Christiane Benner im Oktober im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. Foto: dpa/Arne Dedert

Nächste Woche soll Christiane Benner zur Chefin der IG Metall gewählt werden. Mit 2,2 Millionen Mitgliedern ist die IG Metall die weltweit größte organisierte Arbeitnehmervertretung. Die 55-Jährige hat viel vor.

Christiane Benner hat viel vor. Kommenden Montag soll die 55-Jährige zur Chefin der IG Metall gewählt werden. Sie ist dann die erste Frau an der Spitze der mächtigen und bislang von Männern dominierten Industriegewerkschaft. „Die Politik muss uns ernst nehmen, weil sie weiß, durch unsere Mitglieder sind wir stark“, sagt sie zu AFP. 

Mit 2,2 Millionen Mitgliedern weltweit größte Arbeitnehmervertretung

Die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin und studierte Soziologin sitzt in ihrem Büro im Main Forum in Frankfurt. Gewerkschaftsmitglied ist sie, seit sie 20 Jahre alt ist, für die IG Metall arbeitet sie rund zehn Jahre später - seit 1997. Prägend sei ein Auslandsjahr in den USA gewesen, wo sie „schwache Gewerkschaften“ und „sehr viel Ungleichheit und Rassismus“ erlebt habe, erzählt sie.

Die Überzeugung, dass es starke Arbeitnehmervertretungen braucht, trieb sie in die praktische Arbeit bei der IG Metall. Die betriebliche Stärke, die vielen Mitglieder und das „machtvolle“, gut organisierte Auftreten in den Unternehmen - das sind für Benner die Faktoren, die „Einfluss auf die Politik“ erlauben.

80 Prozent der Mitglieder sind Männer

Die Gewerkschaft gründete sich im Jahr 1949. Mit rund 2,2 Millionen Mitgliedern ist sie heute nicht nur die größte deutsche, sondern die weltweit größte organisierte Arbeitnehmervertretung. Sie vertritt Branchen wie die Metall- und Elektroindustrie, die Stahlsparte und die Textilindustrie. 80 Prozent der Mitglieder sind Männer.

Benner ist seit 2015 Zweite Vorsitzende der IG Metall und damit Stellvertreterin des scheidenden Chefs Jörg Hofmann, den sie kommende Woche beerben soll. Schon die Wahl zur Zweiten Vorsitzenden brachte ihr damals die begleitenden Worte „erste Frau“ ein. Die in Aachen geborene Gewerkschafterin sitzt bei BMW und Continental im Aufsichtsrat und ist Mitglied der SPD.

Günstiger Strompreis für energieintensive Unternehmen

Bundeskanzler und Parteikollege Olaf Scholz ist damit im Moment ihr Gegner bei einer der wichtigsten Forderungen der IG Metall. „Wir setzen uns für einen Brückenstrompreis ein“, betont sie. Es brauche einen Strompreis, der es energieintensiven Unternehmen überhaupt möglich macht, wettbewerbsfähig zu bleiben. Scholz lehnt den entsprechenden Vorschlag staatlich subventionierten Stroms für energieintensive Branchen jedoch ab.

„Das Wichtigste ist, die Industrie in Deutschland und in Europa zu halten,“ sagt Benner zu AFP. Es drohten Verlagerungen durch das US-Subventionsprogramm Inflation Reduction Act und der Verlust von Industrie und Arbeitsplätzen. Hinzu komme der Fachkräftemangel in einer alternden Gesellschaft.

Zahl der Ausbildungsplätze und der Auszubildenden soll steigen

2,6 Millionen Menschen unter 35 hätten gar keinen Ausbildungsabschluss, beklagt die Gewerkschafterin. Doch für die großen Herausforderungen der Transformation und für die Digitalisierung brauche es „sehr gut ausgebildete Menschen“. „Deshalb arbeiten wir als IG Metall stark daran, dass die Zahl der Ausbildungsplätze und Auszubildenden steigt und wir die Ausbildung auch attraktiver machen.“

Und noch mehr großer Themen will sich Benner annehmen: In der „Augsburger Allgemeinen“ kündigte sie einen Kampf gegen Rechtspopulismus an. „Gerade wir als Gewerkschaft haben enorme Möglichkeiten, gegen den weiteren Aufstieg der AfD zu wirken“, sagte sie. „Wir können den Rechten den Boden entziehen, wenn wir in den Betrieben mithilfe von Gewerkschaften und Betriebsräten Menschen Sicherheit vermitteln.“ Betriebe seien wichtige Orte der Demokratie und Arbeit der beste Ort für die Integration von Migrantinnen und Migranten.

Lohnlücke zwischen Männern und Frauen soll sich schließen

Einsetzen will sie sich auch dafür, dass die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen endlich geschlossen wird, wie sie AFP sagt. Wenn Frauen in Deutschland Kinder bekämen, sei das noch immer oft „ein Karrierestopper“, sagt Benner, die einen Bachelor in Gender Studies hat. Hier könne die 32-Stunden-Woche helfen - zumindest denen, die sie sich wünschten.

Die Liste ist noch nicht zu Ende: Im November wartet die Tarifrunde in der Stahlindustrie. Außerdem will sich Benner für mehr Mitspracherechte von Betriebsräten bei wichtigen Entscheidungen einsetzen.

Kann mit Macht durchaus etwas anfangen

Scheu vor der Verantwortung hat sie nicht. Als der „Spiegel“ kürzlich etwas von der „mächtigsten Frau Deutschlands“ schrieb, habe sie sich nicht erschrocken, sagte sie der „Augsburger Allgemeinen“. Sie könne „mit Macht durchaus etwas anfangen“.