Zsuzsa Bánk las in der Dornstetter Zehntscheuer aus ihrem Briefroman "Schlafen werden wir später". Foto: Keck Foto: Schwarzwälder Bote

Literaturtage: Autorin Zsuzsa Bánk liest in der Dornstetter Zehntscheuer vor zahlreichem Publikum

Erstmals in der Geschichte der Literaturtage Nordschwarzwald war die Stadt Dornstetten mit im Boot. Und das gleich mit einem voll besetzten Johann-Jakob-Renner-Saal in der Zehntscheuer. Zu Gast war Bestseller-Autorin Zsuzsa Bánk mit ihrem Briefroman "Schlafen werden wir später".

Dornstetten. Bürgermeister Bernhard Haas hieß Zsuzsa Bánk samt Publikum willkommen und machte zugleich Werbung für die noch verbleibenden Lesungen, verbunden mit seinem Dank an die Sponsoren. Aufmerksam machte er auch darauf, dass die Zehntscheuer als ein Hort für Geschichtliches und Kultur gelte.

Walle Sayer, Ko-Kurator der Literaturtage, skizzierte Zsuzsa Bánks Vita sowie Eckpunkte des Romans und vergaß auch nicht, die Publikationen zu erwähnen, die ihren literarischen Ruhm begründen, beispielsweise "Der Schwimmer" und "Die hellen Tage". Die Autorin stehe für die "Wiederbelebung des Briefromans" aus der Blütezeit des 19. Jahrhunderts.

Ob es sich bei dem fast 700-seitigen Werk tatsächlich um einen Roman im literaturwissenschaftlichen Sinne handelt, ist eine akademische Frage, an der sich die Geister scheiden. Jedenfalls wirkt es wie das Protokoll eines E-Mail-Austauschs von März 2009 bis Juni 2012 zwischen zwei innig verbundenen Freundinnen um die vierzig.

Da sind die verheiratete, mit drei Kindern gesegnete Márta aus Frankfurt und ihr Gegenüber Johanna, eine kinderlose Lehrerin aus Freiburg. Verbunden sind die beiden Frauen miteinander seit früher Kindheit. Beste Freundinnen haben ja (fast) keine Geheimnisse voreinander, und so tauschen Márta und Johanna Freud und Leid unentwegt miteinander zu allen Tages- und Nachtzeiten aus – das moderne Kommunikationsmittel macht es möglich.

Viel ist die Rede von Mártas Mühlenrad aus Kindern, Ehemann und zumeist wenig ertragreicher literarischer Produktion einerseits und Johannas zwiespältigem Verhältnis zu ihrem Beruf. Zusätzlich belastet ist die Freundin aus dem "schwarzen Wald" mit einer Doktorarbeit über Annette von Droste-Hülshoff. Dass Johanna die Novellistin und Lyrikerin gewählt hat, scheint in der geistigen Verwandtschaft mit ihr begründet zu sein. Johanna, eben von einer Krebserkrankung genesen, hat an einer zerbrochenen Beziehung zu einem Mann enorm zu knapsen, und Márta ist mit ihrem Ehegatten Simon oft alles andere als glücklich.

Genug Stoff also für intensiven Austausch mit zumindest heilsamen Ansätzen. Ein typischer Frauenroman demnach? Würden Männer im vergleichbaren Fall vom "liebsten, wunderbaren Freund" sprechen? Von "romantischer Überhöhung der Frauenfreundschaft" (F.A.Z.) spricht die Literaturkritik.

Literarische Zitate als poetische Anreicherung

Zsuzsa Bánk trug aus ihrem Buch rund zwei Dutzend Briefe aus der Zeit zwischen Juli und Oktober 2009 vor. Nahezu andächtig lauschten die Gäste einer Autorin, die mit ihrem Pfund, einer höchst angenehmen Stimme und geschulter Vortragsweise, absolut wuchern kann. Ihre Lesung ließ auch erkennen, dass ein solch voluminöser Text, der auf die gesamte Strecke gerechnet, schon mal recht zäh wirkt, mit Ausdruckskunst eine andere Gewichtung erfahren kann.

Zsuzsa Bánk ist unbestreitbar eine glänzende Formuliererin, die es versteht, in einem Augenblick der Verdrießlichkeit des Alltags ein sprachliches Gesicht zu geben und im anderen kunstvolle Schilderungen zu entfalten. Zu den Stilmerkmalen zählen Wortverbindungen wie "Horváth – Leibnitz – Husten – Fieber – Lebensachterbahn" oder aufgebauschte Konstruktionen wie "zeittotschlägerische Dinge". Durchgehend baut Zsuzsa Bánk darüber hinaus als poetische Anreicherung literarische Zitate in die Briefe ein.

Belohnt für ihren angenehm anregenden Auftritt wurde sie mit viel Beifall. Nach Dank und Geschenkübergabe von Ko-Kurator Sascha Falk an die Autorin machte das Publikum reichlich Gebrauch von der Möglichkeit, Bücher am Stand der Buchhandlung Seeger zu erwerben und von Zsuzsa Bánk signieren zu lassen.

Das Buch: Zsuzsa Bánk: "Schlafen werden wir später", Roman, Fischer-Taschenbuch-Verlag Frankfurt/Main, dritte Auflage 2018, 688 Seiten, 12 Euro.