Am Ufer des heutigen Donauzusammenflusses: Rund 50 Donaueschinger sind zum Informationstermin des Regierungspräsidiums gekommen. Das hat noch eine zweite Bürgerbeteiligungsveranstaltung angekündigt. Foto: Niederberger Foto: Schwarzwälder Bote

Planungen: Die Zukunft des Donauzusammenflusses / Hier soll bald wieder der Eisvogel jagen

Die Stadt Donaueschingen hat in der jüngeren Vergangenheit sehr viel unternommen, sich fein zu machen für ihre Einwohner und Touristen.

Donauschingen (hon). Die aufwendig sanierte Donauquelle ist ein Hingucker geworden und der neu gestaltete Residenzbereich zwischen Stadtkirche und Schützenbrücke strahlt urbanes Flair aus.

Da mögen sich auf den Rollator angewiesene Menschen und High-Heels-Trägerinnen über das Kopfsteinpflaster aufregen, optisch gelungen ist die Modernisierung des Stadtbilds auf alle Fälle. Stadtplaner sprechen davon, dass die "Verweilqualität" jetzt deutlich besser ist als in den Vorsanierungs-Zeiten.

Mit dem vierspurigen Ausbau der B 27 hat sich der Stadt eine neue Chance aufgetan, an ihrem ökologischen Image zu feilen: Der Donauzusammenfluss, heute noch lärmvermüllt und optisch langweilig, wird rund 300 Meter nach Westen verlegt, also dorthin, wo jetzt das Kreistierheim steht und die Hundesportfreunde ihr Domizil haben. Brigach und Breg dürfen ihr in großen Bereichen kanalartiges Bett verlassen und sollen wieder so mäandern wie in früheren Jahrhunderten. Ein artenreicher Auwald soll zwischen Abreiteplatz und der B 27 entstehen – eine schöne neue Welt für Menschen, Tiere und Pflanzen.

Bürgermeister ist Fan

Rund 50 Donaueschinger wollten bei einer Informationsveranstaltung des Regierungspräsidiums wissen, wie die Detailplanungen aussehen und ließen sich auch von Temperaturen um die null Grad nicht abschrecken. Bürgermeister Bernhard Kaiser outete sich als Fan dieses Projekts, dessen Dimensionen und dessen Qualität er zunächst auch nicht glauben konnte. Sein Dank ging an die Hundesportfreunde, die ohne groß zu murren ihren wunderschönen Übungsplatz und ihr Vereinsheim räumen. Der Abriss und Neubau des Kreistierheims sei sowieso dringend notwendig gewesen. Zum Wohl der (Haus-)Tiere.

Zum Wohl der (Wild-)Tiere werden Brigach und Breg renaturiert. Norbert Menz von Menz-Umweltplanung in Tübingen ist für die ökologische Baubegleitung zuständig. Er stellte beim Vor-Ort-Termin beiden Gewässern ein schlechtes Zeugnis aus. Er nannte sie einförmig, an Fische, Insekten und Vögel habe man bei der Begradigung nicht gedacht. Jetzt sollen Brigach und Breg den Raum zurückerhalten, um sich eigendynamisch weiterentwickeln zu können, sagt Marlene Reichegger, Projektleiterin im Regierungspräsidium.

Das heißt: Die Flüsse bekommen unterschiedliche Breiten und unterschiedliche Tiefen, damit Fische auch bei Niedrigwasser Rückzugmöglichkeiten haben. Dann lagern sich wieder Sedimente ab, die Fische zum Laichen benötigen. Auch die Ufervegetation wird sich so verändern, dass sie zum Rückzugsraum von jungen Fischen und Lebensraum für Vögel und Insekten wird. Menz spricht sogar von Steilufern, die der Flussregenpfeifer zum Bruthöhlenbau brauche. Auch der Eisvogel könnte sich wieder ansiedeln.

Was passiert mit den Fischen während der Phase?

Brigach und Breg werden abschnittsweise renaturiert. Bevor mit schwerem Gerät an die Arbeit gegangen wird, wird abgefischt. Ist die Baumaßnahme rasch erledigt, kommen die Fische in Behälter, dauert‘s länger, werden sie an einer anderen Stelle in Brigach und Breg ausgesetzt. "Wir werden aber nicht jeden Fisch retten können", sagt Christian Seng, Diplom-Landespfleger und Garten- und Landschaftsarchitekt , der das Regierungspräsidium berät.

Wie geht es mit der Wasserkraftanlage weiter?

Die werde vom Fürstenhaus still gelegt, weiß Michael Koch, Leiter des Amts für Wasser- und Bodenschutz beim Landratsamt. Grund: Die Fallhöhe und die Wassermenge werde nicht mehr ausreichen, um die Anlage wirtschaftlich betreiben zu können. Als Denkmal bliebe das Gebäude aber erhalten.

Weshalb hat die Strömung eines Flusses eine so große Bedeutung für Fische?

Die Strömung eines Flusses bringt Fischen viele Vorteile. Neben dem lebensnotwendigen Sauerstoff versorgt sie die Flossenträger auch mit Nahrung. Je nach Untergrund lagert sich diese an verschiedenen Stellen ab, meist an solchen, wo die Strömung in irgend einer Art und Weise gebrochen wird. Die Strömung hat für die Fische aber auch Nachteile. So brauchen sie in der Strömung mehr Energie, um sich dort zu halten. Deshalb sind Stömungsschatten als Erholungsbereiche für Fische ganz wichtig. In Brigach und Breg sollen sich die verschiedensten Fische wohl fühlen – von der kleinen Groppe bis zur großen Äsche.

Steigt nach dem Umbau die Hochwassergefahr?

Nein. Das versicherte Projektleiterin Marlene Reichegger: "Was heute hochwassersicher ist, wird auch hochwassersicher bleiben." Bei der Hochwasserfrage habe man zudem ein zweites Planungsbüro hinzugezogen.

Wie sieht der Zeitplan aus?

Zunächst einmal stehen dieses Frühjahr weitere Untersuchungen der Fauna an. Leben in Brigach und Breg womöglich geschützte Muschelarten? Oder sind die vielen, zum Teil sehr alten Bäume im Planungsgebiet Heimat von seltenen Insekten oder gar des durch Stuttgart 21 bekannt gewordenen Juchtenkäfers? Und welche Vögel nisten in den Bäumen? Apropos Bäume: Zwei bis drei Bäume müssen gefällt werden, um bei der Allee an der Kleingartenanlage der Breg einen Durchbruch zu verschaffen. Spätestens 2020 sollte die Renaturierung des Donauzusammenflusses abgeschlossen sein.