"Italien ist ein würdiger Europameister", sagen die Coaches aus der Region, die intensiv das Turnier verfolgten. Foto: Nick Potts

Die Fußball-Europameisterschaft 2020/21 ist Geschichte und hat mit dem italienischen Team einen würdigen Titelträger gefunden. Wir wollten von drei Trainern aus unserer Region wissen, wie ihre EM-Bilanz aussieht.

Reiner Scheu, Fußball-Lehrer und Nachwuchscoach des FC 08 Villingen, hat insgesamt "ein gutes Niveau" bei diesen Europameisterschaften gesehen. "Viele Spiele waren attraktiv, weil auch nur ganz wenige Teams defensiv eingestellt waren."

Die italienische Mannschaft ist für Reiner Scheu ein verdienter Titelgewinner, "weil sie auch das Teamwork immer vorgelebt haben".

Taktisch hat der Villinger Pädagoge so viel Neues nicht gesehen. "Es gab kein Spielsystem, das mich überrascht hat. Klar ist aber auch, dass das Gegenpressing mit einer immer höheren Intensität von den Teams umgesetzt wird."

Nachwuchsarbeit als Ansatz der Verbesserungen

Wie er die Zukunft des deutschen Fußballs sieht? "Das Abschneiden unserer Mannschaft war enttäuschend, keine Frage. Unter Hansi Flick wird es personelle Neuerungen geben. Es weht sicherlich ein frischer Wind. Aber ein Kernproblem ist offensichtlich auch unsere Nachwuchsarbeit in Deutschland, die in gewissen Punkten hinterfragt werden muss. Es kann nicht sein, dass wir kaum noch echte Stürmer auf internationalem Top-Niveau haben. Ich denke schon, dass an manchen Rädchen – gerade in den Nachwuchszentren – gedreht werden muss", unterstreicht es Reiner Scheu.

Christian Leda, der frühere Coach der DJK Donaueschingen und heutige Jugendkoordinator des Verbandsligisten, sieht den Titelgewinn der Italiener ebenfalls als verdient an. "Diese brutale Erfolgsmentalität, die die Italiener auf den Platz gebracht haben, war vorbildlich." Rein spielerisch stellten für Christian Leda die Spanier das stärkste Team des Turnieres. Hat ihn etwas spieltaktisch überrascht? "Ja, das Tempo im Umschaltspiel bei den internationalen Top-Teams – ob nach vorne oder nach hinten – wird immer höher. Das italienische Team hat es fast perkekt umgesetzt." Die größten Enttäuschungen des EM-Turnieres waren für den Donaueschinger neben dem deutschen Team auch Frankreich. "Wir sind mit einer überalterten Mannschaft an den Start gegangen. Hier muss ein Verjünungsprozess unbedingt kommen."

Wie Scheu sieht auch Christian Leda die Nachwuchsarbeit als Ansatz für Verbesserungen. "Wir müssen bei den Jugendlichen wieder mehr die Individualisierung fördern und weg von der frühzeitigen Systemschulung kommen."

"Ein gutes Niveau gesehen"

"Das Tempo im Umschaltspiel ist noch höher geworden. Es reicht auf diesem Niveau nicht mehr, nur einige gute Phasen zu haben. Man muss heutzutage über 90 Minuten konstant sein Potenzial abrufen", hat Jörg Holik, der Coach des Bezirksligisten SG Dauchingen – wie seine Trainerkollegen – "ein insgesamt gutes Niveau bei dieser EM" gesehen.

In Sachen deutscher Fußball sieht Jörg Holik schon einmal in der Personalie Hansi Flick eine gute Entscheidung. "Aber es sollte auch das Management mit Oliver Bierhoff und die gesamte DFB-Führung hinterfragt werden."

Bei der Ausbildung wünscht sich der Torjäger "wieder mehr Förderung der Jugendtrainer für individuelle Stärken ihrer Spieler".