Unkomplizierte Geburt, prächtige Entwicklung: Otmar Jäckle hat das Donaueschinger Pferdespektakel mitbegründet

Von Steffen Maier

Donaueschingen/VS-Schwenningen. Wer Otmar Jäckle zuhause in Schwenningen besucht, der ist immer und überall umgeben von Pferden. Die Wände im Treppenhaus – voller Bilder mit Reitszenen. Im Wohnzimmer: Pferdegemälde. Das Glas mit der Apfelschorle drin: Pferde drauf. Otmar Jäckle ohne die edlen Vierbeiner? Undenkbar. Genau so wie das Donaueschinger Reitturnier, das heute in einer Woche in seine heiße Phase geht, ohne Otmar Jäckle undenkbar wäre.

Der heute 84 Jahre alte Schwenninger ist der letzte noch lebende Vertreter der Gruppe, die Anfang der 50er-Jahre das Reitturnier an der Donauquelle aus der Taufe hoben. Aus einer Bierlaune am Stammtisch heraus wurde etwas Großes.

Zusammen mit Otmar Jäckle saßen damals im Gasthaus Schützen der damalige Erbprinz Joachim zu Fürstenberg, der damalige Donaueschinger Bürgermeister Robert Schremmp, Franz Mechlem und Schützen-Wirt Ernst-Wilhelm "Ebeb" Buri. Mechlem war damals der Pächter der Reithalle Schwenningen, auch Otmar Jäckle war dort beim Reitverein der Neckarstadt seit frühester Kindheit Mitglied.

Die Jungs waren eben gemeinsam ausgeritten, nun brauchten sie ein kühles Bier. Und dabei, so erinnert sich Otmar Jäckle, habe Franz Mechlem den Erbprinzen und späteren Fürsten gefragt: "Joachim, wir haben eine Idee, du hast das Gelände und das Geld. Lass’ uns ein Turnier machen. Kriegen wir das zusammen hin?" Spontan habe Joachim zu Fürstenberg "ja" gesagt. So unkompliziert war das Donaueschinger Reitturnier geboren.

Die erste Auflage im Jahr 1954 fiel im Vergleich zu heute denkbar bescheiden aus. Geritten wurde auf der der Brigach näher liegenden Koppel an der Fürstenbergstraße. An zwei Tagen im Spätsommer gab es Wettbewerbe im Springen und in der Dressur. In erster Linie gedacht war es für die regionalen Reiter, ausgeschrieben wurde es als sogenanntes Grenzlandturnier, so dass auch Pferdesportler aus der Schweiz teilnehmen konnten.

Otmar Jäckle war von Beginn an dabei – nicht nur als Mitbegründer, sondern auch als Sportler. Bis 1960 saß der Schwenninger im Sattel, sammelte sportliche Erfolge. Mit seinem Top-Pferd "Inka" schaffte er in der L-Dressur 1959 den zweiten Platz hinter einer Teilnehmerin aus der Schweiz, die im Jahr darauf an den Olympischen Spielen teilnahm.

Daneben war Jäckle von Beginn an der Technische Leiter des Donaueschinger Turniers, er entwarf die Pläne für die ersten Hindernisse der Springreiter, die dann im Fürstlich-Fürstenbergischen Holzbetrieb in Hüfingen gezimmert wurden. Vor dem ersten Turnier habe er so viele Hindernis-Pläne entworfen, dass die Handwerker in Hüfingen schon fast genervt waren. Praktisch jeden Tag brachte Jäckle neue Entwürfe vorbei. Den Richterturm aus Holz lieh er vom ADAC.

Aus den kleinen Anfängen heraus wuchs das Donaueschinger Reitturnier immer mehr. Der Geländeritt kam dazu, die Spring-Prüfungen wurden immer schwerer, so dass Donaueschingen zunehmend auch für internationale Sportler interessant wurde. Dass es aber einmal eine so große Ausstrahlungskraft wie heute entwickeln würde, daran habe zu Beginn keiner gedacht, so Jäckle.

Von Beginn an bis heute gilt: Ohne die vielen Helfer wäre das Reitturnier nicht zu stemmen. Auch Otmar Jäckle hat eigentlich immer mitgeholfen. Bis vor zwei Jahren, bis zum Alter von 82 Jahren, verrichtete er Arbeitsdienste, ackerte mit dem Traktor auf dem Gelände, fuhr den Kranwagen und baute die Hindernisse fürs Springen mit auf – für ihn eine selbstverständliche Sache: "Mein Herz hängt an diesem Turnier." Und am Reiten: Ebenfalls bis vor zwei Jahren saß Otmar Jäckle regelmäßig im Sattel – mit der gleichen Freude, die ihn nach dem ersten Ritt im Alter von neun Jahren erfasst hatte.

Und auch wenn er heute nicht mehr selbst reitet, auch wenn er nach einer Knie-Operation beim Turnierauf- und abbau nicht mehr mithelfen kann – zum Turnier kommt Otmar Jäckle natürlich trotzdem. Als Zuschauer eben – aber mit einem besonderen Ticket, einem Ticket, das man nicht kaufen kann, sondern das man sich verdienen muss. Ehrenkarte, wem Ehrenkarte gebührt.