Josef Müller begeisterte beim Impuls-Gottesdienst in der Dornstetter Martinskirche mit seinem Lebensbericht. Foto: Günther Foto: Schwarzwälder Bote

Impuls-Gottesdienst: Josef Müller spricht in der Martinskirche über sein zweites Leben als Christ

Dornstetten. Er ist ein Mann mit einer schillernden Biografie. In seinem ersten Leben war er Steuerberater der Münchner Schickeria, Honorarkonsul der Republik Panama und Botschafter in Monte Carlo. Infolge seiner Schwarzgeldgeschäfte musste er fünf Jahre in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim absitzen. Schillernd ist auch sein zweites Leben. Denn ob Josef Müller nun in Talkshows oder vor dem Altar in der Dornstetter Martinskirche sitzt und aus seinem Leben nach der Haftentlassung berichtet: Er fesselt mit seiner Lebensgeschichte. Denn während seiner Haft gab es eine radikale Kehrtwende – hin zu einem Leben als bekennender Christ. Wobei für Josef Müller das "Sitzen" eine doppelte Bedeutung hat: Einerseits saß er fünfeinhalb Jahre lang im Gefängnis seine Strafe ab, andererseits sitzt er – bedingt durch einen selbst verursachten Autounfall im Alter von 17 – seit 46 Jahren im Rollstuhl.

 

Im Rahmen eines bewegenden Impuls-Gottesdienstes in der voll besetzten Martinskirche berichtete er temperamentvoll, fesselnd und sichtlich bewegt aus seinem bunten Leben. Vorab hatte der Impuls-Projektchor unter der Leitung von Martin Strähler mit flott vorgetragenen Liedern einige der Hauptaussagen Müllers musikalisch vorweg genommen: "Der Weg ist jetzt frei" oder "du vergibst geduldig" hieß die Botschaft.

Zum Frühstücken mal schnell an den Gardasee

"Ich möchte meine Geschichte, die Gott mit mir schrieb, erzählen", lud Müller die Zuhörer ein. Dabei setzte er seiner Lebensgeschichte das Gleichnis vom verlorenen Sohn gegenüber, der trotz seiner Verfehlungen und seines ausschweifenden Lebens wieder in seinem Vaterhaus aufgenommen wurde.

Müllers Geschichte war nicht weniger ausschweifend: Da bewegte sich der Inhaber mehreren florierender Steuerkanzleien mit über 50 Mitarbeitern immer mehr im Kreis der Reichen und Neureichen, "standesgemäß mit Auto und Chauffeur", wie er berichtete. "Frauen, Drogen, Alkohol und schnelle Autos waren in solchen Society-Kreisen normal", stellte Müller fest. Wenn er selbst am Steuer saß, ging es mal zum Frühstücken an den Gardasee. Und weil sein Rollstuhl in schnittige Sportwagen nicht rein passte, wurde ihm dieser in einem zweiten Auto hinterhergefahren. Samt Feinkostkorb vom besten Delikatessengeschäft Münchens, versteht sich.

Die Auswüchse dieser dekadenten Lebensweise ließen nicht lange auf sich warten. Da tätigte er unter anderem Geldgeschäfte in den USA. Für eine dieser Transaktionen flog Müller alleine zehnmal zu seinen Auftraggebern und kam jeweils mit vier Koffern mit je einer Million Dollar zurück. "Meine Provision war auch nicht schlecht", räumte er ein und gab offen zu: "Ich bin nicht stolz auf mein erstes Leben." Zumal sich die US-Geldgeschäfte als organisierte Geldwäsche entpuppten und er in Deutschland Millionen an der Börse verzockte. Das Resultat dieser Lebensphase: Frau weg ("durch meine eigene Schuld"), "Freunde" weg und er selbst wegen Betrugs in Haft.

Der Gefängnisaufenthalt bedeutete für Josef Müller eine radikale Wendung. In der Gefängnisbibliothek fiel ihm das Neue Testament in die Hände. Er las darin, fand zum Glauben und wurde Christ. Und weil er immer mehr von seinem neuen Glauben wissen wollte, absolvierte er im Gefängnis ein theologisches Fernstudium. Alles zusammen mit für ihn unglaublichen Folgen: "Als ich nach fünfeinhalb Jahren entlassen wurde, war ich ein neuer Mensch. Ich war glücklich und nicht nur äußerlich, sondern vor allem innerlich frei."

Sein Buch wird demnächst verfilmt

Sein neues Leben als Christ sei sinnerfüllt, bekannte Müller, habe er doch endlich statt der Gier nach immer mehr jetzt Freude, innere Freiheit und Zufriedenheit gefunden.

Wie dies aussehen kann, wurde durch seinen Vortrag spürbar. Müller berichtete authentisch und glaubhaft. Seine Taten beschönigte er nicht. Heute lebt er wieder in seiner Heimatstadt München, im Haus seiner verstorbenen Eltern. Zwar ohne finanzielle Polster und Sicherheiten, aber zufrieden und sinnerfüllt.

Über sein Leben hat er ein Buch verfasst: "Ziemlich bester Schurke". Derzeit laufen die Vorbereitungen für einen Kinofilm. Müller betont, dass die Honorare all seiner Veröffentlichungen an seine Gläubiger gehen: "Wiedergutmachung muss sein."

In Anbetracht seiner Erfahrungen warnte er die Zuhörer vor Gier bei Geldanlagen. Vor allem aber – und deshalb saß er vor dem Altar – warb er temperamentvoll für ein Leben in der Nachfolge Jesus. Beim anschließend von den DRK-Ortsvereinen Dornstetten und Klosterreichenbach angebotenen Mittagessen hatten die Besucher Gelegenheit, mit Josef Müller ins Gespräch zu kommen. In den kommenden Wochen ist Müller auch wieder im Fernsehen zu sehen. In der Sendereihe "Kirche im Gespräch" geht es um die Gefahr, im Gefängnis erst richtig kriminell zu werden. Dies muss nicht zwangsläufig so sein. Josef Müller ist das beste Gegenbeispiel.