Internet: Rat beschließt dennoch Planung für flächendeckendes Backbone-Netz

Die Gemeindeverwaltung steht seit Jahren vor dem Problem, dass sie für eine schnelle Internet-Abdeckung in der Gesamtgemeinde sorgen soll. Mit dem Auftrag für die Ausarbeitung einer flächendeckenden Netzausbauplanung ist nun ein erster Schritt getan.

E u tingen. Ideal wäre es, wenn man eine zukunftssichere Technologie finden würde, die von der Bevölkerung angenommen wird, die dann diese Lösung gegen die bereits bestehende Anschlüsse der anderen Anbieter ausgetauscht. Und genau hier dürfte wahrscheinlich das größte Problem bei der aktuellen Idee, alle Haushalte mit Glasfaser zu versorgen, liegen.

Großteil ist versorgt

88 Prozent aller Eutinger Haushalte sind inzwischen mit relativ schnellem Internet versorgt, so eine Erhebung. Die Rohrdorfer entweder über die Firma "Inexio", die eine eigene Backbone-Trasse bei der Autobahn hat oder durch Unitymedia. Unitymedia (früher KabelBW) versorgt auch nahezu flächendeckend den Ortsteil Göttelfingen mit schnellem Internet. Gerade mal drei Straßenzüge sind dort nicht angeschlossen. Auch in Weitingen ist dieses Unternehmen mit seiner schnellen Koaxial-Technik größtenteils präsent.

Top ausgestattet sind die beiden Gewerbegebiete, denn hier wird für jedes Haus bereits schnelles Glasfaser angeboten. Wer jedoch von der Telekom über die normalen Telefonleitungen versorgt wird, wie beispielsweise das Gebiet rund ums Eutinger Rathaus, hat schlechte Karten. "Wenn sie drei Bilder rausschicken wollen und es wird ihnen eine Zeit von 2 Stunden und 40 Minuten dafür angezeigt, dann ist das echt frustrierend", wusste Bürgermeister Armin Jöchle aus eigener Erfahrung.

88 Prozent Abdeckung über Zwischentechnologien, wie Jöchle die bestehenden Netze und Angebote nennt, und zwölf Prozent "weiße Flächen" zwingen nach Meinung der Gemeindeverwaltung und vieler Bürger zum zukunftsorientierten Handeln. Gemeinderat Sebastian Lazar warf der Verwaltung in einer von ihm veröffentlichen Stellungnahme sogar vor, dass man mit dem Aufbau eines schnellen Netzes zu spät dran sei. Dem widersprach Jöchle.

Synergieeffekte nutzen

Um hier jedoch einen Schritt weiterzukommen sowie Synergieeffekte aus dem Breitbandprojekt des Landkreises Freudenstadt zu nutzen, hat sich die Gemeinde ebenfalls die Firma "Rala NGN" ins Boot geholt. Rala hat mehr als 100 Stadt- und Gemeindeglasfasernetze geplant und die Materialien der passiven Infrastruktur geliefert. Seit 2016 ist Rala auch in Deutschland aktiv. Die Firma plant nicht nur Netzwerke, sondern bietet darüber hinaus Beratungen zu ökonomischen und technischen Fragestellungen rund um den Glasfaserausbau an. Hierzu gehört auch die Beratung zu Fördergeldern und deren Beantragung.

"Und Netzstabilität und damit auch garantierte Geschwindigkeiten beim Up- und Download bekommen sie nur durch die Verlegung eines Glasfaser-Netzes", sagte Matthias Nass, Vertriebsmann des schwedischen Unternehmens bei der jüngsten Gemeinderatssitzung. Mit der Basisplanung sei man durch und nun gelte es, eine Art Masterplanung zu erarbeiten. "Heute ist Breitband für eine Immobilie so wichtig wie ein gutes Abwasser-, Wasser- und Stromnetz. Gutes Internet ist der zweitwichtigste Gewichtungsfaktor beim Mieten oder Verkaufen", sagte der Experte.

