Ortsvorsteher Hermann Hirt (vorn) und Biberberater Gerhard Jäckle betrachten den mächtigen Biberdamm in der Eschach in Lackendorf. Fotos: Schönfelder Foto: Schwarzwälder Bote

Biber: Gerhard Jäckle vermittelt zwischen Nagern und Menschen / Deutliche Spuren in Lackendorf

Rauschend überwindet die Eschach das mächtige Hindernis. Das Bauwerk aus Baumstämmen und Ästen hat den Fluss aufgestaut, dahinter hat sich ein Weiher gebildet, am Ufer liegen mehrere gefällte Bäume, teilweise ist die Rinde abgeschält. Der Biber ist in Lackendorf.

Dunningen-Lackendorf. Derzeit ist Gerhard Jäckle, der "Bibermann", wie er mitunter genannt wird, viel unterwegs, begutachtet das Werk des großen Nagers, muss aber auch mal die Nerven der betroffenen Landwirte beruhigen und um Verständnis werben für den eifrigen Holzfäller und Baumeister.

Seit ungefähr zehn Jahren ist der Biber im Landkreis zurück, und ungefähr genauso lange ist Jäckle offiziell "ehrenamtlicher Biberberater im Landkreis Rottweil". Zu dieser Funktion ist er wie "die Jungfrau zum Kind" gekommen. Jäckle ist Gewässerwart des Anglervereins Dunningen. Damals nahm er an einer Besprechung zum Biber teil. Man war sich in der Runde einig, dass es einen Ansprechpartner im Landkreis geben müsse. "Und sonst war keiner da, der es machen wollte", lacht Jäckle.

Zehn bis 15 Biber seien es sicher im Landkreis, schätzt Jäckle, wobei es eine erhebliche "Dunkelziffer" gebe. "Dunkel" auch deshalb, weil die Biber nur nachts ihren Bau verlassen. Einen zu sehen, ist ein bisschen wie ein Sechser im Lotto.

Jäckle lokalisiert Bibervorkommen aktuell beispielsweise in Horgen, Dunningen, Seedorf, Lackendorf, aber auch in Oberndorf und Flözlingen. Teils sind es ganze Familien, teils einzelne Tiere.

Und wo der Biber auftaucht, verwandelt sich die Landschaft. Die Flüsse werden aufgestaut, große Behausungen werden gebaut, Schwimmgräben angelegt und natürlich Bäume gefällt, darunter Stämme mit einem halben Meter Umfang. "Der Biber ist fleißig und ein harter Schaffer", so Jäckle. Mit Blick auf die Eschach scheint das eher untertrieben. Den, so Jäckle, "knallharten Arbeiter" zeichnet auch eine nicht zu unterschätzende Hartnäckigkeit aus. So werden mitunter an den Dämmen mit dem Bagger "Bypässe" gelegt, damit das Wasser wieder fließt. Prompt sei am nächsten Morgen alles wieder dicht. Beharrlich repariere der Biber alles, was er als Schaden an seinen Bauten sieht. Also rückt der Bagger wieder an – und der Biber repariert erneut. Bis das beharrliche Tier aufgibt, kann es schon eine Weile dauern.

Wer Biber nur aus dem Fernsehen kennt, wundert sich. Rund 30 Kilo kann ein ausgewachsener Biber auf die Waage bringen, und für seine Länge von 1,30 Meter bringt er eine Menge Kraft mit. Bis zu 20 Minuten kann er unter Wasser bleiben. Er ist sehr neugierig und gewöhnt sich sogar an Störungen.

Jäckle erzählt von vielen Spaziergängern, die sich in den vergangenen Wochen zum "Biber-Watching" zum Damm aufgemacht haben. "Da hätte sich glatt eine Würstchen-Bude gelohnt", lacht Jäckle. Der Biber ist streng geschützt, und wo er einmal eine Heimat gefunden hat, da bleibt er in den meisten Fällen.

Zusammen mit Lackendorfs Ortsvorsteher Hermann Hirt unternimmt Jäckle einen Abstecher an den Biberdamm in Lackendorf. Zunächst sei die Stimmung in Lackendorf beim Auftauchen des Bibers sehr "widerständig" gewesen, so Hirt, aber Jäckle habe einige Bedenken ausräumen können. Jäckle weiß um die Bedürfnisse des Bibers, kennt dessen Aktionsradius und sieht auch Vorteile für das Gewässer. "Er gestaltet sich seinen eigenen Lebensraum, und das ganz ohne Architekten", beschreibt Jäckle das Biber-Werk. Da ähnle er sogar dem Menschen. Der Biber habe auch Vorteile. Das Pelztier verbessere mit seinen Bauten die Wasserqualität schaffe Schutzräume für Jungfische.

In Lackendorf arbeitet Jäckle mit dem Nabu zusammen. Die gefällten Bäume werden liegengelassen als Nahrungsvorrat, wie man an der großflächig abgeschälten Rinde und den bereits fehlenden Ästen erkennen kann. Im Sommer steigt der Nager auf Grünzeug um. Aber natürlich sind die Bäume auch Baumaterial für Bau und Damm.

Doch zurück zu den Biberproblemen. In enger Abstimmung mit der Wildbiologin Bettina Sättele vom Büro für Biberfragen in Waldshut-Tiengen schlägt Jäckle den betroffenen Landwirten Maßnahmen vor. Das können die erwähnten Bypässe sein oder Drahtmanschetten um die Bäume. Kosten entstehen den Landwirten nicht, es gibt aber auch keine Entschädigung, stellt Jäckle klar.

Wer Probleme mit Bibern bekommt, sollte sich zunächst an das Umweltschutzamt beim Landratsamt oder direkt an Jäckle, Telefon 0176/45 87 33 71, wenden.

Der Locherhofer, das spürt man, mag den Biber, ohne ihn zu verniedlichen. Er sieht sich zwar nicht als Anwalt des Bibers, aber man merkt ihm den Respekt an, den er gegenüber dem Nager hegt. Sein Sachverstand ist gewaltig, und er kann manche Anekdote erzählen.

In Jäckles Augen gibt es einige Flächen, wo der Biber leben kann, ohne die Menschen zu stören. Nötig sei eine Biberkonzeption für den gesamten Landkreis, zeigt sich Jäckle überzeugt. Damit sich Mensch und Nager nicht ins Gehege kommen.