dorf zurück. Tochter Yazgül wurde 1977 in Istanbul geboren.

Neun Jahre lang arbeitete Kazım Celik beim Unternehmen Kranko in Stuttgart, wo der Maurermeister einige Projekte mitgestaltete. An Großbauten wie beispielsweise 14 Meter hohe Straßenrandmauern kann er sich noch gut erinnern, da früher noch alles von Hand gemacht wurde. Seine Anfangszeit in Deutschland sei nicht leicht gewesen, denn er habe als dreifacher Vater seine Familie in der Türkei versorgen müssen. Dazu seien die Sprachbarrieren gekommen, meint Kazım Celik und lacht. "Abends hatten wir nach der Arbeit Hunger. Wir wollten von Bad Cannstatt nach Stuttgart zum Hauptbahnhof, um dort einzukaufen. Wir sind in den falschen Zug gestiegen und haben uns dann wieder verfahren. Wir haben bis 23 Uhr gebraucht, bis wir endlich ankamen – und dann gab es nichts mehr", erzählt der Jubilar.

Mit einem Wörterbuch sei er oft zum Einkaufen gegangen. Viel Zeit zum Lernen blieb ihm allerdings nicht, denn tagsüber stand die harte Arbeit an und am Wochenende blieben nur die Abende. Im Sommer habe er viel gearbeitet, damit er im Winter zwei bis drei Monate "Schlechtwetter-Urlaub" bei der Familie in der Türkei machen konnte. Der Abschied sei ihm jedes Mal schwer gefallen, denn damals konnte er nicht einfach die Familie anrufen, sondern er musste Briefe schreiben.

1978 wechselte er zu einem Bauunternehmen nach Simmozheim im Kreis Calw und holte seine Frau und die drei Kinder nach Deutschland. In Weitingen fanden sie in einer Zweizimmerwohnung ein neues Zuhause. Das Unternehmen in Simmozheim löste sich nach drei Jahren auf, weshalb Kazım Celik zu einem Bauunternehmen in Rottenburg ging.

1980 kam Tochter Sirma Celik zur Welt. Die Platzverhältnisse in der Wohnung wurden nun immer beengter. "Wir haben uns damals eine Toilette mit dem Nachbar geteilt", erklärt Kazım Celik, es sei früher eben so üblich gewesen. Daher suchte er ein Haus für seine Familie und fand durch Zufall eines an der Hauptstraße in Eutingen, das er eigenhändig sanierte. "Ich habe schon in Bad Cannstatt in der Hauptstraße gewohnt und heute wohne ich noch an der Hauptstraße", meint der Familienvater. 1981 wurden Meral, 1984 Alev und 1987 Sohn Ali Celik geboren.

Kazım Celik wechselte zum Bauunternehmen Behr nach Mötzingen, wo er bei vielen Hausbauten in Weitingen mitwirkte. So bekam er Anschluss und fand viele Freunde in der Gemeinde. Und seine Kinder seien wie die Schwaben aufgewachsen. "Wir besuchten den katholischen Kindergarten, wir waren bei den Sternsingern dabei, wir aßen Schweinefleisch. Unsere Eltern haben uns nie was verboten, das andere Kinder unseren Alters auch machen durften", erklärt Meral Celik, dass sie von Anfang an integriert wurden.

Ihre älteren Schwestern hätten es jedoch anfangs nicht einfach gehabt, seien sie doch immer wieder von Klassenkameraden gehänselt worden. Lächelnd berichten die Mädchen, dass ihre Eltern verdutzt gewesen seien, als sie bei den Eutinger "Schelladralle" mitlaufen wollten – doch auch das habe geklappt. Heute leben drei Kinder in Eutingen, der Rest in Bildechingen. Alle würden sich als echte Schwaben fühlen. Alev spielte Tennis, Ali Fußball, Meral ist seit 20 Jahren im DRK, Sirma bringt sich in der SPD ein. "Unser Papa hat uns bei unseren Hobbys immer unterstützt. Wenn ein Elternabend war oder wenn etwas zu tun war, war er vor Ort und die ganze Familie half mit", sprechen die Kinder ihrem Papa großen Dank aus.

Nachdem Kazım Celik bei einem Bauunternehmen in Dettingen schließlich in Rente gegangen war, arbeitete er in Nagold auf dem Eisberg bei einem Gartenunternehmen aushilfsweise. Einen grünen Daumen beweist er auch in seinem Garten im Wengert in Eutingen. 2013 baute er in seiner ehemaligen Heimat ein Haus, in dem er lebt, wenn er seine Verwandtschaft in der Türkei besucht. Kazım Celik ist jedoch in seinem Herzen Eutinger und will seinen Lebensabend in Deutschland verbringen. Wenn ihn die Sehnsucht nach der Verwandtschaft packt, dann fliegt er in die Türkei. Dort feiert der zehnfache Opa auch seinen 80. Geburtstag mit seinen Lieben.