Herzlichen Applaus für ein gelungenes Projekt Nahwärme spenden neben vielen anderen Besuchern (vorne, von links): Betreiber Klaus Dieter Müller (Zelsius GmbH), der Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei, die Landtagsabgeordneten Martina Braun und Frank Bonath, Ehrenbürger Hans Göppert mit Sohn Johannes, (zweite Reihe von links) Cubasol-Geschäftsführer Marco Eckardt, Jörg Dürr-Pucher (Clean Energy) und Tobias Bacher von der Energieagentur Schwarzwald-Baar-Kreis. Foto: Kommert Foto: Schwarzwälder Bote

Umwelt: Schönwald weiht Nahwärmenetz ein / Zahlreiche Partner tragen zum Erfolg des Projekts bei

Teil eins der Pionierarbeit ist geleistet – nun wurde nachträglich gefeiert, in einem Rahmen, wie er derzeit möglich ist: In Schönwald wurde nun, wegen Corona mit einem Jahr Verspätung, der erste Bauabschnitt des Nahwärmenetzes offiziell in Betrieb genommen.

Schönwald. Unter den zahlreichen Ehrengästen war auch nahezu der komplette Gemeinderat am Mittwochabend vertreten. "Alles braucht seine Zeit", stellte Bürgermeister Christian Wörpel fest, denn erste Überlegungen habe es bereits 2013 gegeben, wobei es damals zunächst darum gegangen sei, Energiekosten beim Hallenbad zu senken. "Wir haben aber versucht, größer zu denken und über den Tellerrand hinauszuschauen. 2014 habe man dann ein Seminar in Hinterzarten besucht, das über die Finanzierung von Wärmenetzen informierte, ein Jahr später habe der Gemeinderat eine Exkursion in Sachen Nahwärme durchgeführt.

Danach sei es zunächst um das Thema ruhiger geworden – doch ab 2018 ging es Schlag auf Schlag. Die Suche nach einem Netzbetreiber sei mit der Zelsius GmbH erfolgreich verlaufen, mit Geschäftsführer Klaus Dieter Müller habe man einen verlässlichen Partner mit viel Knowhow gefunden. Danach wurde ein Eigenbetrieb gegründet, was eigentlich rechtlich noch immer Grauzone sei. Doch noch heute seien alle Beteiligten der Ansicht, dass dies eine höchst vernünftige, weil verlässliche Lösung sei.

Investitionspaket nur mit Zuschüssen realisierbar

Im Sommer 2018 habe man den Spatenstich gesetzt, auch unter Mitwirkung des Schönwälder Unternehmens Franz Scherer, das im Laufe der Fortführung noch eine erhebliche Rolle spielen sollte. Lösen von stark schwankenden Energiepreisen, weg von Kohlendioxid-Bepreisungen, das sei ebenso im Fokus gewesen wie verlässliche Zufuhr von Wärme für die Haushalte. Jeder profitiere, Umwelt und Bürger – und es werde dem Ort als Vertreter eines Heilklima-Kurortes der Premium-Class durchaus gerecht.

Einen Dank richtete der Bürgermeister an die Abgeordneten vom Land mit Martina Braun von den Grünen und Frank Bonath von der FDP sowie vom Bund Thorsten Frei von der CDU, ohne die erheblichen Zuschüsse von rund 400 000 Euro sei das bisher rund 1,56 Millionen schwere Investitionspaket nur schwerlich zu stemmen gewesen. Es würden aber noch einige so schwere Pakete folgen, betonte auch Müller. Auch er ist sicher, dass nur der Zusammenschluss der öffentlichen Hand mit Privatpersonen Sinn mache. "Es folgen eurem Beispiel noch viele nach", war er sicher. 2300 Trassenmeter seien in Betrieb, doch bis zum Solarthermie-Park und zur Hackschnitzelanlage von Scherer sei es noch ein weiter Weg. Dort werde ein riesiger Pufferspeicher mit 200 000 Kubikmetern Warmwasser entstehen, abgesichert durch einen Bebauungsplan. Der wiederum, was auch Scherer sauer aufstieß, muss alles durch Öko-Punkte ausgleichen.

Jörg Dürr-Pucher (Clean Energy) gab an, dies sei ein Tag überströmender Freude, die Gemeinde Schönwald sei früh dabei. Sicherlich würden etliche folgen. Dabei sei die Gemeinde auf einem "Pfad der Untugend". An die Abgeordneten wandte sich Dürr-Pucher mit der Forderung, eine klare Regelung für diese Wärme zu schaffen: "Wir brauchen klare politische Bekenntnisse – denn Nahwärme ist Demokratie von unten und sie ist wirtschaftlich und ökologisch gut", betonte er.

Marco Eckardt, Geschäftsführer der Cupasol GmbH, Spezialist für großflächige Solarthermie und Großwärmespeicher, sieht diese Technologie als einzige ohne Ausstoß von Treibhausgasen an. Eine große Fläche bringe sehr viel mehr Nutzen, warb er. Zudem sehe er, dass das Solarfeld nach Einrichtung durchaus Rückzugsort für seltene Arten werden könne, daher sehe auch er die Öko-Punkte kritisch.

Tobias Bacher, Niederlassungsleiter der Energieagentur Schwarzwald-Baar-Kreis, sah ein tolles Konzept, das aber nur im Netzwerk funktioniere. Bei steigender Kohlendioxid-Bepreisung würden andere irgendwann auf die Welle aufspringen – und so manch andere Kommune würde wohl von der Welle überrollt. Schönwald reise vor der großen Welle.

Abgeordnete gratulieren zur Inbetriebnahme

Der Bundestagsabgeordnete Frei gratulierte zum tollen Projekt. Deutschland sei das einzige Industrieland, das versuche, zugleich aus der Atom- wie auch der fossilen Energie auszusteigen. Er habe sich schon als Mitglied des Stadtrats von Bad Säckingen mit der Nahwärme auseinander gesetzt. "Für Schönwald setzte das voraus, dass Bürgermeister, Verwaltung und Gemeinderat den Mut hatten, voranzugehen und die richtigen Schwerpunkte zu setzen", räumte er ein.

Bürger informieren sich über Anschluss

Baden-Württemberg setze Maßstäbe, auch in dieser Hinsicht, war sich die Landtagsabgeordnete Martina Braun sicher. Es gelte nun, die Gesetzeslage zu modernisieren, denn "nah" sei wichtig, auch was die Hackschnitzel betreffe. Wärme sei immer gut, wenn sie nötig sei – aber ohne dabei auch die Erde zu erwärmen. Und Netze zeigten auf, dass es nur miteinander gehe – nahm sie das Wort Nahwärmenetz auseinander. Auch die Dezentralisierung spiele eine wichtige Rolle. Für ihren Landtagskollegen Bonath sei es das erste Grußwort, wie er angab. Für ihn erfolge diese Inbetriebnahme genau zum richtigen Zeitpunkt, da die Europäische Union neue Klimaziele aufgezeigt habe. "Hier hat man das ganz ohne Zwang verwirklicht", freute sich der umweltpolitische Sprecher der FDP-Fraktion.

Am Ende hatten die Bürger die Möglichkeit, sich eingehend über einen Nahwärmeanschluss zu informieren, was auch viele intensiv nutzten.