Mariam Manucharyan (Mitte) macht eine Weiterbildung zur Fachärztin für Allgemeinmedizin bei der Praxis von Frank Stammler (Zweiter von links) und Marion Wenzler (Dritte von links). Foto: Mutschler Foto: Schwarzwälder Bote

Gesundheit: Hausärztliche Versorgung könnten schon bald wieder in Gang kommen / Ärztin macht Ausbildung

Eigentlich wollte sich der CDU-Bundestabgeordnete Hans-Joachim Fuchtel über die Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis (Verah) informieren. Bei dem Termin konnte aber gleich noch frohe Kunde für Enzklösterle verkündet werden: In einigen Monaten soll die hausärztliche Versorgung vor Ort wieder aufgenommen werden.

Bad Wildbad/Enzklösterle. Verah ist eine Initiative des Deutschen Hausärzteverbands zur zusätzlichen Qualifizierung für erfahrene medizinische Fachangestellte. Mit dieser Weiterbildung soll der Hausarzt vom eigenen Praxisteam inner- und außerhalb der Praxis auch bei hoch qualifizierten Tätigkeiten unterstützt und entlastet werden. Außerdem kann so der Patient vom vertrauten Praxispersonal betreut und versorgt werden, das oft schon über Jahre seine Kranken- und Lebensgeschichte kennt.

Mit dem Einverständnis der Patienten war der Parlamentarische Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel mit Füsun Yorganci, einer Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis des Bad Wildbader Arztes Frank Stammler, unterwegs. "Das waren sehr interessante Fälle", sagt Fuchtel und erzählt von einer 89-Jährigen, die ihren 94 Jahre alten Mann noch weitgehend selbst versorgt, aber medizinische Hilfe benötigt wie Blut abnehmen, Blutdruck messen und weiteren Dingen, die durch einen Hausarzt oder nun eben durch eine Verah erledigt werden. "Die Leute sind froh, wenn die Pflege daheim stattfindet", stellte er fest. So ist es auch bei der 91-jährigen Dame, die allein lebt und sich schwer tun würde, wenn sie wegen Routineleistungen zur Praxis gehen müsste. "Verah funktioniert wunderbar, das System ist für die Betroffenen sehr hilfreich", stellte er fest.

300 bis 400 Patienten

Aber auch wenn, so Stammler, Verah die Ärzte entlaste, löse es doch das Problem der fehlenden Hausärzte nicht. Allein er habe aus Enzklösterle nach dem Wegfall der Arztpraxis vor rund zwei Jahren 300 bis 400 Patienten pro Quartal übernommen. Und: "Das, was in Enzklösterle passiert ist, kann überall im Enztal passieren." Es gebe im Oberen Enztal acht Ärzte, von denen vier älter als 60 Jahre seien. "Wir rechnen mit Engpässen", stellt er klar. Deshalb stelle sich die Frage, "wie bekommen wir ärztliche Verstärkung, denn Verah kann nicht die ärztlichen Themen übernehmen."

Stammler habe versucht, ausgebildete Fachärzte zu bekommen für eine Zweigstelle – vergeblich. Hoffnung naht nun aber in Gestalt einer interessierten Ärztin aus Armenien. Mariam Manucharyan ist approbierte Ärztin nach deutschem Recht. Ihr Ausbildung absolvierte sie in der armenischen Hauptstadt Eriwan und arbeitete dann als Fachärztin für physikalische Medizin. 2015 habe sie dann die Entscheidung getroffen, in Deutschland als Ärztin zu arbeiten, erzählt Manucharyan. So kam sie nach Bad Wildbad in die Olgabad-Rehaklinik. Nun möchte sie sich zur Fachärztin für Allgemeinmedizin weiterbilden.

Diese Ausbildung dauert fünf Jahre, da die armenische Ärztin ihre bisherige Tätigkeiten nicht anerkannt bekommt. Davon kann sie normalerweise 24 Monate in der Praxis absolvieren. Da sie ein 75-prozentiges Deputat hat, könne sie aber 32 Monate in der Praxis bleiben. Danach soll die Ausbildung in Form von Kooperation und Austausch mit einer Klinik weitergehen. Doch die Bürger Enzklösterles müssen nicht so lange auf ihre neue Hausärztin warten. Stammler schätzt, dass je nach Verlauf der Ausbildung in zwei bis drei Monaten mit blockweisen Hausbesuchen in Enzklösterle begonnen werden kann. Für die Zukunft kann er sich vorstellen, auch eine kleine Praxis vor Ort einzurichten. Das dürfte aber nicht in der bisherigen Praxis des verstorbenen Arztes Peter Hildebrand sein. Die Räume seien mit mehr als 100 Quadratmetern Fläche schlicht zu groß. "Wir brauchen ein Sprechstundenzimmer und eventuell einen Nebenraum, mehr nicht", sagt er.

Erst am Morgen des Pressegesprächs wurde die Weiterbildung von der Bundesärztekammer genehmigt. Starten soll die Ausbildung zum 1. Januar. Falls die Kassenärztliche Vereinigung (KV) in Stuttgart grünes Licht für die Kostenübernahme eines Teils der Ausbildung gibt. Aber damit rechnen alle Anwesenden rund um den CDU-Politiker. "Die KV muss noch zustimmen, dann haben wir für Enzklösterle echt was getan", freut sich Fuchtel.

Da diese Entwicklung auch den Bundestagsabgeordneten überraschte, griff er kurzerhand während des Gesprächs zum Telefon und informierte Enzklösterles Bürgermeisterin Petra Nych direkt. Die zeigte sich überrascht – und natürlich hoch erfreut "über die gute Nachricht". Das sei eine wunderbare Neuigkeit und ein Weihnachtsgeschenk für die Gemeinde. Auch sie hofft nun, dass die KV schnell zustimmt und die Ärztin ihre Ausbildung so schnell wie möglich starten kann.