Mit Erbsenstroh aus Empfingen wird Frank Eberhardt beim Kiebinger Umzug zum Äschebär Foto: Straub Foto: Schwarzwälder Bote

Fasnet: Narren aus Empfingen unterstützen Kiebinger Butzenzunft bei Wiederbelebung ihres "Äschebären"

Die Kiebinger Butzenzunft belebte zum 50-jährigen Jubiläum ihren Äschebären wieder. Ohne die Hilfe von Empfinger Narren wäre das jedoch nicht möglich gewesen. Sie halfen den Kiebingern mit ihrem eigens zu Fasnetszwecken angebauten Erbsenstroh aus.

Empfingen/Rottenburg-Kiebingen. Früher waren Strohbären in der Fasnet vor allem in ländlichen Gegenden verbreitet, heute sind sie seltener geworden. Zu ihrem 50. Geburtstag belebte die Butzenzunft Kiebingen ihren Äschebären wieder. Unter dem Erbsenstroh schwitzte Frank Eberhardt, der sich am Sonntagmorgen unter großem Publikumsinteresse vor dem Gemeindesaal einbinden ließ. "Wir haben das vorher nicht geübt, ich mache es zum ersten Mal", sagte Eberhardt, als er den Kopf noch frei hatte. Die Metallvorrichtung, die ihn schützte, hatte Dietmar Geiger gebastelt. Von ihm stammte auch die Idee, die Figur wieder einzuführen und an die alte Tradition anzuknüpfen.

Eine Schwierigkeit liegt darin, wie er erklärte, überhaupt das Erbsenstroh zu bekommen. Daran scheiterte ein solcher Versuch vor 20 Jahren. "Wir wollten den Äschebären schon lange wieder beleben", sagte Dieter Bäurle aus Kiebingen. Nur war eben die "Äsche" nicht zu bekommen gewesen. Aus einer Wette sei das private "Äschebärenfest" entstanden, das inzwischen seit zehn Jahren zweimal jährlich gefeiert wird.

Damit halfen Narren aus Empfingen aus, die es eigens für die Fasnet auf einem Acker anbauen, mit der Sense mähen und trocknen. Ähnlich halten es die Narren aus Wellendingen, die ihre Figur aus Weizenstroh basteln.

Mit Peitsche angetrieben

Auch sie bauen auf einer kleinen Fläche ihren Weizen extra für die Fasnet an und bewahren sich das Stroh auf. Beide Strohbären liefen später beim Umzug mit. Besser gesagt wurden sie, wie es Brauch ist, von anderen Narren mit der Peitsche angetrieben. Nach mehreren Stunden unter der schweren Verkleidung befreite man die Läufer, sie wurden "ausgeschnitten".

"Früher waren Strohbären häufig zu sehen, weil es die billigste Art der Verkleidung war", erklärte Werner Baiker vom "Kulturerbe Strohvermummung". Er wohnt in Sulz am Neckar und ist Strohbär-Experte. Zuletzt half er sogar in Frankreich, einen Strohbären zum Leben zu erwecken. "Der Strohbär hat mich schon als Kind fasziniert", sagte Baiker. Dass sie rar geworden sind, begründet er mit der "Ästhetisierung der Fasnet", die in den 50er-Jahren schöner und sauberer werden sollte. Dass ein solcher Bär brennen könnte, sei fast unmöglich. Aber das Stroh könne nach einem Regen mitunter schon einmal zwei Wochen nach dem Umzug noch auf der Straße kleben. Der Strohbär, so Baiker, stamme aus den unteren sozialen Schichten, weshalb es kaum Literatur über ihn gebe. Die älteste Erwähnung stammt nach seiner Kenntnis aus Wurmlingen im Jahr 1852. Darin werde beschrieben, wie ein Mann, in Stroh gewickelt und von Instrumenten begleitet, von Haus zu Haus geht und Gaben erbittet: Eier, Schmalz und Mehl. Die Tradition könnte laut Baiker von den Sinti und Roma beeinflusst sein, die einst mit tanzenden Bären durch die Flecken zogen und Gaben erbaten.

Nicht nur Kiebingen, auch andere Orte haben sich wieder dieser Tradition zugewendet, etwa die Narren in Hirschau. "Strohbären sind in Süddeutschland, Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und vor allem in Hessen wieder verstärkt zu finden", sagte Baiker. Auch in Frankreich, England, Italien, und einigen osteuropäischen Ländern wie Polen und Tschechien gebe es ähnliche Traditionen.