Ersthelfer sollten in erster Linie Ruhe bewahren und die Situation einschätzen. (Symbolfoto) Foto: Platoo Studio - stock.adobe.com

Bei einem schweren Unfall fallen Ersthelfer nicht selten in Schockstarre. Sven Lotze, Ausbildungsleiter beim DRK-Kreisverband Rottweil erklärt, was der größte Fehler von Ersthelfern ist und wie mit einfachen Mitteln viel Hilfe geleistet werden kann.

Ersthelfern ist es laut Sven Lotze, Ausbildungsleiter beim DRK-Kreisverband Rottweil, zu verdanken, dass Menschen zum Teil schwerste Unfälle überleben. Viel falsch machen könne man da nicht – außer einer Sache.

Der häufigste Fehler von Ersthelfern sei ganz klar, gar nicht zu helfen, erklärt Lotze gegenüber unserer Redaktion. „Die meisten wollen zwar Erste-Hilfe leisten, doch wenn sie es dann konkret tun müssen, dominiert die Angst, etwas falsch zu machen.“

Gerade beim Herz-Kreislauf-Stillstand zähle jede Sekunde. Der Gedanke an eine Mund- zu Mund-Beatmung sei für viele eine Barriere, die dazu führe, dass gar nicht geholfen wird.

Dabei sei es als Laie völlig in Ordnung, nur die Herzdruckmassage durchzuführen und auf die Beatmung zu verzichten, so Lotze. „Fest und schnell fünf bis sechs Zentimeter tief in der Mitte des Brustkorbs 100- bis 120-mal pro Minute drücken. Nicht aufhören, bis Hilfe eintrifft“, erläutert der Ausbildungsleiter.

Wenn ein Defibrillator vorhanden ist, sollte dieser sofort eingesetzt werden. Für Laien sei hier besonders wichtig, die Symptome zu erkennen und schnell zu handeln. Ein Kreislaufstillstand liege vor, wenn keine Reaktion auf Ansprache oder Berührung folge und keine Atemgeräusche zu hören und keine Brustkorbbewegungen zu sehen seien.

Weiterbildung wichtig

Das DRK empfiehlt, alle zwei bis drei Jahre einen Erste-Hilfe-Auffrischungs-Kurs zu besuchen. Die eingeübten Maßnahmen geben in Notfallsituationen Sicherheit und Handlungskompetenz, meint der Ausbildungsleiter. Ohne Übung gehe viel Wissen verloren.

Sein Ratschlag bei schweren Fällen? „Erst einmal tief durchatmen. So platt es klingt: Ruhe bewahren ist sehr hilfreich.“ Er rät Ersthelfern, sich zunächst zu vergegenwärtigen, was passiert ist, wo Gefahren bestehen und ob ihnen selbst etwas passieren kann – denn Eigenschutz, so Lotze, sollte immer ganz oben stehen. Bei einem Autounfall gelte deshalb, zuerst die Unfallstelle abzusichern und Verletzte aus der Gefahrenzone des fließenden Verkehrs zu bringen.

Die weiteren Schritte für Ersthelfer seien immer gleich: „Anschauen, Ansprechen, Anfassen – und dann nach den Gegebenheiten entscheiden“, erläutert der Ausbildungsleiter.

Notruf 112 gilt europaweit

Starke Blutungen müssten sofort gestoppt werden, notfalls durch Fingerdruck. Nach Möglichkeit sollten weitere Menschen angesprochen und um Unterstützung gebeten werden. Lotze empfiehlt, stets Einmalhandschuhe anzuziehen und möglichst immer welche in einer Tasche oder einem kleinen Behältnis parat zu haben.

Wer einen Notruf absetzt, soll daran denken, im Anschluss an das Telefonat nicht sofort aufzulegen, sondern auf Rückfragen der Notrufzentrale zu warten. Es sei möglich, dass per Telefon Anweisungen folgen, was als Nächstes zu tun ist. Der Notruf 112 gilt europaweit.

„Schwere Notfälle sind für jeden Ersthelfer ein außergewöhnliches Ereignis im Leben“, räumt Lotze ein. Zumal Ersthelfer keine Ärzte oder Notfallsanitäter seien. Dadurch entstehe fast zwangsläufig eine gewisse Unsicherheit und ein subjektives Gefühl der Überforderung, obwohl rein objektiv die Hilfe des Ersthelfers sehr hilfreich gewesen sei. Die Tage nach einem Notfallereignis als belastend zu erleben, sei deshalb vollkommen normal. Wichtig sei, mit jemandem über das Erlebte zu sprechen, rät Lotze.