Das Zimmertheater gastiert in in Dornhan. Foto: Vollmer Foto: Schwarzwälder-Bote

KKF: Rottweiler Zimmertheater gastiert mit "Der Kaufmann von Venedig" bei KKF in Dornhan

Von Hanni Vollmer

Großes Theater unter freiem Himmel ist immer etwas Besonderes. Wenn dann, wie am Samstag auf dem ausverkauften Kirchplatz, der Zauber einer lauen Sommernacht dazu kommt, ist der Szenenort für Spieler und Besucher einfach perfekt.

Dornhan. Das Zimmertheater Rottweil war mit dem Stück "Der Kaufmann von Venedig" bei KKF – Kunst und Kultur im Farrenstall – zu Gast und erhielt vom begeisterten Publikum reichlich Szenenlacher und einen lang anhaltenden Schlussapplaus.

Vor 400 Jahren hat William Shakespeares die Bühne dieser Welt verlassen. Seine Werke und deren Themen sind heute so aktuell wie damals. Wie zu des Dichters Zeiten, da wurde allerdings vor weit über 2000 Zuschauern gespielt, kommt das Stück mit den natürlichen Kulissen vor der Marienkirche aus.

Shakespeare schreibt in diesem politisch dunklen, zwiespältigen Rachethriller über den großherzigen Kaufmann Antonio, einen Christen (sehr melancholisch interpretiert von Bagdasar Khachikyan), der seinem Freund Bassanio (lasziv dargestellt von Niklas Leifert), verliebt in die reiche Portia (Clementina Culzoni), gerne die Brautschau finanzieren möchte, aber gerade kein Bargeld hat.

Er leiht von dem Juden Shylock, einem zinstreibenden Finanzkapitalisten, 3000 Dukaten. Anstatt Zinsen verlangt dieser "ein Pfund Fleisch" aus Antonios Körper, wenn er das Geld nicht fristgerecht erhält. Ein Recht, auf das Shylock zum Schluss bedingungslos besteht.

Streng geht Shakespeare mit dem Thema Ausgrenzung um. Denn bevor Shylock in die Rolle des hartherzigen Wucherers schlüpft, wird er zutiefst gedemütigt.

Das Zimmertheater findet spielerisch die richtige Balance zwischen Abstand und Nähe zur Originalfassung in einem großartigen Zusammenspiel von Schauspiel und Musik.

Bei Shakespeare geben sich beißender und spaßiger Humor die Hand

Bei Shakespeare geben sich beißender und spaßiger Humor die Hand. Staatsmanns Inszenierung gibt der spaßigen Seite den Vorzug. Und noch eines, Shylock, der Jude, ist hier eine Jüdin, hervorragend von Sandra Reineboth gespielt. Zusätzlich drückt Dramaturgin Bettina Schültke mit dem üppig gedeckten Buffet und den edlen Tropfen, den glitzernden Kostümen einen Stempel auf das Venedig des 16. Jahrhunderts als Ort der rauschenden Feste auf dem Wasser oder in teuren Palazzi. Viel Gesang und Reigen (herrlich choreografiert von Clementina Culzoni) bis hin zu überdrehten Balztänzen unterstreichen das Vergnügen in der reichen Handelsstadt und geben dem Stück schwungvolle Höhepunkte. Akkordeonist Dorin Grama Gitarrist Werner Nörenberg sorgten je nach Sequenz unterstreichend oder tonangebend für treffende Klangfarben. In der Lagunenstadt gibt es jedoch auch Dogen und erste Gettos. So ausgeschlossen aus der Welt des Müßiggangs setzt Shylock auf Geschäftigkeit.

Shakespeare kritisierte in dem Stück weniger die Juden, die es in seinem England fast nicht gab, sondern den puritanischen Zeitgeist. Redet Shylock doch von Demut und denkt gleichzeitig an die Vernichtung seines Gegners. Die recht spaßigen Seiten in dem Stück verkörpert Lanzelot Gobbo, der Diener von Shylock, clownenhaft originell gespielt von Niklas Leifert.

Hinzu kommen die vielen Brautwerber um Portia, die reiche Schönheit. Hier werden die Szenen über Musik- und Gesangseinlagen interpretiert, so "Vado con Te", "Vincero" oder beim letzten gescheiterten Bewerber, dem Portia und der kluge Dienerin Nerissa (Isabelle Groß de Garica, sehr gut auch in ihrer weiteren Rolle als Anwältin) zurufen

"Time to say Goodby" – bei der Gerichtsszene hört der musikalische Spaß auf und weicht mit "Money makes the World go around" nüchterner Wahrheit. Danach wird Sherlocks unerbittliche Forderung, der selbst unmenschlich behandelt wurde, mit einem angeblich venezianischem Recht ausgetrickst. Die "blonde Ausländerschlange" führt in die Gegenwart.

Zum Schluss gibt es noch reichlich viele Liebesszenen. Und Sherlock bleibt als blonde Schnepfe die fremde zarte Verliererin – in der Aufführung ist Sandra Reineboth mit ihrer herrlichen Gesangsstimme neben Choreografin Clementina Culzoni jedoch Publikumsliebling.