Das ehemalige Munitionsdepot der Bundeswehr wird eine Forscherschmiede. Foto: Schwald

Vom Sprengstoff zur Energiewende: Auf ehemaligem Bundeswehr-Depot soll ein Innovationscampus entstehen.

Empfingen - Das ehemalige Bundeswehr-Munitionsdepot ist nach vielen Jahren Dornröschen-Schlaf verkauft. Hubert Grosser, einer der Investoren, überzeugte die Bundesanstalt für Immobilien (BImA) und die Gemeinde mit seinem Konzept von einem "Innovationscampus". Firmen und Forschungseinrichtungen werden dort an zukunftsweisenden Ideen für die Energiewende arbeiten.

Seit mehr als 15 Jahren sucht die Gemeinde Empfingen nach einer Lösung für das ehemalige Bundeswehr-Munitionsdepot. Die kuriosesten Ideen standen in diesen Jahren immer wieder zur Debatte: Pilzzucht, Herstellung von levitiertem Wasser, ein Horror-Freizeitpark, eine Anlage zur Klärschlammtrocknung und das Test- und Prüfzentrums des Automobilkonzerns Daimler. Die BImA als Besitzerin der Flächen äußerte sich irgendwann gar nicht mehr zu einem Verkauf. Doch im Herbst vergangenen Jahres nahm der Stuttgarter Hubert Grosser Kontakt zur BImA auf. Seine Idee von einem Innovationscampus überzeugte sowohl die Bundesanstalt als auch die Gemeinde. In den kommenden Tagen will Grosser den Kauf des Munitionsdepots notariell besiegeln.

Hubert Grosser ist vom Fach, ehemaliger Pressesprecher des Fraunhofer Instituts IPA, Stuttgart, hat also beste Kontakte in der Forschung. Der Ideengeber und Gründer des Innovationscampus’ sitzt nicht allein im Boot. Auch große Firmen wollen künftig auf dem Munitionsdepot in die Forschung investieren, allerdings möchte Grosser hier noch keine konkreten Namen nennen. "Wir werden mehrere Millionen Euro investieren und brauchen dazu keine Fremdmittel", unterstreicht Grosser die Seriosität des Projekts.

"Die Energiewende funktioniert nur, wenn viele mitmachen", sagt Grosser. Der Innovationscampus in Empfingen werde als "feiner Mosaikstein" ein Teil der Energiewende sein. Die Grundidee des Innovationscampus sei, verschiedene Entwicklungen und Systeme in Bereichen wie Energieversorgung, Luftreinhaltung, Wasseraufbereitung und effektive Recyclingsysteme auf einem Gelände zusammenzubringen und in praxisorientierter Anwendung weiterzuentwickeln und zu optimieren. "Es geht auch darum, dass sich innerhalb der verschiedenen Fachbereiche Synergien ergeben", erklärt Grosser. Wasseraufbereitung, Optimierung von Blockheizkraftwerken, Elektromobilität, Weiterentwicklung von Solarmodulen, Vertikale Windräder, Höhenwindsysteme und viele weitere konkrete Themen sind mit Firmen und Partnern bereits im Gespräch. "Auf dem Campus in Empfingen werden diese Themen zusammen mit verschiedenen Firmen, Universitäten und Forschungseinrichtungen angegangen und weiterentwickelt. Hierdurch entstehen in der Region Arbeitsplätze in allen Bereichen", sagt Grosser. Die Erfahrung aus der bisherigen Entwicklung von Innovationszentren zeige, dass sich nach erfolgreicher Ansiedlung solcher Technologieentwicklungen weitere Unternehmen zu artverwandten Themen und Anwendungen an einem Standort ansiedeln.

Aber warum hat sich der Ideengeber Hubert Grosser gerade das rund zehn Hektar große ehemalige Munitionslager der Bundeswehr als Standort für seinen Innovationscampus ausgesucht? "In Forschungs- und Entwicklungsarbeiten ist es sehr wichtig, dass ein überdisziplinärer Austausch stattfindet. Wissenschaftler brauchen neben einer guten technischen Ausstattung auch eine kreative, naturnahe Arbeitsumgebung und einen ruhigen Rückzugsraum. Wenn dazu noch die Sicherheit kommt, dass meine Ideen und Erfindungen am Ort sicher untergebracht sind, ist die Arbeitsbasis perfekt", erklärt Grosser. Das Gelände habe durch seine Funktion als hochbewachtes Munitionslager für die Betreibergesellschaft des Campus den Vorteil, dass die Zaunanlagen wieder in Betrieb genommen werden können. Durch diesen Schutz können im Campus Firmen an Innovationen arbeiten und Anlagen testen, noch bevor die Ideen zur Patentierung gelangen. "In diesem Abschnitt einer Innovation ist es sehr wichtig, dass Firmen die Sicherheit haben, dass keine Fremden oder nicht berechtigte Personen zu den Laboren und Büros Zutritt haben", sagt Grosser.

Der "Charme" des Munitionsdepots soll auch künftig erhalten bleiben. In vier Bauabschnitten in den kommenden sechs bis acht Jahren wird das Gelände als Innovationscampus ausgebaut werden. Die vorhandenen Gebäude werden renoviert und auf den neuesten baulichen Stand gebracht. Sie werden neben einigen Neubauten einen wichtigen Teil der Bausubstanz des Campus bilden. "Sobald wir den Kaufvertrag unterschrieben haben, werden die ersten Büro-Container aufgestellt und die Bunker sofort saniert, Vor Weihnachten werden bereits die ersten Firmen einziehen", sagt Hubert Grosser, der schmunzelnd verspricht: "Unsere Prognosen werden besser sein als die für den Berliner Flughafen."

Der Campus soll aber kein Hochsicherheitstrakt werden: "Das wird eine transparente Angelegenheit", verspricht Grosser, der ein Kuratorium als eine "Art Aufsichtsrat" plant, das sowohl aus ihm und dem Grünen-Politiker Rezzo Schlauch als auch aus Vertretern der Gemeinde und des Landes bestehen soll. Für die Öffentlichkeit wird es sogar zwei Mal im Jahr einen Tag der offenen Tür geben.