Nagelneue Ortsschilder wurden an der L 351 aufgestellt und schaffen ein rund 150 Meter langes "Niemandsland" mitten in Nonnenmiß. Foto: Mutschler Foto: Schwarzwälder-Bote

Neue Ortsschilder sorgen in Nonnenmiß für Unmut. Unfälle durch Tempo 70 befürchtet

Enzklösterle/Bad Wildbad - "Karsten Gauss, Inhaber und Betreiber des Niemandslands." So stellt sich der Tankstellenbetreiter und Transportunternehmer aus dem Enztal derzeit vor. Eigentlich wohnt er in Nonnenmiß – im Moment ist er sich da aber nicht mehr ganz so sicher. Etwas Besonderes war der kleiner Weiler im Enztal ja schon immer. Obwohl nicht allzu viele Einwohner, ist der Ort doch zweigeteilt. Der etwas größere Teil gehört zu Bad Wildbad, der kleinere zu Enzklösterle. Die natürliche Grenze zwischen den beiden Teilen bildet seit jeher der Dietersbach – ein kleines Rinnsal, das hier in die Große Enz fließt. An dieser Stelle stand bis vor Kurzem auch noch das Ortsschild, das Ende und Beginn des jeweiligen Ortsteils gleichermaßen anzeigte und für einen nahtlosen Übergang sorgte. So kennen es die Bewohner seit jeher. Doch seit ein paar Wochen ist alles ganz anders – und Karsten Gauss wohnt plötzlich im Niemandsland.

"Wir gehören nirgends mehr dazu", sagt er und erzählt, wie es dazu kam, dass die Ortsschilder neu aufgestellt wurden und seither zwischen den beiden Ortsteilen eine 150 Meter lange Strecke außerhalb des Ortes liegt.

Es habe wohl, so erzählt er, Anwohner direkt an der Durchgangsstraße L 351 gegeben, denen die Geschwindigkeit der durchfahrenden Autos und Motorräder zu hoch war. Deshalb hätten sie beim Gemeinderat eigentlich eine Tempo-30-Zone angeregt. Da die Straße eine Landesstraße ist, sei bei der Verkehrsbegehung auch ein Mitarbeiter des Landratsamtes dabei gewesen und der habe dann festgestellt, dass hier "vielleicht grundlegend etwas geändert" werden müsse.

Denn, so teilt das Landratsamt Calw auf Nachfrage unserer Zeitung mit, "die Tafel mit Beginn Nonnenmiß stand nach Maßgabe der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung nicht am richtigen Standort, da Ortstafeln dort anzuordnen sind, wo die geschlossene Bebauung erkennbar beginnt." Und was der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung nicht entspricht, wird geändert. Also wurde das Ortsschild versetzt, "nämlich an die Stelle, an der die Wohnbebauung Enzklösterle-Nonnenmiß beginnt, von Bad Wildbad-Nonnenmiß kommend nach dem Gewerbegebiet ›Im Dieterswäldle‹", teilt die Landkreisverwaltung mit. Damit aber noch nicht genug der neuen Schilder. An der Einfahrt zum Gewerbegebiet prangt jetzt ebenfalls ein neues Ortsschild – und weil die rund 150 Meter lange Strecke zwischen Nonnenmiß und Nonnenmiß nun praktisch außerhalb der Ortschaft liegt, gibt es zusätzlich noch Schilder, die die zulässige Geschwindigkeit auf 70 Kilometer pro Stunde beschränken.

"Diesen Schilderwald hätte man sich sparen können", sagt Gauss, für den die ganze Geschichte "totaler Quatsch" ist. Denn obwohl seine Tankstelle mit Wohnhaus und Lkw-Garagen direkt an der L 351 und neben dem Gewebegebiet mit eigenem Ortsschild liegt, zählt es anscheinend nicht als geschlossene Bebauung. "Hier ist jetzt Tempo 70. Meiner Meinung nach ist das lebensgefährlich", sagt er und nennt als Beispiel die Einfahrt zu seiner Tankstelle und die Abzweigung ins Gewerbegebiet als Gefahrenpunkte:

"Wenn da einer schläft, dann kleppert’s"

"Wenn da einer schläft, dann kleppert’s." Als weitere Gefahr sieht er die Bushaltestelle, an der auch Schulbusverkehr stattfindet: "Ich warte bloß, bis es kracht." Die Mitarbeiter des Landratsamtes sehen hingegen kein Gefährdungspotenzial. "Aufgrund der recht übersichtlichen Verkehrsbelastung ist nicht davon auszugehen, dass sich Stockungen im Verkehrsfluss durch Beschleunigen oder Bremsen ergeben könnten", sagt Pressesprecherin Anja Härtel. Nach ihrer Aussage sei durch die Versetzung der Ortsschilder auch kein Niemandsland entstanden. "Die Zuordnung von Gebäuden zu einer Gemeinde ist unabhängig davon, ob diese Gebäude vor oder hinter einer Ortstafel stehen", teilt sie mit.

Das aber will Karsten Gauss ganz genau wissen. "Bis geklärt ist, wo wir dazugehören, habe ich das Steuerzahlen eingestellt", sagt er. Dies habe er auch der Gemeindeverwaltung von Enzklösterle so mitgeteilt. Und auch wenn er weiß, dass er damit wohl nicht allzu weit kommen wird, fügt er, leicht ironisch, an: "Ich muss mal mit dem Mack schwätzen, vielleicht macht der ja ein besseres Angebot." Egal, wie diese Geschichte auch ausgeht: Es scheint sicher: Karsten Gauss wird sich noch eine Weile als "Inhaber und Betreiber des Niemandslands" vorstellen.