Hin und wieder flackert die Debatte um eine Rückkehr zur Atomkraft auf. Die EnBW wollte davon schon vor dem Abschalten des letzten Meilers Neckarwestheim 2 nichts wissen. Nun werden Fakten geschaffen.
Nach dem Ende der Atomstromproduktion in Deutschland liegt die EnBW beim Rückbau voll im Zeitplan. Als letztes Atomkraftwerk (AKW) in der Bundesrepublik hatte der Energiekonzern am 15. April um 23.59 Uhr den Meiler Neckarwestheim 2 vom Netz genommen.
Die 193 Brennelemente wurden einem Sprecher zufolge direkt in den Tagen nach dem Abschalten aus dem Reaktordruckbehälter entfernt und in ein Lagerbecken überführt. „Dort befinden sich die Brennelemente unter Wasser, werden gekühlt und klingen für ungefähr drei Jahre ab, ehe sie in dafür geeignete Transport- und Lagerbehälter eingebracht und in das staatliche Zwischenlager am Standort transportiert werden können.“ Bis Mitte August wurden die nuklearen Systeme - zum Beispiel Rohrleitungen - mit Hilfe von Chemikalien dekontaminiert.
Im neuen Jahr sollen dann die ersten Trenn- und Zerlegearbeiten starten. Dann würden Hauptkühlmittelleitungen demontiert und Einbauten des Reaktordruckbehälters zerlegt, erläuterte der Sprecher.
Im Zuge des Atomausstiegs infolge der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 hatten das Kernkraftwerk Neckarwestheim 2 im Landkreis Heilbronn und zwei Meiler in Niedersachsen und Bayern Mitte April als letzte Reaktoren in Deutschland die Produktion eingestellt. Damit endete die Produktion von Atomstrom im Südwesten nach fast 55 Jahren.
Mit einer jährlichen Produktion von im Schnitt rund elf Milliarden Kilowattstunden hatte Neckarwestheim 2 nach EnBW-Angaben etwa ein Sechstel des Strombedarfs in Baden-Württemberg gedeckt. Der Meiler war 1989 als jüngstes deutsches AKW ans Netz gegangen und produzierte insgesamt rund 375 Milliarden Kilowattstunden Strom.
Weniger als ein Prozent der Abfälle seien radioaktiv
Schon ein paar Tage zuvor hatte das Umweltministerium den Rückbau genehmigt. Auch dafür gibt es einen klaren Rahmen etwa durch Gesetze und Verordnungen. Die Atomaufsicht überwacht deren Einhaltung.
Alle fünf Atomkraftwerke der EnBW sind somit mittlerweile im Rückbau. Dieser geschieht dem Sprecher zufolge von innen nach außen: Die technischen Einrichtungen stünden im Mittelpunkt. Die Gebäudestrukturen blieben hingegen erstmal weitgehend erhalten. Nach Abschluss des nuklearen Rückbaus nach rund 10 bis 15 Jahren würden diese entweder anderweitig genutzt oder abgerissen.
Weniger als ein Prozent der Abfälle seien radioaktiv. Rund ein Prozent werde konventionell entsorgt. Der Rest könne wiederverwendet werden. In Neckarwestheim und Philippsburg (Landkreis Karlsruhe) gibt es Reststoffbearbeitungszentren, um Abbau und Entsorgung voneinander zu entkoppeln. Für den Rückbau setzt die EnBW auf das vorhandene Personal samt dessen Know-how.
Ein Beispiel: Das Wissen, das zur Wartung von Turbinen nötig ist, hilft auch bei deren Demontage. Für Rückbau und Entsorgung der fünf Kernkraftwerke rechnet der Karlsruher Energieversorger mit Kosten in Höhe von rund neun Milliarden Euro.
In Block 1 in Neckarwestheim wurde in diesem Jahr mit dem Abbau von Betonstrukturen begonnen, die früher den Reaktordruckbehälter umgeben haben und Strahlung abschirmen sollten. Voraussichtlich werden den Angaben nach mindestens bis Anfang 2025 rund 1000 Tonnen Beton entfernt. Mit Hilfe sogenannter Seil- und Bandsägen werden die Stücke zerkleinert und in Container verpackt, die zur besseren Stabilität mit Beton aufgefüllt werden. Ihr Ziel ist am Ende das staatliche Endlager „Schacht Konrad“ in Niedersachsen. Zuvor waren große Teile wie die Dampferzeuger und der Reaktordruckbehälter ausgebaut worden. Im Maschinenhaus sind alle Anlagenteile vollständig demontiert.