Gerold und Niparat Schaumann können sich nur per Videoschalte sehen.Foto: Privat Foto: Schwarzwälder Bote

Zusammenleben: Ehepaar Schaumann vor schweren Prüfungen

Ein typischer Schultag in Corona-Zeiten: Der Bildschirm leuchtet, aus dem Mikrofon hört man den Lehrer und über Video sieht man die Klassenkameraden – sofern die Technik des Heimunterrichts reibungslos funktioniert.

Donaueschingen (wur). Ihr Wiedersehen steht in den Sternen. Es dürfte noch Monate dauern, bis Niparat und Gerold Schaumann wieder in Donaueschingen zusammenleben können.

Normale, glückliche Monate folgten nach der Hochzeit im Februar in Thailand. Die Ehefrau reiste mit einem Schengen-Visum ein, nach zweimaliger Verlängerung stand Ende September die Ausreisepflicht an. Das für einen dauerhaften Aufenthalt nötige A1-Sprachzertifikat konnte die 47-Jährige nicht nachweisen. Sprachschulen hatten während des ersten Lockdowns geschlossen.

Um eine Zwangseinweisung und ein dauerhaftes Einreiseverbot zu vermeiden, flog die Thailänderin am 30. September mit einer Regierungsmaschine nach Bangkok, unterzog sich dort einer 14-tägigen Quarantäne und lernte im Anschluss an einer Privatschule in ihrer Heimatstadt Phuket Deutsch. Am Jahresende hatte sie alle Module des Kurses "A1: Start Deutsch 1" absolviert, jetzt steht die Prüfung an. Diese kann nur am Goethe-Institut in Bangkok abgelegt werden. Die Kultureinrichtung ist bis Ende des Monats geschlossen. Darf das Institut wieder öffnen, sind erste Prüfungstermine laut Homepage für den 1. Februar angekündigt.

Gerold Schaumann findet, seine Frau wäre fit für die Prüfung. "Die Musterprüfungen hat sie geschafft, die echten Kriterien kennen wir natürlich nicht." Der 49-Jährige hat sich ebenfalls die Unterrichtsmaterialien besorgt und lernt mit seiner Frau regelmäßig auf einer Lernplattform. Wegen der Zeitverschiebung um sechs Stunden ist das sehr belastend. Wenn Schaumann von der Arbeit nach Hause kommt, rückt in Thailand die Uhr auf Mitternacht zu.

Erst mit dem Prüfungszertifikat dürfen die Schaumanns in der deutschen Botschaft den Antrag auf Familienzusammenführung stellen. Mutmaßlich folgt eine Geduldsprobe. Schaumann ist im Austausch mit Ehepaaren mit demselben Problem. Allein der überaus teure Regierungsflug am 30. September habe 43 deutsch-thailändische Paare auseinander gerissen. Auch im Landkreis warten Paare auf die Familienzusammenführung. In einem konkreten Fall schon seit neun Monaten.

Die Schaumanns hoffen auf einen kürzeren Zeitraum. Nicht noch einmal möchten sie einen Festtag per Videoschalte feiern. Auch wenn das Paar an Neujahr wegen der Zeitverschiebung zweimal anstoßen konnte, überwiegt die Enttäuschung. Die Schuldigen für diesen steinigen Weg sieht Schaumann in Berlin und Stuttgart, aber nicht im Landkreis und in der Stadt. "Die müssen das leider umsetzen."

Die anfängliche Anteilnahme am Schicksal des Paares hat sich gedreht. Er bekomme inzwischen auch Hassmails, bedauert der Facharbeiter. Die könne man löschen, gleichwohl wünscht sich das Paar eine Teilhabe an den Zusammenhalt-Parolen politischer Entscheidungsträger. Erster Schritt wäre aber das Zusammenfinden.

Donaueschingen. "Der Heimunterricht am Fürstenberg-Gymnasium funktioniert reibungsloser und organisierter als im ersten Lockdown", sagt Schülerin Dilara Kemmerling. Die Lehrer seien flexibler und geübter im Umgang mit den Endgeräten geworden. Laut der 17-Jährigen liegt der Fokus vermehrt auf den Leistungsfächern, mit Hinblick auf die schriftlichen Abiturprüfungen. Auch die Informationsweitergabe von Schule und Land sei sehr transparent und zügig. "Ich finde es auch gut, dass die Abiturienten die Klausuren in Präsenz schreiben dürfen." Die Planung der Klausuren gestalte sich zwar schwierig, doch die Schulleitung hole das Beste für die Schüler raus, so die Abiturientin. "Deshalb habe ich auch keine Ängste vor dem Abitur."