Lösung kostet 8,6 Millionen

Er stellte dann die Musterlösung vor, die vorsieht, dass in jedes Haus der Gemeinde eine schnelle Glasfaserleitung gelegt wird. 8,6 Millionen Euro schätzte er, soll dieser Endausbau letztendlich maximal kosten. "70 Prozent von diesem Geld geht in den Tiefbau", fügte er an und erklärte, dass man hier den Hebel zum Sparen ansetzen könnte. "Wenn man weiß, welches Netz in den Boden soll, dann kann man es heute schon bei jeder Baumaßnahme mitverlegen", sein Tipp. Auch eine Auftragsvergabe in großen Tranchen würde zum besseren Gesamtpreis beitragen.

Vom Prinzip her wäre die Einrichtung einer solchen Breitbandinfrastruktur relativ einfach. Vom kreiseigenen Backbone-Netz geht das Signal an einen Verteilerkasten und zu jedem Haus läuft ein Leerrohr, in das man später die entsprechenden Kabel "einblasen" kann. Ausgehend von den Verteilerstandorten würden in der Endausbaustufe insgesamt über 430 Kilometer Glasfaser verlegt. Dafür wären 93 Kilometer Tiefbau nötig.

Diskussion im Gremium

Doch will die Bevölkerung dies? Trägt sie den Ausbau mit? Ist ein Großteil der 88 Prozent gut versorgter Bürger bereit, Geld in die Hand zu nehmen und sich das schnelle Glasfaser ins Haus legen zu lassen? Wissen die Leute, dass die jetzt geplante Leistung für die Verlegung der schnellen Glasfaser nur bis zur Grundstücksgrenze geht und dass der Hausanschluss selbst bezahlt werden muss? Fragen, mit denen sich der Gemeinderat auseinandersetzen musste, denn Rat Horst Niessner mahnte, dass man hier brutal ehrlich sein müsste. "Wir müssen hier mit ganz offenen Karten spielen, denn viele Bürger glauben, dass schnelles Internet kostenfrei ist", gab der Göttelfinger-SPD-Mann zu bedenken.

"Es nutzt nämlich nichts, wenn wir hier im Gremium von dieser Lösung überzeugt sind – der Bürger muss mitmachen", so Niessner, der anfügte, dass man hier im Rat schon einmal gemeinsam von einem Projekt überzeugt war und hinterher ging der Schuss nach hinten los. Niessner ist weiter der Meinung, dass die veranschlagten Aufwendungen von über acht Millionen Euro eine gewaltige Summe seien und wenn die Bürger nicht mitmachen, dann führe dies zu einem Chaos.

Einzige Perspektive

Für Bürgermeister Jöchle ist das Glasfasernetz momentan die einzige langfristig gesehene Perspektive, doch er weiß auch, dass hier noch jede Menge Überzeugungsarbeit zu leisten ist. Rat Roland Raible meinte, wenn die Netzstrukturplanung für das Glasfasernetz, für die das Gremium mehrheitlich einen Auftrag über 777 00 Euro – nicht wie ursprünglich 52 700 Euro angegeben – erteilte, durch sei, dann müsse man großflächige Infoveranstaltungen machen, denn auch er sah sehr viel Überzeugungsarbeit auf den Gemeinderat zukommen, die 88 Prozent versorgten Bürger umzustimmen. "Es ist ein gewaltiges Risiko, eine flächendeckende Glasfaserstruktur aufzubauen und keine Sau nutzt sie", so eine Stimme aus dem Gremium.

Ob es da viel nutzt, dass Rala auch bereit wäre mitzuhelfen, um an bislang verschlossene Fördertöpfe ranzukommen, blieb offen. Trotz aller Bedenken gab der Gemeinderat grünes Licht für die Ausarbeitung einer flächendeckenden Netzausbauplanung.