Mit dem Zug von Eutingen zum Schloss Neuschwanstein nach Füssen, in die Alpen, nach Berlin oder Frankfurt am Main – die Fotos in der historischen Eutinger Unterführung sollen die Lust am Reisen wecken.Foto: Feinler Foto: Schwarzwälder Bote

Verkehr: Bahn hängt Motive in Eutinger Unterführung auf / Bürger erinnern sich an ihre Bahnerfahrungen

Beim Abschließen des Blechtors wurde in der Vergangenheit schon so mancher Eisenbahner in der Eutinger Unterführung zu den Gleisen überrascht. Dass auch heute noch viel los ist am Eutinger Bahnhof, hat die Bahn erkannt und die Unterführung nun mit Fotomotiven versehen.

Euti ngen . Wer von Gleis eins die Stufen nimmt und über die Unterführung zu Gleis zwei und drei möchte, dem springen seit über einer Woche bunte Fotos ins Auge. "Die Motive sind aus dem Fotorepertoire der Deutschen Bahn zur Gestaltung von Bahnhöfen und zeigen Motive zum Thema ›Reisen‹. Damit soll die Unterführung gestalterisch aufgewertet werden, die Bilder werden dauerhaft dort hängen", erklärt ein Bahnsprecher. Motive wie Schloss Neuschwanstein bei Füssen im Allgäu, eine Alpenlandschaft, eine Szene aus Berlin oder Frankfurt am Main sind zu sehen. "Wir haben etwas ausgesucht, damit die Lust aufs Reisen geweckt wird und sich die Fahrgäste wohlfühlen", erklärt Ursula Eickhoff Leiterin und Sprecherin der Abteilung Kommunikation Baden-Württemberg der Deutsche Bahn AG. Eine Kampagne sei dies nicht, aber bekannte Sehenswürdigkeiten würden gezeigt. Die Tafeln würden eine spezielle Beschichtung aufweisen, eine Art abwaschbares Board mit Graffitischutz – In der Hoffnung, sie bleiben noch lange im Originalzustand.

"Die Bilder gibt es nicht überall, beispielsweise haben wir in Horb lokale Motive", erklärt Eickhoff, dass die Eutinger mit Recht auf ihren Bahnhof stolz sein können. Dieser ist nicht nur seit Jahrzehnten die Verbindung zwischen der Landeshauptstadt und dem Schwarzwald, sondern mit ehemals zehn Gleisen und dementsprechend viel Verkehr ein historisches Denkmal. "Früher stand auf dem Zug Hamburg oder Dortmund. Man konnte von Eutingen, ohne umzusteigen, in die Großstadt", erinnert sich ein ehemaliger Eisenbahn-Mitarbeiter an die 1950er- und 1960er-Jahre, als der 1933 eingeweihte Neue Bahnhof das Tor zur Welt war. "Damals haben wir noch Zugbeobachtungen gemacht", erinnert sich der ehemalige Eisenbahn-Mitarbeiter, dass immer etwas los war, ob Heißläufer oder sonstige Auffälligkeiten an den Zügen. Die Direktzüge in die Großstädte seien gut genutzt worden. Der Kurzzug sei an einen anderen Zug gehangen worden und weiter ging es. Autos gab es damals in den Orten nur wenige. Wer eine Fernstrecke vor sich hatte, nahm den Zug.

Eine Göttelfingerin dachte an ihre Kindheit zurück, als sie mit zehn bis zwölf Jahren gerade so ihren Koffer tragen konnte und von den Eltern zum Bruder am anderen Ende von Deutschland geschickt wurde: "Da bist du in Eutingen auf den Bahnhof gebracht worden und hattest ein Schild dabei, auf dem der Zielort stand." Damals sei das Reisen noch sicher gewesen und erwachsene Reisende hätten ihr beim Umsteigen geholfen.

"Früher war alles noch militärisch geprägt", erinnert sich ein weiterer ehemaliger "Eisenbahner", dass kein Gras am Bahnsteig wachsen durfte, jedes Papier wurde aufgehoben. "Wir mussten in der Ausbildung oft mit dem Stupfer über die Bahnsteige", erklärt er, dass so die Papierfetzen aufgesammelt wurden. Der Aufsichtsbeamte "mit der roten Kapp und der grünen Kelle" hatte alles genau im Blick. Daher musste auch am Abend das Blechtor zur Unterführung abgeschlossen werden. Der ganze Bahnhof war eingezäunt.

Dabei erlebte der ehemalige "Eisenbahner" so manche Überraschung. "Da hat man mich mal erschreckt", beschreibt er, dass abends eigentlich keiner mehr unterwegs war und auf einmal doch ein Anwohner dastand. Doch viele lustige Erinnerungen verbinden die Eutinger mit ihrem Neuen Bahnhof. So hatten die Rangierer beispielsweise in ihrer Pause Fußball in der Unterführung gespielt. "Wir hatten glaube ich einen Tennisball oder so etwas. Die Unterführung war damals lang, sie ging ja bis zum letzten Gleis", erinnert sich der ehemalige "Eisenbahner" an die Zeit mit acht bis neun Gleisen. In der Unterführung wurde mit Freude gekickt, bevor es wieder an die Arbeit ging.

Einige Reisende können sich auch noch an die Zeit erinnern, als man über das Bahnhofsgebäude, die Treppen hinab in die Unterführung gehen konnte. So mancher denkt noch an den strengen Mitarbeiter an der so genannten "Sperre", an dem keiner ohne ein Ticket vorbeikam. Im Zuge der Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten am Neuen Bahnhof wurde dieser Zugang verschlossen. "Früher gab es noch einen Schalter und man hatte Kontakt zu den Leuten. Das ist heute alles nicht mehr so", wissen die ehemaligen und langjährigen Eisenbahn-Mitarbeiter.

Ihre Zeit am Neuen Bahnhof in Eutingen sei nicht mehr vergleichbar mit der heutigen, in der vieles anonymer ablaufe. Einiges an Personal wurde auf der Eisenbahnstrecke rund um den Neuen Bahnhof gebraucht, wovon heute nur ein Bruchteil vor Ort sei. "Früher hatten die Mitarbeiter alles im Blick", wissen die Ehemaligen, dass Vandalismus in dem Ausmaß wie heute nicht möglich war, denn überall war ein Mitarbeiter. Für die Kunstwerke in der Eutinger Unterführung hoffen sie, dass die Reisenden ein Auge auf die Bilder haben und sie so noch lange erhalten bleiben.