"Mit der Corona-Thematik wird am Technischen Gymnasium gut umgegangen", sagt Fabrice Waldraff, selbst Schüler am Technischen Gymnasium. Auch die Durchführung des Heimunterrichts sei sehr fortschrittlich. "Wir kommen mit dem Stoff der zwölften Klasse gut voran." Doch die Lehrer könnten auch aufgrund technischer Barrieren weniger gut auf die Schüler eingehen, deshalb müsse man viel in Eigeninitiative selbst erarbeiten, sagt der 18-Jährige. "Mir fehlt auch die Interaktion mit den Mitschülern." Zudem habe die staatliche Lernplattform Moodle häufig mit technischen Problem zu kämpfen, insofern sei es schade, dass man aus Datenschutz-Gründen keine alternativen Server nutzen könne.

Der virtuelle Unterricht sei ungewohnt, doch er funktioniere relativ gut, sagt Leonie Baisch. "Zwar gibt es kleine Probleme wegen der Internet-Verbindung, doch diese sind leicht zu beheben", sagt die Schülerin der Eichendorffschule Donaueschingen. In ihrer zehten Klasse gebe es in prüfungsrelevanten Fächern Videokonferenzen. "Ich vermisse meine Klassenkameraden, aber wir müssen mit der Corona-Situation klarkommen." Trotzdem wünsche sie sich den Päsenzunterricht zurück, sagt die 17-Jährige: "Hoffentlich wird alles bald wieder, wie es war."

"Der Heimunterricht gestaltet sich sehr schwierig", sagt Dominik Wolf. Denn die Schulserver der Realschule Donaueschingen seien oftmals überlastet, auch sei die Kommunikation zwischen Schülern und Lehrern herausfordernd, sagt der Neuntklässler. Das virtuelle Lernen sei mühsam, da man zudem die Lehrer kaum hören könne. "Ich kritisiere daher, dass wir nicht auf alternative Server umsteigen." Der 14-Jährige hofft auf Klausuren in Präsenz.

"Die Betreuung der jüngeren Klassen am Fürstenberg-Gymnasium ist grundsätzlich gut umgesetzt", sagt Vater Thorsten Schäfer. Zwar fehlen seinem Sohn während des Heimunterrichts die sozialen Kontakte, doch der Sechstklässler habe Verständnis, dass die Corona-Situation dies nicht zulasse. Laut Schäfer treibt der Heimunterricht auch die Digitalisierung voran: "Mein Sohn kann die Technik problemlos bedienen." Zudem sei die Durchführung des Hausunterrichts ein Lernprozess, doch das Fürstenberg-Gymnasium gebe sich Mühe, sagt Schäfer. "Der Heimunterricht stört unseren Alltag nicht", er zeige sich eher positiv in den familiären Abläufen, erklärt der Vater von zwei Kindern.

"Die Schüler brauchen eigenverantwortliche Beschäftigungen und dürfen nicht in einen gelebten Ferienmodus verfallen", sagt Gordana Hoffmann, Mutter zweier Kinder. Doch der Heimunterricht sei durch Arbeit sowie die Rolle des Lehrer-Ersatzes eine Doppelbelastung und dadurch mit zeitlichem Mehraufwand für die Eltern verbunden, sagen sie und ihr Mann Thorsten. Leider sei der virtuelle Unterricht zudem methodisch und didaktisch oftmals kaum haltbar: "Häufig ist es purer Aktionismus der Lehrer." Auch greife die Terminierung der Videokonferenzen in die Steuerung des familiären Alltags ein, so Hoffmann.

Vonseiten der Schule seien sie beim Lernen oftmals auf sich allein gestellt und benötigten deshalb die Unterstützung der Eltern, sagen die neun- und elfjährigen Brüder Julian und Philipp Hoffmann. Auch vermissen sie ihre Klassenkameraden der Erich-Kästner-Grundschule sowie des Fürstenberg-Gymnasiums.

Das Coronavirus fordert das Bildungssystem heraus, denn die Schüler müssen selbstständig Unterrichtsmaterialen in einer ungewohnten Atmosphäre bearbeiten. Oftmals sei die Unterstützung der Eltern gefragt, so die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Sie empfiehlt klare Strukturen, Gliederungen und einen geregelten Tagesablauf beim Lernen, welcher sich dem Biorhythmus der Kinder angleicht. Auch solle man einen festen Arbeitsplatz wählen. Laut Gewerkschaft ist es wichtig, die Kinder nicht zu überfordern und die emotionale Belastung durch die Situation zu berücksichtigen. Auch deshalb spiele der Kontakt zu den Gleichaltrigen eine wichtige Rolle. Zudem solle man viel Raum für kreative Gestaltung der Lernprozesse schaffen, um ein wenig Abstand zum Alltag gewinnen zu können.